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Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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21. Jahrhundert hinzu. Dann aß er eine altösterreichische Topfentasche und trank ein halbes Glas Weißwein.
    Gegen Mittag war ich erschöpft. »Kannst du noch fahren?«, fragte ich Droch vorsichtig.
    »Ich bin’s gewohnt. Ich war zwar schon lange nicht mehr mit auf einer solchen Tour, aber ich kenne das. Und ich kann sitzen.«
    Für Vogl war es Routine. Er stieg in das Auto, er stieg aus dem Auto. Er lächelte, schüttelte Hände, nahm Geschenke entgegen, hielt kurze Reden, überflog im Auto Notizen für den nächsten Stopp. Es war nicht wichtig, wo er war. Es war wichtig, dass er da war. Vogl mochte diese Touren sichtlich. Ausdauer war gefordert. Er war fit und zeigte es gerne.
    Am Hauptplatz eines fast verlassenen Provinzdorfes in der Obersteiermark gab es einen kleinen Zwischenfall. Als Vogl gegen den Wind in ein schlecht eingestelltes Mikrofon über Regionalförderung, die Chancen der Europäischen Union und den Wert der Familie sprach, torkelte ein Mann über den betonierten Platz. »Alles a Schas! Alles a Schas!«, schrie er. Die Sicherheitsbeamten nahmen Vogl in die Mitte, und zwei örtliche Gendarmen führten den Störenfried ab.
    Ich schlief, während Droch dem Konvoi zur nächsten Etappe folgte.
    Station elf, Südsteiermark, später Nachmittag. Eine Landschaft, wie ich sie nur aus der Toskana kannte. Zwar kleinräumiger, aber mit spektakuläreren Hügeln. Wildes Auf und Ab, einzelne Pappeln, erstes Herbstlaub und viel Wein. Ich mag südsteirischen Wein. Ich lebte wieder auf, als der Tross vor einem jahrhundertealten Bauernhaus hielt. Geschäftstüchtige Weinbauern, die längst im neuen und viel größeren Haus dahinter wohnten, hatten zum Umtrunk eingeladen. Nur geladene Gäste. Die politische Prominenz der Steiermark, ein paar lokale Künstler, ein paar bekannte Weinbauern. Mit einer telegenen Geste zog Vogl sein Sakko aus und ließ sich auf eine Holzbank fallen. Die Wirtin selbst – in originaler Tracht – brachte eine Brettljause: Schinken und Würste auf einem rustikalen Holzbrett. Weine wurden kredenzt. Ich nahm mir von beidem.
    Da fuhr ein Auto in den Hof. Der Chauffeur hielt die Türe auf, und ein Mann in einem dunklen Anzug stieg aus. Er erregte Aufmerksamkeit. Ich ging zu Droch hinüber, der gerade beim Sohn des Weinbauern einige Kisten Wein zum Mitnehmen bestellen wollte. Er drehte sich um. »Das ist Hofer. Er hat selbst antreten wollen. Aber dann hat seine Partei auf eine Kandidatur verzichtet. Gegengeschäfte mit den Sozialdemokraten. Hofer hat das nicht verkraftet und sich von der Politik verabschiedet.« Ich nickte. So viel hatte sogar ich mitbekommen. Hofer war Innenminister gewesen, ein langgedienter Konservativer, und alle hatten geglaubt, dass er antreten würde. Und dann war nichts daraus geworden. Und jetzt stand Hofer da.
    Für einen Moment wurde es still, dann ging das Geschwätz hektisch weiter. Nur die Fernsehleute und die Fotografen griffen eilig zu den Kameras und stürzten zu Hofer. Das konnte lustige Bilder geben. Es war klar: Dieses Zusammentreffen war nicht geplant. Hofer setzte ein Lächeln auf und ging direkt auf Vogl zu. Vor ihm die Kameraleute und Fotografen. Bei Vogl sah es kurz so aus, als wolle er sich verstecken. Seine Sicherheitsleute waren ihm näher gerückt. Orsolics hatte sich von seinem Platz erhoben. Sein Mund stand leicht offen. Er schien nicht glauben zu wollen, was er sah.
    »Herzlich willkommen in meiner Heimat«, sagte Hofer und streckte Vogl die Hand hin. Die Anspannung ließ mit einem Mal nach.
    »Ihre Heimat?«, fragte Vogl. »Ich wusste nicht, dass …«
    »Ein Dorf weiter bin ich aufgewachsen. Und dorthin habe ich mich jetzt zurückgezogen. Und ich dachte mir, dass ich einem so prominenten Besuch gerne als einfacher Dorfbewohner meine Aufwartung machen möchte.« Es klang wie eingelernt.
    Vogl war noch immer auf der Hut. Er war aufgestanden, lächelte und sagte: »Das freut mich aber, das freut mich aber. Sind wir nicht alle Dorfbewohner? Oder Stadtbewohner?«
    »Alles gleich«, sagte Hofer, und sein Gesichtsausdruck nahm einen härterer Zug an.
    »Er ruiniert Vogl seinen besten Auftritt«, raunte Droch mir zu.
    »Volltreffer.«
    »Er wirkt irgendwie verrückt«, meinte ich flüsternd.
    »Setzen Sie sich doch«, sagte Vogl und deutete auf den Platz neben sich.
    Hofer schüttelte den Kopf. »Ich werde Sie nicht stören, ich wünsche Ihnen viel Kraft. Und die brauchen Sie, mit zwei Toten im Gepäck. Viel Kraft, Herr Exkollege. Der Dorfbewohner

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