Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi
sei alles in Ordnung. Oder? Wer war da ignorant?
Ich hackte die Beschreibung des Benefizfußballspieles mit einer Bösartigkeit herunter, die dem Anlass trotz allem nicht entsprach. Mit dem Mann der Bündnissprecherin musste ich heute auch noch reden. Ich würde es kurz machen.
Diese ganze Schreiberei war Mist. Vielleicht wäre es besser, nach New York zurückzugehen und dort ein PR-Büro aufzumachen. Sie standen auf europäischen Charme. Ich würde schon auf die Füße fallen, ich war bis jetzt immer auf die Füße gefallen. Gismo konnte ich mitnehmen. Einfach weg. Was hielt mich hier? Nicht einmal ein fixer Job.
Dafür aber eine neue Aufgabe. Es nahm überhand, dass ich zum Chefredakteur bestellt wurde. Wie immer lag er in seinem Chefsessel. »Sie haben in letzter Zeit eine Menge Glück«, sagte er zur Begrüßung. Das verhieß nichts Gutes.
»Die Story über die Partner der Wahlkampfmacher liefern Sie noch heute. Ab morgen sind Sie auf Tour. Mit dem Meister persönlich. Er scheint einen Narren an Ihnen gefressen zu haben. Zwei Tage Begleitung des Wahlkampftrosses. Droch hat seinen politischen Redakteur abziehen müssen. Wegen des Fleischskandals, Sie wissen schon.«
Ich wusste nichts. Ich wusste bloß, dass Droch ein Spiel spielte, von dem ich nichts wusste.
»Huber muss diesem Fleischskandal nachgehen. In solchen Sachen ist er der Beste. Die Regierung scheint Hormonfleischimporte gedeckt zu haben, ein Verwandter des Landwirtschaftsministers hängt mit drinnen und angeblich auch unser Botschafter in China.« Er stutzte. »Obwohl ich nicht weiß … noch nicht weiß …«
»Es gibt andere Politikredakteure«, erwiderte ich.
Der Chefredakteur grinste. »Wie gesagt, er hat einen Narren an Ihnen gefressen. Zweiter oder dritter Frühling oder so.«
Ich bekam eine Riesenwut. Klar, warum sollte man mich sonst einsetzen wollen? »Weil Frauen ja nur für das eine gut sind«, fuhr ich den Chefredakteur an. Er sah mich fassungslos an.
»Das war ein Scherz«, murmelte er. »Allerdings …«
Weg, nichts wie weg. New York, Australien, von mir aus auch China.
»Droch holt Sie morgen ab. Es ist eine Chance, Mira. Schauen Sie nicht so finster drein.«
»Nein«, erwiderte ich.
Am nächsten Tag holte mich Droch um sieben Uhr in der Früh von zu Hause ab. Ich stieg ein und knurrte: »Morgen.« Droch sagte reichlich spöttisch: »Guten Morgen, Kollegin.« Dann wurde nichts mehr gesprochen, bis wir bei Vogls Wahlkampfzentrale ankamen. Der Wagen unseres Fotografen stand schon dort. »Bitte geh hinauf und sag, dass wir bereit sind.« Ich stieg wortlos aus und verschwand.
»Okay«, sagte ich bloß, als ich zurückkehrte und mich neben Droch setzte.
»Was okay?«
»Sie kommen gleich.«
Wir sahen beide geradeaus.
»Wenn ich nicht ein derartiges Minus am Konto hätte …«, sagte ich und brach ab.
»Warum, ist mir egal.«
»Klar, Hauptsache, es wird angeschafft.«
»Glaubst du wirklich, ich riskiere, dass sie dich noch einmal zusammenschlagen oder mehr?«, erwiderte Droch.
»Und da kehrt man dann den Chef heraus. Egal, was sie will, es wird für sie gesorgt. Danke.«
»So ist es.«
Vogl trat aus dem Haus, strahlend wie der junge Morgen. Unser Fotograf schoss ein paar Bilder. Vogl, Orsolics, der Pressesprecher, der Adjutant und sechs junge Leute mit Vogl-T-Shirt – drei weiblich, drei männlich. Drei Sicherheitsbeamte waren ebenfalls zur Stelle. Vogl, Orsolics und der Pressesprecher stiegen in einen dicken grauen BMW, die Sicherheitsbeamten in einen kleineren. Der Rest der Mannschaft nahm in einem Van mit großem Vogl-Logo Platz. Die Chauffeure warteten schon. Später würden weitere Journalistenpartien dazustoßen. Aber wir waren die einzigen, die von Anfang an dabei waren. Ich vermutete dahinter einen Bosheitsakt von Droch.
Die Fahrt durch Wien verlief zivilisiert. Man hielt sich beinahe an die Geschwindigkeitsbegrenzung – hätte man sich exakt daran gehalten, hätte das bloß den Unmut der Wiener Autofahrer herausgefordert. Der Frühverkehr war stark, es dauerte eine halbe Stunde, bis wir auf der Südautobahn waren. Ich hatte den Tagesplan bei mir. Elf verschiedene Stationen, dann noch ein Vortrag mit anschließendem Empfang in Graz. Dort würden wir auch übernachten. Und am nächsten Tag weiter nach Kärnten und nach Osttirol, und in der Nacht wieder zurück nach Wien.
Droch musste sich konzentrieren, um im Konvoi zu bleiben. Ich war froh, dass ich nicht selbst fahren musste. Mit meinem Auto wäre ich bald
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