Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi
Worte vernehmen. Es ging um Geld und um Schmidt. Verdammt, wenn ich sie bloß verstehen könnte. »Vogl hat …«, sagte der eine. Vogl hat was? Was hat Vogl? Ich musste mich näher heranschleichen. In diesem Moment erklang ein ohrenbetäubendes Geräusch. Ich zuckte zusammen. Mein Handy. Verdammt. Ich langte in meine Tasche, fand den Knopf und rannte nach unten. Besser, sie hatten ein nicht identifizierbares Geräusch gehört, als eine hinlänglich bekannte Person gesehen. Hinaus, über die Straße, in die finstere Einfahrt.
»Ja?«, meldete ich mich keuchend.
»Thomas?«
»Verdammt, da ist kein Thomas.«
»Ist da …« Er sagte eine Handynummer auf. Es war fast meine. Fast. Bis auf eine Vier statt einer Fünf. Ich schaltete das Handy aus und hastete wieder über die Straße. Der Hintereingang war zu. Verdammt. Zurück in die Einfahrt. Vesna. Vesna und die beiden Männer. Was, wenn sie das Handy gehört hatten? Ich starrte nach oben. Noch immer Licht in dem einen Zimmer, es musste das von Orsolics sein. Die Putztruppe war nur mehr drei Zimmer von Orsolics entfernt. Dann ging das Licht aus und zwei Zimmer von seinem entfernt wieder an. Vesna blieb nicht mehr viel Zeit. Die beiden Männer am Gang würden bald merken, dass da eine Putzfrau auf Sondertour war.
Ich hielt das Warten kaum mehr aus. Vesna oben, ich allein in der Einfahrt. Und noch war nicht klar, ob nicht alles eine Falle war. Hysterisch oder nicht – jetzt hätte ich gerne Vesnas Messer gehabt. Aber was war ein Küchenmesser gegen eine Pistole? Oder gegen … Ich beschwor mich, ruhig zu bleiben. Ich atmete tief durch. Plötzlich laute Stimmen, Schüsse. Dumpfe Schüsse wie aus einem Keller. Ich presste mich gegen die kühle Mauer und hielt den Atem an. Ich brauchte einige Zeit, bis ich es begriff: Ein paar Häuser weiter war ein Kino. Ich war schon öfters dort gewesen, meist spielten sie alte Filme. Der Filmvorführer hatte eine Tür geöffnet, um frische Luft hereinzulassen. Ich hatte also die Geräusche eines Films gehört.
Ich bemerkte Droch erst, als er nur noch wenige Meter von mir entfernt war.
»Was ist los?«, fragte er. Ich erzählte, was ich wusste. Keine Antwort. Gemeinsam starrten wir nach oben. Ein Kinoheld sagte gerade: »Wenn du nicht redest, mache ich dich kalt, Baby.« Dann knallte wieder ein Schuss. Ein Kinoschuss? Ein Kinoschuss.
Die Türe des Hintereingangs bewegte sich. Vesna. Sie schien etwas am Schloss zu manipulieren. Man hatte sie nicht gefasst. Mutige Vesna. Sie drückte sich zu uns in die Einfahrt, nickte Droch zu und erzählte:
»Zwei Männer: der Mann mit den lauten Schuhen und einer mit Namen Orsolics. Am Schreibtisch waren Papiere, wahrscheinlich Reden. Sonst nichts. Neben dem Schreibtisch steht ein Koffer. Der Koffer von dem Mann mit den lauten Schuhen. Dunkelrot, Leder. Nummernschlösser. Der Koffer ist nicht versperrt.« Vesna legte eine Kunstpause ein.
»Und?«, fragte Droch ungeduldig. »Was war drin?«
»Geld. Voll mit Tausendschillingscheinen. Habe nachgesehen. Ganz voll.«
Ich sog die Luft ein. Geld für einen Killer? Vielleicht war der Mann mit den genagelten Schuhen mit einem leeren Koffer gekommen und sollte mit einem vollen wieder gehen.
Vesna redete weiter. »Ich nehme einen Kugelschreiber vom Schreibtisch und mache auf fünf Tausendern ein Kreuz, und ich nehme einen mit. Dann ich schließe den Koffer, wische alles sauber. Plötzlich geht die Türe auf. Die beiden Männer kommen. Mein Herz. Und: Der Kugelschreiber war nicht abgewischt. Also wische ich ihn ab und rede dumm. Alle halten Putzfrau für blöd. Großes Glück.«
»Wir gehen nach oben«, flüsterte ich. »Ich habe eine Kamera mit. Das ist der Beweis. Wir brauchen einen Beweis.«
»Willst du dich auch als Putzfrau verkleiden?«, zischte Droch.
»Uns wird schon etwas einfallen. Allein ist es zu gefährlich. Zu zweit haben wir mehr Chancen.«
»Sie können die Polizei holen.«
»Und was ist mit dem Geld?«
»Die Polizei macht keine Hausdurchsuchung, sondern nimmt euch wegen Einbruchs fest.«
»Die Türe ist offen«, sagte Vesna.
»Ihr seid verrückt«, fauchte Droch.
»Sollen wir etwa nichts tun? Denk an die Story. Sie können es sich gar nicht leisten, mit dem Geldkoffer die Polizei zu rufen. Vesna wird sich noch einmal hineinschleichen und Fotos machen. Ich warte in einem finsteren Nebenzimmer. Wenn es Probleme gibt, greife ich ein.«
»Und tust was?«
Ich stutzte. »Wir haben keine Zeit, weiter zu debattieren. Wenn jemand
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