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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatte Schwierigkeiten mit dem Knopf am Handschuhfach des alten Wagens, aber zuletzt fiel die kleine Klappe herunter wie die Kinnlade eines Toten. Das Fach enthielt weit mehr als nur einen braunen Umschlag - ein Geologe hätte bei einer Kernbohrung bis etwa ins Jahr 1965 zurückreichende Proben entnehmen können -, aber er lag obenauf und trug meinen Namen.
    Als Mary am Haupteingang in der Kurzparkzone für Fahrzeuge hielt, die Leute abholten oder brachten, sagte sie: »Seien Sie darauf gefasst, verblüfft zu sein. Ich jedenfalls war es. Eine alte Freundin, die Redakteurin ist, hat den Artikel für mich ausgegraben - sie ist älter als Libby, aber noch immer hellwach.«
    Ich bog die Klammern auf und zog zwei fotokopierte Seiten mit einem uralten Zeitungsbericht heraus. »Aus dem Port Charlotte Weekly Echo «, sagte Mary. »Juni 1925. Das muss die Story sein, die meine Freundin Aggie gesehen hat, und ich habe sie offenbar nur deshalb nicht gefunden, weil ich nie so weit südlich wie Port Charlotte gesucht habe. Außerdem hat das Weekly Echo schon 1931 den Geist aufgegeben.«
    Die Straßenlaterne, unter der wir parkten, gab nicht genug Licht fürs Kleingedruckte, aber ich konnte die Schlagzeile lesen und das Bild sehen. Ich betrachtete es lange.
    »Es sagt Ihnen etwas, nicht wahr?«, fragte sie.
    »Ja. Ich weiß nur nicht, was.«
    »Erzählen Sie’s mir, wenn Sie’s wissen?«
    »Einverstanden«, sagte ich. »Vielleicht glauben Sie es sogar.Aber, Mary … das ist eine Story, die Sie nie veröffentlichen werden. Danke fürs Mitnehmen. Und danke, dass Sie zu meiner Ausstellung gekommen sind.«
    »War mir beides ein Vergnügen. Vergessen Sie nicht, Libby von mir zu grüßen.«
    »Wird gemacht.«
    Aber dazu kam es nicht mehr. Ich hatte Elizabeth Eastlake zum letzten Mal lebend gesehen.
     
     
     
     
     
     
    IX Die Schwester auf der Intensivstation teilte mir mit, dass Elizabeth operiert wurde.Als ich fragte, woran, erklärte sie mir, das wisse sie nicht genau. Ich sah mich im Wartezimmer um.
    »Falls Sie Mr. Wireman suchen, er ist in der Cafeteria, glaube ich, um einen Kaffee zu trinken«, sagte die Schwester. »Im dritten Stock.«
    »Danke.« Ich wollte gehen, dann drehte ich mich noch mal um. »Gehört Dr. Hadlock zum Operationsteam?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte sie, »aber er ist als Beobachter dabei.«
    Ich dankte ihr erneut und machte mich auf die Suche nach Wireman. Ich fand ihn in einer Ecke der Cafeteria, wo er vor einem Pappbecher etwa von der Größe einer Werfergranate im Zweiten Weltkrieg saß. Bis auf einige wenige Schwestern und Krankenpfleger und eine aufgeregt wirkende Familiengruppe in einer anderen Ecke hatten wir den Raum für uns. Die meisten Stühle standen umgekehrt auf den Tischen, und eine müde aussehende Frau in roter Kunstseide wischte den Boden.Vor ihrer Brust baumelte ein iPod an einer Kordel.
    »Hola, mi vato«, sagte Wireman mit schwachem Lächeln. Sein Haar, das bei seinem Auftritt mit Jack und Elizabeth ordentlich zurückgekämmt gewesen war, fiel jetzt wieder über die Ohren, und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. »Willst du dir nicht auch einen Kaffee holen? Er schmeckt wie selbst gebraute Scheiße, aber er verhindert, dass einem die Augen zufallen.«
    »Nein danke. Gib mir nur einen Schluck von deinem ab.« In meiner Hosentasche hatte ich drei Aspirin. Ich angelte sie heraus und nahm sie mit etwas von Wiremans Kaffee ein.
    Er rümpfte die Nase. »Mit all deinem verseuchten Kleingeld zusammen. Das ist unhygienisch.«
    »Ich habe ein starkes Immunsystem. Wie geht’s ihr?«
    »Nicht gut.« Er starrte mich düster an.
    »Ist sie im Krankenwagen zu sich gekommen? Hat sie noch irgendwas gesagt?«
    »Ja.«
    »Was denn?«
    Aus der Tasche seines Leinenhemds zog Wireman eine Einladung zu meiner Ausstellung, auf der vorn BLICK VON DUMA KEY stand. Auf die Rückseite der Faltkarte hatte er drei Sätze gekritzelt. Sie tanzten auf und ab - das kam von den Bewegungen des Krankenwagens, vermutete ich -, aber ich konnte sie lesen:
    »Der Tisch leckt.«
»Sie werden es wollen, aber Sie dürfen nicht.«
»Ertränken Sie sie, damit sie weiterschläft.«
    Alle drei Sätze waren unheimlich, aber der letzte verursachte mir eine Gänsehaut auf den Armen.
    »Sonst nichts?«, fragte ich und gab ihm die Einladung zurück.
    »Sie hat ein paarmal meinen Namen gesagt. Sie hat mich erkannt. Und sie hat deinen gesagt, Edgar.«
    »Sieh dir das hier an«, sagte ich und schob den braunen Umschlag über den

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