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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatte. Und sie hat Libbit ermahnt, es unbeirrt zu tun, ganz gleich, was sie in ihrem Kopf sah oder wie laut Perse kreischen würde, dass sie aufhören soll... denn sie würde schreien, sagte Nan Melda, wenn sie es merkte. Sie hat gesagt, sie würden einfach hoffen müssen, dass Perse erst zu spät merkt, was mit ihr geschieht. Und dann hat Melda gesagt...« Ich machte eine Pause. Die Lichtspur der untergehenden Sonne leuchtete heller und heller. Ich musste weitersprechen, aber das fiel mir jetzt schwer. Es fiel mir sehr, sehr schwer.
    »Was, muchacho? «, fragte Wireman sanft. »Was hat sie gesagt?«
    »Sie hat gesagt, sie würde vielleicht auch schreien. Und Adie. Und ihr Daddy. Trotzdem durfte sie nicht aufhören. ›Wehe, du hörst auf, Kind‹, hat sie gesagt. ›Du darfst nicht aufhören, sonst war alles umsonst.‹« Wie aus eigenem Antrieb nahm meine Hand den Venus Black aus der Gürteltasche und kritzelte drei Wörter unter die primitive Zeichnung von dem Mädchen und der Frau im Swimmingpool: darfst nicht aufhören
    Meine Augen schwammen in Tränen. Ich ließ den Farbstift in den Strandhafer fallen und wischte sie weg. Soviel ich weiß, liegt der Stift noch heute dort, wo ich ihn fallen gelassen habe.
    »Edgar, was ist mit den Silberspitzen-Harpunen?«, fragte Jack. »Über die hast du noch kein Wort gesagt.«
    »Es hat keine gottverdammten magischen Harpunen gegeben«, sagte ich müde. »Die müssen viele Jahre später hergestellt worden sein, als Eastlake und Elizabeth nach Duma Key zurückgekehrt sind. Weiß der Himmel, wer von den beiden auf diese Idee gekommen ist, und wer immer es auch war, ist sich vielleicht nicht völlig sicher gewesen, weshalb sie wichtig zu sein schienen.«
    »Aber …« Jack runzelte erneut die Stirn. »Wenn sie 1927 keine Silberharpunen hatten... wie haben sie dann...«
    »Keine Silberharpunen, Jack, aber jede Menge Wasser.«
    »Das kapier ich noch immer nicht. Perse ist aus dem Wasser gekommen . Sie ist aus Wasser.« Er sah zu dem Schiff hinüber, als wollte er sich vergewissern, dass es noch da war. Das war es.
    »Richtig. Aber am Pool ist ihre Macht geschwunden. Elizabeth wusste das, aber sie sah nicht, was das bedeutete. Wie denn auch? Sie war nur ein Kind.«
    »Oh, Scheiße«, sagte Wireman. Er schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Der Swimmingpool. Süßwasser. Es war ein Süßwasserbecken. Süß im Gegensatz zu Salz.«
    Ich zeigte mit dem Finger auf ihn.
    Wireman berührte das Keramikfässchen, das ich neben der Puppe stehend gezeichnet hatte. »Dieses Fässchen war Leergut? Das sie aus dem Pool gefüllt haben?«
    »Ohne Zweifel.« Ich steckte die Poolskizze unter die anderen und zeigte ihnen das nächste Blatt. Auch dieses Mal stimmte die Perspektive genau mit unserer jetzigen überein. Tief über der Kimm stand eine eben aufgegangene schmale Mondsichel in der Takelage eines verrottenden Schiffs, von dem ich gehofft hatte, es nie wieder zeichnen zu müssen. Und am Strand, unmittelbar am Wasser …
    »Himmel, das ist grauenhaft«, sagteWireman. »Ich kann’s nicht mal klar erkennen, aber es ist trotzdem entsetzlich.«
    Mein rechter Arm juckte, pochte. Brannte . Ich streckte ihn aus und berührte das Bild mit der Hand, die ich hoffentlich nie wieder sehen würde... obwohl ich fürchtete, dass dies nicht das letzte Mal war.
    »Ich kann für uns alle sehen«, sagte ich.

WIE MAN EIN BILD ZEICHNET (XI)
    Nicht aufhören, bevor das Bild fertig ist. Ich weiß nicht, ob das die Hauptregel der Kunst ist oder nicht, ich bin kein Lehrer, aber ich glaube, dass diese sieben Wörter alles zusammenfassen, was ich Ihnen zu erzählen versucht habe. Talent ist eine wundervolle Sache, aber es kann niemanden mitziehen, der vorzeitig aufgibt. Und es gibt immer einen Augenblick - wenn die Arbeit ehrlich ist, wenn sie aus jenem magischen Bereich kommt, in dem Denken, Erinnern und Fühlen sich vereinen -, in dem man glaubt, wenn man jetzt seinen Bleistift weglegt, wird der eigene Blick sich trüben, die Erinnerung schwinden und der Schmerz enden. Dies alles weiß ich von dem letzten Bild, das ich an jenem Tag zeichnete - das von der Versammlung am Strand. Es war nur eine Skizze, aber ich glaube, um die Hölle zu kartografieren, braucht man nicht mehr als eine Skizze.
    Ich begann mit Adriana.
    Den ganze Tag lang ist sie wegen Em außer sich gewesen, wobei ihre Gefühle zwischen wildem Zorn auf ihn und Angst um ihn schwankten. Ihr ist sogar in den Sinn gekommen, dass Daddy etwas

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