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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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17 GG gewährt einen Rechtsanspruch auf einen sachgemäßen Bescheid. Aber selbst ein Schreiben des Personalrats des Finanzamts vom 15 . September 2005 zur unerträglichen Arbeitssituation und unkorrekten Führung der Personalakten wird von Finanzminister Weimar nicht beantwortet.
    Das beharrliche Schweigen Kochs und Weimars scheint zu beweisen: Hinter dem, was geschah, stand ihr Wille. Sie wussten über die skandalösen Vorgänge bestens Bescheid, auch aufgrund der Artikel des Spiegel vom 11 . August und 25 . September 2003 , der ständigen Berichte der Frankfurter Rundschau , der Einsetzung und der Arbeit des Untersuchungsausschusses. Aber das konnte sie nicht davon abhalten weiterzumachen – brutalstmöglich.
    Die Psychiatrisierung
    Der von CDU und FDP erstellte Mehrheitsbericht des Untersuchungsausschusses befand, dass sich die Regierung rechtmäßig verhalten habe. Der Bericht wurde am 30 . März 2006 im Landtagsplenum behandelt und gegen die Stimmen der Opposition gebilligt. Die Frankfurter Allgemeine , die sich so seriös gibt und risikolos unendlich viele Artikel über die Schandtaten im Dritten Reich schreibt, titelte: »Karlheinz Weimar, Leidgeprüfter, der vom Verdacht freigesprochen worden ist, er habe Steuersünder vor Strafverfolgung bewahrt«. Die Petition des Amtsrats Schmenger und seiner Mitstreiter hatte der Landtag bereits zuvor abgewiesen. Für die Widerständler gab es nun keine Instanz mehr, an die sie sich wenden konnten. Jetzt sah man den Zeitpunkt gekommen, sie völlig zu eliminieren.
    Zweifellos in Übereinstimmung mit dem Finanzministerium erteilte die Oberfinanzdirektion Frankfurt mit Schreiben vom 7 . Juli 2006 dem Versorgungsamt den Auftrag, Schmenger durch einen Nervenarzt auf seine Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen. Als dieser sich bei dem als Gutachter benannten Arzt Dr. Thomas Holzmann einfand, war er sehr überrascht zu erfahren, dass er sich psychiatrisch untersuchen lassen sollte. In der Vorladung hatte es lediglich geheißen, seine Dienstfähigkeit sei zu begutachten. Man hatte Schmenger eine Falle gestellt. Eine lediglich einstündige Untersuchung genügte Dr. Holzmann, um zu diagnostizieren: Herr Schmenger biete »ein klinisches Bild, welches eindeutig einer paranoid-querulatorischen Entwicklung entspricht«. Da eine chronische und verfestigte psychiatrische Erkrankung ohne Krankheitseinsicht vorliege, sei er auf Lebenszeit dienstunfähig. Wegen der Unheilbarkeit der Paranoia bedürfe es auch keiner Nachuntersuchung mehr.
    Schmenger wurde daraufhin zwangspensioniert – im Alter von nur 46 Jahren!
    Tina Feser, Heiko Feser und Marco Wehner traf das gleiche Schicksal. Auch sie wurden zu Dr. Holzmann geschickt. Er bescheinigte ihnen ebenfalls in nahezu gleichlautenden Gutachten unheilbare Paranoia, die von ihnen geschilderten dienstlichen Eingriffe von oben seien wahnhafter Natur – entsprächen also nicht der Wirklichkeit. Sie wurden zwangspensioniert, 36 , 37 und 40 Jahre alt.
    Wer für geisteskrank erklärt wird, stirbt den bürgerlichen Tod. Er wird nicht mehr ernst genommen, seine Persönlichkeit wird vernichtet. Als Amtsrat Schmenger die Zulassung als Steuerberater beantragte, teilte ihm die Steuerberaterkammer mit – sie konnte ja keinen Verrückten zulassen! –, er müsse sich nochmals einer medizinischen Untersuchung stellen. Schmenger ließ sich von der Universitätsklinik Frankfurt psychiatrisch untersuchen. Prompt stellte diese fest, dass er geistig völlig gesund war. Am 9 . November 2007 teilte die Steuerberaterkammer dem Finanzministerium mit, dass sie Schmenger zum Steuerberater bestellt habe. Ein nervenärztliches Gutachten habe »aus psychiatrischer Sicht ergeben, dass Schmenger den Beruf des Steuerberaters in vollem Umfang ordnungsgemäß ausüben kann«. Welche Überraschung für Finanzminister Weimar! Hatte er nicht fest daran geglaubt, dass Schmenger geisteskrank sei? Am 21 . Januar 2008 berichtete der Spiegel über die Psychiatrisierung und über die sensationelle Wendung im Fall Schmenger. Kaltschnäuzig ließ Weimar gegenüber dem Spiegel erklären, das Finanzministerium wolle die Vorgänge nicht kommentieren. Und: »Herr Schmenger kann machen, was er will.«
    Aufgrund des Befundes der Universitätsklinik Frankfurt hätte Finanzminister Weimar die Zwangspensionierung Schmengers wieder zurücknehmen müssen: zum einen aufgrund seiner beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht, zum anderen weil das Land Hessen ungerechtfertigt mit Pensionszahlungen

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