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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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prüfte, der bereits erwähnte Betriebsprüfer des Finanzamts Gelnhausen und der Oberamtsrat Frank Wehrheim. Letzterer machte erstmals öffentlich, dass er nach der Durchsuchung des Büros von Steuerberater Horst Weyrauch, der für die Hessen- CDU Geld in einer Liechtensteiner Stiftung namens »Zaunkönig« versteckt hatte, abgelöst wurde. Doch trotz der Enthüllungen in der Presse über all diese schmutzigen Machenschaften amtierten Koch und Weimar ungeniert weiter.
    Dann erging 2009 das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen, das für den Gutachter Holzmann vernichtend war. Das Gericht stellte fest, der Arzt habe vorsätzlich die ihm geläufigen Kriterien für die Diagnose einer Paranoia missachtet. Es fehle in allen vier Gutachten an der erforderlichen Erhebung des Befundes. Gegen Holzmann verhängte das Gericht eine Geldbuße von 12 000 Euro.
    Dieses Urteil kompromittierte Koch und Weimar schwer. Für wen wohl hatte Holzmann vorsätzlich falsche Gutachten erstellt? Ein persönliches Interesse konnte der Arzt nicht haben, sein Honorar in Höhe von jeweils 400 Euro hätte er so oder so erhalten.
    Nun hätte man erwarten können, dass die gefeuerten Steuerbeamten rehabilitiert und in allen Ehren mit vielen Entschuldigungen wieder in den Verwaltungsdienst aufgenommen würden. Weit gefehlt! Finanzminister Weimar erklärte zwar kleinlaut, er sehe ein, dass beide Seiten nunmehr abrüsten müssten. Er sei auch bereit, die Beamten wieder in den aktiven Dienst zu übernehmen. Sofern sie sich – so forderte er – zuvor nochmals einer eingehenden medizinischen Untersuchung unterziehen würden! Er sei aber damit einverstanden, wenn diese Untersuchung in einem anderen Bundesland stattfände. Mit diesem Ansinnen wie auch durch sein sonstiges Benehmen zeichnete Weimar sich selbst als Karikatur eines Ministers.
    Es war unglaublich, Weimar und Koch gaben immer noch nicht auf. Selbstverständlich weigerten sich die vier Steuerbeamten, und zwar mit vollem Recht, sich erneut einer psychiatrischen Untersuchung zu stellen. Und so mussten sie sich weiterhin mit ihrer Zwangspensionierung abfinden.
    Ein zweiter Untersuchungsausschuss
    Doch die Situation wurde für Koch und Weimar langsam brenzlig. Auf Antrag der Opposition wurde am 28 . Januar 2010 ein weiterer Untersuchungsausschuss eingesetzt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen und die Presseberichte über die skandalösen Eingriffe von höchster Stelle brachten beide Politiker in schwere Bedrängnis. Falls die vier Steuerbeamten als Zeugen aussagen würden, könnte man sie nicht mehr länger als verrückt hinstellen. Hatte Weimars Pressesprecher, wie das Handelsblatt berichtete, zuvor erklärt, diese Beamten würden unter Verfolgungswahn leiden (zur Rede gestellt, stritt er diese Äußerung ab), würde sich erweisen, dass die Verfolgung alles andere als ein Wahn war. Dennoch pöbelte Roland Kochs CDU -Generalsekretär Peter Beuth schon im Vorfeld, sie seien »Querulanten mit maßloser Selbstüberschätzung«.
    Im Dezember 2009 bat mich die Frankfurter Rundschau um ein Interview zu dem Skandal. Ich nahm kein Blatt vor den Mund:
    Banken und vermögende Steuerpflichtige sind sicher an Ministerpräsident Roland Koch und Finanzminister Karlheinz Weimar herangetreten und haben gesagt: Schafft uns diese Steuerfahnder vom Hals … Aber Koch und Weimar haben sich verraten, indem sie vier Steuerfahnder einer Gruppe praktisch im Quartett für verrückt erklären ließen – was für eine Ungeheuerlichkeit! Das kann niemals mit rechten Dingen zugegangen sei. Es ist evident, dass hier kriminelle Methoden angewandt wurden.
    Auf die Frage: »Ist es vorstellbar, dass Koch nicht informiert wurde?«, antwortete ich:
    Nein, ein Ministerpräsident schwebt nicht über solchen Dingen, er ist der bestinformierte Mann des Landes, ihm wird alles vorgelegt. Er hätte handeln müssen. Der Rücktritt von Koch und Weimar ist unvermeidlich, wenn Verantwortung in Hessen noch irgendeinen Sinn haben soll.
    Roland Kochs Pressesprecher hat diesen Artikel der Frankfurter Rundschau seinem Chef sicherlich nicht vorenthalten. Auch die Berliner taz vom 30 . Dezember 2009 zitierte mich mit dem Hinweis auf den notwendigen Rücktritt. Unter dem Titel »Der Hessen-Berlusconi« schrieb sie: »System Koch. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch ( CDU ) ist immun gegen Skandale. Wie korrupt ist der Einundfünfzigjährige wirklich?«
    Der Bonner Strafrechtsprofessor Hans-Ulrich Paeffgen erklärte gegenüber der

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