Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Schreiben, das die Sentenz »Carpe diem« des römischen Dichters Horaz zitiert und in die Worte übersetzt: »Wirklich glücklich ist, wer jeden Tag sagen kann: Heute habe ich gelebt.« In der Forensischen Psychiatrie?
Die wunderlichen Wahrheiten des Hasso Nerlich
Nach einem aufsehenerregenden Gerangel mit der FDP hatte die CSU -Ministerin Merk ihren Kandidaten Nerlich als neuen Nürnberger Generalstaatsanwalt ab 1 . Oktober 2011 durchgesetzt. Der Bayerische Richterverein protestierte daraufhin öffentlich in einem Brief an die Justizministerin gegen den politischen Postenschacher.
Nerlich war ebenso wie die Justizministerin verantwortlich dafür, dass Mollath trotz des Hypo-Vereinsbank-Berichts und der eidesstattlichen Versicherung des Zahnarztes Braun ein weiteres Jahr weggesperrt blieb und auch in Zukunft weggesperrt werden sollte. In einer Sitzung des Rechtsausschusses am 6 . De zember 2012 ließ Merk Nerlich zu ihrer Verteidigung aufmarschieren. Über das, was Nerlich da mit dröhnender Stimme von sich gab, konnte man sich nur empören. Die zahlreich anwesenden Journalisten waren nicht begriffsstutzig, sie durchschauten Nerlich. Der Bayerische Rundfunk urteilte, es sei nahezu eine Selbstdemontage gewesen. Die nachfolgenden Kostproben aus dem Protokoll mögen genügen.
Auffällig war, dass Nerlich die eidesstattliche Versicherung Brauns von sich aus nicht erwähnte. Erst auf Vorhalt eines Abgeordneten erklärte er, diese Aussage werde geprüft: »Herr Braun werde sicherlich als Zeuge vernommen.« Warum erst jetzt, nachdem die Öffentlichkeit davon erfahren hatte? Warum nicht schon vor einem Jahr? Damals schon hätte er aufgrund der Angaben Brauns ein Wiederaufnahmeverfahren veranlassen müssen. Dass er das unterlassen hatte, setzte ihn dem Verdacht einer schweren Straftat aus! Verblüffend war, dass er dann aus der eidesstattlichen Versicherung eine einzige Passage zitierte, und zwar folgende: Mollath habe Braun seinerzeit mitgeteilt, »er habe alle Daten in dieser Sache, sämtliche Konten und sämtliche Beträge gesichert. Er habe alle Belege außer Haus gebracht, sodass sie hundertprozentig sicher seien.« Deshalb, so Nerlich, stelle sich auch die Frage, wo sich diese Belege jetzt befänden. Warum nur bewegte ihn diese Frage? Hatte er sie bisher als Hindernis für eine Freilassung Mollaths betrachtet? Hegte er Befürchtungen? Denn für die Wiederaufnahme des Verfahrens spielte es doch keine Rolle, wo sich die Belege befanden!
Nerlich verstieg sich zu der Behauptung, »die Gutachten und auch das Urteil gäben nichts dazu her, dass Mollath deswegen für paranoid erklärt worden sei, weil er Schwarzgeldverschiebungen behauptet habe, die es nicht gegeben habe«. Genau das Gegenteil war richtig! Sowohl das Einweisungsgutachten als auch das Urteil sowie eine spätere Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg hatten den Zusammenhang ausdrücklich festgestellt. Warum tischte Nerlich dann eine solche Unwahrheit auf?
Nerlich erklärte, die Pauschalbehauptungen Mollaths hätten seinerzeit keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zugelassen. Er argumentierte: »Beispielsweise hätte Herr Mollath angeben müssen, dass er seine Frau beobachtet habe, wie sie mit einem Geldkoffer in die Schweiz gereist sei. Der Hinweis auf Kurierfahrten sei ebenfalls nur eine Pauschalbehauptung.« Indessen hatte Mollath immer wieder ausdrücklich vorgetragen, dass er seine Frau bei ihren Geldtransporten in die Schweiz sogar mehrmals begleitet habe! Nerlich freilich konnte davon ausgehen, dass die Abgeordneten das nicht wussten.
Nerlich behauptete, »Mollath sehe Schweizer Konten schlicht als Schwarzgeldkonten an«. Er unterschob ihm damit eine weitere Pauschalbehauptung. Doch Mollath hatte Überweisungsanordnungen für Nummernkonten vorgelegt – diese stehen in jedem Fall unter dem dringenden Verdacht der Steuerhinterziehung. Oder wusste Nerlich vielleicht nicht, was Nummernkonten sind?
Nerlich betonte, wie bereits erwähnt, die Staatsanwaltschaft habe mangels eines Anfangsverdachts bezüglich der Schwarzgeldverschiebungen nicht ermitteln dürfen. Als ihm Florian Streibl/Freie Wähler vorhielt, die Staatsanwaltschaft hätte die Angaben Mollaths allein schon deshalb prüfen müssen, weil man sie ihm im Prozess als Wahnvorstellung zur Last gelegt habe, blieb Nerlich die Antwort schuldig. Was auch hätte er darauf sagen können?
Die Justizministerin hatte sich vor dem Rechtsausschuss gebrüstet: »Die bayerische Justiz genießt zu
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