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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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Mollath – wie ebenfalls erwähnt – für fünf Wochen dem Psychiater Leipziger in Bayreuth zu einer Untersuchung überstellen ließ. Dieser hatte das Verbot des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls missachtet. Er hielt Mollath gefangen, versuchte wiederholt ihn zu untersuchen, obwohl Mollath sich von Anfang an strikt weigerte, und ließ ihn zudem rechtswidrigerweise vom Klinikpersonal beobachten – die Ergebnisse verwertete er in seinem Gutachten.
    Beate Merk, die Justizministerin, hatte immer wieder behauptet, der Fall Mollath sei mehrmals umfassend durch das Justizministerium überprüft worden. Hatte sie demnach noch nie von dem Verbot des Bundesverfassungsgerichts gehört? Das konnte nicht sein, die Rechtslage war unter Juristen allgemein bekannt.
    Schon nach sechs Wochen erhielt Anwalt Strate Bescheid; in anderen Fällen lässt die Justiz die Angezeigten bisweilen jahrelang schmoren (z. B. Staatssekretär Dr. Riedl: sechs Jahre!). Harsch ließ Reinhold Nemetz, Leiter der Staatsanwaltschaft Augsburg, der die Justizministerin die Bearbeitung der Strafanzeige übertragen hatte, diese zurückweisen. Begründung: Mollath habe sich nicht »generell« geweigert, sich einer Untersuchung zu unterziehen. Das war die blanke Unwahrheit. Mollath hatte gegen die angeordnete psychiatrische Untersuchung Beschwerde eingelegt, er war zu den vom Gutachter Thomas Lippert vorgesehenen Untersuchungsterminen nicht erschienen. Der Richter Eberl hatte ihn daraufhin, wie erwähnt, durch die Polizei festnehmen und gefesselt zunächst in das Bezirkskrankenhaus Erlangen, später in das Bezirkskrankenhaus Bayreuth überstellen lassen. Das war kein Zwang? Und was den Facharzt Leipziger betraf, so hatte dieser selbst in seinem Gutachten wiederholt festgehalten, dass Mollath »jegliche Untersuchungen und gezielte Explorationsgespräche verweigere«. Man muss geradezu bitter lachen, wenn Leipziger folgenden Vermerk des zuständigen Stationsarztes zitiert: Mollath »verweigere jegliche Untersuchungen, gleich welcher Art. Paralogisch meine er, der Stationsarzt solle erst einmal das Grundgesetz lesen und sich über grundlegende Menschenrechte informieren.« Grundgesetz? Menschenrechte? Was gilt’s! Dass die Justizbediensteten ausgerechnet diese Sätze überlesen haben sollten, wäre höchst erstaunlich. Aus dem Umstand, dass Mollath, wenn er von den Ärzten angesprochen wurde, zwangsläufig mit diesen ein paar Sätze wechselte – er konnte ihnen ja nicht ausweichen, weil er inhaftiert war –, konstruierten sie eine freiwillige Mitwirkung, der offenkundigen Wahrheit zuwider.
    Es ist davon auszugehen, dass der Augsburger Bescheid mit Frau Merk und ihren Ministerialbeamten abgestimmt war, wie auch Anwalt Strate annahm. Er legte sofort Beschwerde beim Generalstaatsanwalt Christoph Strötz in München ein. Doch auch dieser war und ist letztlich kaum mehr als ein Gehilfe der Frau Merk. Gleichwohl blieb ein Hoffnungsschimmer. »Das Hören auf die Worte Jesu schenkt mir Gemeinschaft mit ihm, es solidarisiert mich mit anderen Menschen«, hatte er zum Jahresende 2010 gegenüber der Süddeutschen Zeitung kundgetan. Könnte es sein, dass er sich mit dem geschundenen Gustl Mollath solidarisieren würde?
    Diesem ersten Schwertstreich ließ Anwalt Strate am 19 . Februar 2013 einen noch wuchtigeren folgen. Er stellte einen Wiederaufnahmeantrag, in dem er dem Vorsitzenden Richter Brixner und der Richterin Heinemann schwere Rechtsbeugungen zur Last legte. Er zeigte auf, mit welchen Methoden sie die gesetzlichen Sicherungen unterlaufen hatten. Dies konnte er allein schon anhand der Akten, also »schwarz auf weiß«, nachweisen, sodass Ausreden ausgeschlossen waren. Was da sichtbar wurde, war eine ganze Kette strafbarer Rechtsbeugungen, nur die wichtigsten werden hier dargestellt.
    Nachdem ihm die Strafsache vorlag, hätte der Vorsitzende Richter Brixner Mollath eine angemessene Frist setzen müssen, um sich zur Sache zu erklären und Beweiserhebungen zu beantragen. Das unterließ er. Er machte sich damit einer schweren Amtspflichtverletzung durch Versagung des rechtlichen Gehörs schuldig (Paragraf 22 5 a Absatz 2 der Strafprozessordnung, Artikel 103 Grundgesetz). Nach der Festnahme hätte Mollath spätestens am Tag danach durch einen Richter über den Grund unterrichtet werden müssen – so bestimmen es Artikel 104 des Grundgesetzes und Artikel 102 der Bayerischen Verfassung. Wird diese Frist nicht gewahrt, liegt eine strafbare Freiheitsberaubung vor. Mollath

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