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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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nicht schlecht. Aber auch sie waren Jahre des Eigensinns, der bequemen Optionen. Und ich denke, die Welt hat ein Recht darauf, von Amerika mehr zu erwarten.«
    Was er an Obama schätze?
    »Seine Intelligenz«, sagt er, »und sein Gespür für den historischen Moment.«
    Gegnern, die wie Clinton vor dem zwar brillanten Redner, aber substanzlosen Politiker Obama warnen, erwidert Brzezinski entschieden: »In Diktaturen können Sie Stimmen erzwingen, anderswo kann man sie kaufen. Aber in einer Demokratie ist das die einzige Möglichkeit, Anhänger zu gewinnen. Wenn das, was er sagt, sie mitreißt, weil es historisch gerechtfertigt ist und wichtig, dann ist es genau das, was wir benötigen.«
    Als der Juni anbricht, nach einem der längsten und aufreibendsten Vorwahlprozesse in Amerikas Geschichte, gibt Hillary Clinton auf, denn es ist klar, dass sie den Rückstand nicht mehr wird aufholen können.
    Vier Jahre später wird sie als Obamas Außenministerin eine seiner wichtigsten Verbündeten im Kampf um seine Wiederwahl sein – vor allem in Schlüsselbundesstaaten wie Ohio, Michigan und Pennsylvania, deren überwiegend weiße Arbeiterschaft auch die Konservativen mit wachsendem Erfolg umwerben.
    Tanzende Terroristen
     
    Bei den Republikanern fallen damals die Würfel schneller. Doch geschlossener sind ihre Reihen dadurch nicht. Das bestätigt uns ein Parlamentarier, der die Partei besser kennt als viele andere auf dem Kapitolshügel: Steve King, ein kantiger, lebensfroher Kongressabgeordneter. Sein Wahlkreis liegt in Iowa: Farmland, hohe Abwanderung, konstant konservativ. Seit Jahren vertritt er seinen Bundesstaat in Washington. Er gilt als Hardliner, als bibelfest, als aufrecht. Jeder Auftritt im Mittelwesten ist für ihn ein Heimspiel.
    Als die Partei sich auf John McCain als Kandidat verständigt hat, begleite ich King auf einer Wahlkampftour nach Hause. Seine Stammwähler machen dort keinen Hehl daraus, dass sie an McCain den rechten Stallgeruch vermissen. King hilft deshalb mit, zu retten, was sich retten lässt, obwohl McCain auch ihm zu liberal ist. Denn King wettert schon wie einer aus der Tea Party, lange bevor die ultrarechten Hardliner in Washington Furore machen. »McCain wird es schwer haben, unsere Parteibasis zu aktivieren«, erklärt er mir, als wir auf dem Rücksitz hinter seinem Chauffeur plaudern. »Deshalb brauchen wir umso mehr Stimmen aus der Mitte.«
    Als wir zuvor in Kings Abgeordnetenbüro nach dem Termin anfragten, hatte er seinem Hauptgegner gerade einen Schlag versetzt: Wenn Barack Obama die Wahl gewinne, verbreitete er medienwirksam, würden weltweit die Terroristen tanzen. »Ich denke strategisch, um die Mitte nach rechts zu holen«, erklärt er mir nun, frei von Selbstzweifeln. »Denn die anderen wollen nach links, weil sie Marxisten sind.«
    Vorbei an staubigen Genossenschaftssilos fahren wir an endlosen Mais- und Sojabohnenfeldern vorbei. King verteidigt das Häftlingslager in Guantanamo, die Folterpraktiken der CIA und den Irak-Krieg. Erster Provinztermin: eine Spendenaktion für die Parteikasse. Unentschlossene im Saal hegen da noch stille Sympathien für die Demokraten. Manche halten McCain auch schlicht für zu alt. »Ich finde Obama okay«, flüstert mir einer der Besucher zu. »Hillary war mir zu negativ.«
    Dutzende von Torten tischen die Veranstalter auf. Dann betritt Stargast King die Bühne, um sie zu versteigern. »Verkaufen Sie sie später ruhig mit Gewinn«, scherzt er. Weg gehen sie für je 25 Dollar.
    Eine Stamm-Republikanerin sagt mir ins Mikrofon, dass Hillary Clinton die Emanzipation zu weit getrieben habe. »Ich glaube an konservative Werte«, schnaubt sie. »Ich bin gegen Abtreibung und für die Ehe, und zwar zwischen einem Mann und einer Frau. Nie würde ich einen Demokraten wählen.«
    King kommt zum Thema des Abends, den hohen Benzinpreisen. »Die Demokraten wollen die Ölkonzerne höher besteuern«, sagt er, noch immer heiter wie zuvor zwischen den Torten. »Aber auch wenn Exxon 40 Milliarden Gewinn macht, sollen wir sie deshalb zur Kasse bitten? Natürlich nicht«, ruft er in den Saal. »Die haben den Markt mit Sprit versorgt. Wenn sie das nicht mehr tun, wird er noch teurer.«
    Im nächsten 300-Seelen-Nest holt ihn wieder mal sein Terroristenzitat ein. Ein langes Live-Interview beim Landradio, dem wichtigsten Multiplikator hier. Kings provokante Saat geht auf. »Was den Krieg gegen den Terror angeht, bin ich sicher, dass unsere Feinde bei einem Sieg der

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