Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)
Interessenbündnisse stricke er solche Spots, die diese dann im Fernsehen platzierten, sagt er stolz. Da ahnen wir noch nicht, dass im Wahljahr 2012 schon in den Vorwahlen der Republikaner die Etats für Negativ-Kampagnen in neue Höhen schnellen werden.
»Bei wankelmütigen Wählern funktioniert das glänzend«, erklärt er mir. »Es gibt in Amerika 20 Prozent Wechselwähler. Die erreicht man so am besten. Eher Frauen, eher unpolitische, die Klatschblätter lesen und nicht die New York Times .«
Ob es auch Politiker gebe, frage ich, über die er und seine Branche einmal nichts Nachteiliges ausgegraben hätten.
»Gewiss«, sagt er, »George Bush senior hat damals Millionen bezahlt, um seinen Widersacher Ross Perot ausforschen zu lassen, einen Milliardär, dem man unendlich viele Angriffsflächen unterstellt hat. Aber sie fanden absolut nichts.«
Und zu Obama? Rechnet er damit, dass er irgendwann durch eine Negativ-Kampagne stürzen könne?
»Bisher war der Wahlkampf langweilig«, meint er. »Das lag vor allem daran, dass Obama einen positiven Politikstil versprochen hat, daran musste er sich selbst auch halten. Zudem perlte vieles erstaunlich an ihm ab.« Bald aber werde er wohl härter angegriffen, und wenn ihm das schade, müsse er auch selber attackieren.
»Warum sollte ich das bedenklich finden?«, rechtfertigt er sich. »Was wir machen, ist Demokratie. Amerikas Wähler kommen so jederzeit zu ihrem Recht auf Schmutz.«
Rufmord als Strategie
Tatsächlich zaudert das Republikaner-Lager im Jahr 2008 noch, heftige Negativ-Kampagnen loszutreten. Dabei hatten sie in den Vorjahren schon den Demokraten John Kerry als Kandidaten ruiniert, als ein TV-Spot seine Verdienste als Soldat, die er George W. Bush voraushatte, als Hochstapelei verunglimpfte. Sogar John McCain selbst hat unter konservativen Rufmordattacken gelitten, als er die parteiinterne Vorauswahl gegen George W. Bush verlor – wegen offen verbreiteter Gerüchte, sein asiatisches Adoptivkind sei in Wahrheit von ihm unehelich gezeugt worden. Es mag diese Erfahrung sein, die McCain im Zweikampf mit Obama vor ähnlichen Methoden zurückschrecken lässt, sehr zum Missfallen von Parteigefährten wie Steve King.
Andererseits erkennt in jenen Monaten auch das McCain- Camp, dass viele Wähler die Schlammschlachten leid sind und Obamas Positiv-Parolen vom Wandel zum Besseren in Washington tatsächlich attraktiver finden. Obama wiederum weiß, dass er als konfrontativer schwarzer Vorkämpfer bei weißen Wählern scheitern würde, wie zuvor der Bürgerrechtler Jesse Jackson.
Die persönlichen Angriffe, denen Obama dennoch ausgesetzt ist, pariert er mit Glück und Geschick. Von seinem Vertrauten, Pastor Jeremiah Wright, der durch militante Sprüche gegen Weiße breite Kritik auslöst, sagt er sich zum rechten Zeitpunkt los. Nicht zu früh, zumal Wright seine Ehe traute und ein langjähriger Freund war, der ein Mindestmaß an Loyalität verdient hat. Aber auch früh genug, um nicht für dessen Ausfälle mit haftbar gemacht zu werden. Zudem kontert Obama die Attacken schon jetzt mit dem, was er am besten beherrscht – mit einer entwaffnend offenen, persönlichen Rede über Rassismus.
Auch seine Frau Michelle gerät kurz unter Rechtfertigungsdruck. Kritiker werfen ihr mangelnde Vaterlandsliebe vor, weil sie in einer Talkshow sagt, seit Baracks Kandidatur sei sie zum ersten Mal in ihrem Erwachsenenleben stolz auf Amerika. Im Prüflicht der Patrioten eine verhängnisvolle Formulierung. Zuletzt halten Obamas Anhänger für einen Tag den Atem an und fürchten, die alte Rufmordstrategie könnte ihrer Hoffnung doch noch ein jähes Ende setzen – als ein ominöser Belastungszeuge anonym behauptet, er habe mit Obama auf einem Autorücksitz unter Drogen »schwulen Sex« gehabt. Doch die Gerüchte verfangen nicht, zu klar ist die Absicht, zu offensichtlich der angerührte Mix aus den bewährten Giftvokabeln. Amerikas Medien lassen die Finger davon.
In Deutschland erobert der Sympathieträger unterdessen unaufhörlich Herzen. Die Redaktionen fragen weiter Kandidatenporträts ab. Wir sollen »das Phänomen Obama« erklären oder gar die »Obamania«. Auch mancher Leitartikler in der heimischen Presse, der ihn anfangs noch zur Eintagsfliege erklärte, schwenkt nun um. Dennoch klingen die Schlagzeilen zu Hause weiter gegensätzlich: Mal feiern sie Obama schon als »Präsident der Welt«, mal warnen sie vor einem »Menschenfänger«.
Giganten-Stadl
Mit großem
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