Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)
Demokraten stärker würden«, bekräftigt er. »Sie würden Geld sammeln und Waffen, um sie weltweit gegen uns zu richten.« Ja, auch an seiner Bemerkung von den tanzenden Terroristen werde er festhalten. Das Echo bestätige ihn.
Später fragen wir den Moderator, ob Iowa wirklich so ticke wie King. »Ich persönlich denke, was er da sagt, ist unverantwortlich«, gesteht er. »Aber es ist seine Meinung. Also soll er sie äußern.«
Letzte Station, das Hinterzimmer eines Elektronikhändlers. King ist eingeladen, einem Veteranen des Koreakriegs einen Verdienstorden zu überreichen. Vom Blutzoll der US-Armee in Asien kommt er auf den Fall der Berliner Mauer und auf die Siegespflicht in Bagdad. Der Geehrte bleibt bescheiden. »Um ehrlich zu sein«, sagt er, »war mir damals nichts wichtiger, als wieder heil zurückzukommen.«
»Haben Sie sich schon entschieden, wen Sie wählen werden?«, frage ich ihn am Rande.
»Ich neige zu Obama«, überrascht er mich, »auch wenn wir langjährige Republikaner sind. Er hat Ausstrahlung und kann einen richtig mitreißen.«
Als ich King darauf anspreche, gibt er ihm sogar recht. Im Parlament erlebe er das auch selbst so: »Obama hat viel Ausstrahlung. Ich kritisiere ja weder seinen Charakter noch seine Fähigkeiten. Ich verstehe, warum Leute ihn mögen.«
Nett eben, wie King stets ist. Als ich ihn nach Obamas Wahlsieg wieder treffe, scheint er ganz aufgeregt, denn für den Abend haben Präsident und First Lady zum Ball ins Weiße Haus geladen. »Heute werde ich mit Michelle tanzen«, grinst er und schaut an seinem Anzug hinab auf blank geputzte Schuhe. Als hätte es seinen bösen Terroristenvorwurf nie gegeben. »Hoffentlich bin ich nicht zu linksfüßig«, kokettiert er.
»Na, Sie stehen doch sicherlich auf zwei rechten«, scherze ich. Da lacht er schallend mit.
Vom Recht auf Schmutz
Nicht nur jene, die sich mitunter als Demagogen gefallen wie Steve King, lerne ich so kennen. Auch die Zuträger, die für Schmutzkampagnen den Wurfschlamm ausgraben und portionieren. Denn was in US-Wahlkämpfen seit jeher mehr verfängt als alles Positive, sind Kampagnen, die Gegner verunglimpfen, verteufeln und lähmen. Und das möglichst zum perfekten Zeitpunkt.
Auf ihren Visitenkarten steht als Beruf »Politischer Berater«. In der Branche aber heißen sie »Hitmen«: Männer für finale Schläge. Stephen Marks ist so einer, auch wenn er nicht so aussieht. Klein gewachsen, vermummt in Schal und Mütze, obwohl wärmstes Wetter herrscht in Florida, schleicht er in eine Kleinstadtbibliothek, als wir ihn aufsuchen. Im Norden quälten ihn Asthmaattacken, deshalb ist er umgezogen. Gelohnt hat es sich nicht. Dafür sind Schlagmänner zu oft auf Reisen.
Als wir Marks bei seiner Wühlarbeit über die Schulter schauen, haben Negativ-Stories in den US-Nachrichten gerade Konjunktur. Hillary Clintons Glaubwürdigkeitswerte stürzten ab, nachdem sie wahrheitswidrig einen Diplomaten-Trip nach Bosnien zum kühnen Kugelhagelabenteuer hochdramatisiert hatte. Dann holte Obama ein heimlich mitgeschnittener Satz aus einer Spenderrunde ein, mit dem er konservativen Weißen aus dem Mittelwesten unterstellte, sie hielten sich aus ökonomischer Verbitterung an Religion und Waffen fest. Marks hofft nun, dass die Schlacht bald richtig ausbricht. Vom Bibliothekar lässt er sich Stapel von Lokalzeitungen und Vereinsblättchen reichen. Er sucht Quellen unterhalb des Washingtoner Radars. Vielleicht hat der junge Obama hier irgendwann einmal etwas zur schwarzen Minderheit gesagt oder vor einem Schwulenverband, das vor großem Mainstream-Publikum verfänglich klingen könnte.
Als die Bücherei schließt, begleiten wir ihn in sein Haus, ein nahezu unmöblierter Bungalow mit Pool. Eigentlich hatte er sich hier längst einrichten wollen, aber er komme einfach nicht dazu, sagt er. An den Wänden türmen sich Kartons mit fremden Steuerauszügen, Spendenbelegen und Klageschriften gegen alle, die er zuletzt im Visier hatte. »Das sind durchweg öffentlich zugängliche Daten und Dokumente«, sagt er. »Irgendwann findest du immer etwas.«
Sein wirkungsvollster Video-Spot zeigt den einstigen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Al Gore neben einem düster inszenierten Mann, den Gore einmal als Rechtsanwalt vertrat. Darüber huschen wohlklingende Zitate über Hitler und üble über US-Präsidenten, die der Mandant verspottet habe. Die Botschaft: Gore paktiert schon mal mit Feinden Amerikas.
Aus Spendengeldern parteinaher
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