Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
Vom Netzwerk:
aus den Dreißigerjahren. »Seitdem wurde es hier und da geändert, aber nie modernisiert«, klagt er. »Kein Geschäftsmann kann hierzulande langfristig planen. Was ich an Obamas Plan mochte, war seine Absicht, eine große Lösung anzugehen.«
    Er hatte John Boehner im Boot, antwortete ich, was wollen Sie mehr?
    Den sieht denn auch Bennett in einer schwierigen Lage. »Während der Verhandlungen sagten ihm die Tea-Party-Abgeordneten klar, sie würden keinem Kompromiss zustimmen«, erzählt er uns. »Also hätte er sich eine Mehrheit aus den übrigen Republikanern und den Demokraten suchen müssen. Aber die Demokraten sagten, warum sollen wir die Konservativen raushauen? Wir lassen die Gespräche platzen, dann werden es die Wähler den Republikanern anlasten. Nur so konnte die Tea Party als Minderheit Boehner daran hindern, sich mit Obama zu verständigen.«
    Glauben Sie nicht, frage ich nach, dass Obama und die Demokraten eine parteiübergreifende Mehrheit gerade begrüßt hätten?
    »Unterschätzen Sie nicht die Auswirkung der Parlamentswahl von 2010«, antwortet er wie Castle zuvor. »Gerade jene Demokraten, von denen Sie denken würden, sie seien moderat oder aus der politischen Mitte, wurden da ja von unseren Herausforderern in konservativen Wahlkreisen besiegt, wo Leute protestierten und sagten, der beste Weg, den Protest zu zeigen, ist wieder Republikaner zu wählen. Die Demokraten, die den Protest überlebten, waren die aus linken Bezirken. Nancy Pelosi konnte in San Francisco nichts geschehen, was immer sie tat. Und sie führt nunmehr, grob gesagt, eine ausgewiesene linke Minderheit im Repräsentantenhaus an, die nun ebenfalls keine Kompromisse will.«
    Doch Bennett beklagt auch die Ungeduld der Bürger. »Es ist neu in der amerikanischen Politik, dass sich deren Toleranzspanne so sehr verkürzt hat. Die Wähler mochten nicht, was unter der Bush-Administration geschah, aber sie gaben ihr acht Jahre, dann wollten sie etwas anderes. Ihre Geduld mit Obama endete schon nach einem Jahr. Er gewann mit dem Slogan des Wandels, dann erreichte ihn selbst die Forderung nach etwas Neuem, nun durch die Tea Party. Dabei waren deren Wortführer wie Michele Bachmann nie ernst zu nehmen. Sie hätte nie eine Chance, auch nur einen einzigen Bundesstaat zu gewinnen, nicht zu reden von der Nominierung. Aber die Medien liebten sie, weil sie Gesprächsstoff bot.«
    Ob denn Obamas Hauptgegner eher die Wirtschaftslage sein werde, frage ich.
    »Jeder Präsident, der in einer solchen Situation wiedergewählt werden will, hat vollen Gegenwind«, meint Bennett. »Auch Jimmy Carter scheiterte an schlechten Wirtschaftsdaten. Obama ist ein weitaus besserer Politiker als Carter, er kann besser mit Menschen kommunizieren und ist ein besserer Redner. Also muss er nicht scheitern. Aber Mitt Romney, den ich unterstütze, ist ein starker Kandidat gegen ihn. Ich halte ihn für den einzigen, der Obama schlagen kann. Was der Präsident nun versucht, ist, den alten Enthusiasmus seiner Basis wieder zu entfachen. Ich weiß nicht, ob ihm das am Ende hilft. Ich würde ihm eher raten: ›Herr Präsident, Ihre Basis haben Sie so oder so. Überzeugen Sie lieber die breite Bevölkerung davon, dass Sie ihre Sorgen verstehen. Sie sind cool, Sie sind ein Star, jeder im Land möchte Ihnen nah sein, aber er fühlt zugleich auch diese seltsame Distanz.‹«
    Aber was spricht dagegen, frage ich weiter, dass Obama seine eigenen Anhänger mobilisiert?
    »Sie werden am Wahltag nicht zu Hause bleiben«, ist sich Bennett sicher. »Sehen Sie, die Demokraten sind die Partei der Regierung. Sie glauben an die Regierung und daran, dass sie die beste Lösung für alle Probleme ist. Die Republikaner glauben das nicht. Sie glauben an den freien Markt. Wenn konservative Wähler mit ihrem Kandidaten unzufrieden sind, gehen sie gar nicht zur Wahl. Es sei denn, sie befürchten, dass der Demokrat ihnen noch weit mehr Regierung aufzwingt als bisher. Es gibt viele Wähler, die jede Regierung hassen. Je öfter sie Obama nun seine Pro-Regierung-Basis anfeuern hören, desto wütender werden sie. Und desto eher gehen sie wählen.«
    Bolschewiken gegen Sozialismus?
     
    Um das andere Lager zu hören und zu verstehen, wie Amerikas Linke auf Washington blickt, bitten wir in New York die Herausgeberin der liberalen Zeitung The Nation , Katrina vanden Heuvel, um Antworten. Sie ist eine der erfahrensten Beobachterinnen der US-Politik. Auch sie rechnet eher weiter mit Stillstand als mit

Weitere Kostenlose Bücher