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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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war ein grober Fehler, dass Obama an der Gesundheitsreform festhielt«, sagt er wie viele Präsidentenkritiker. »Ich hörte davon, dass ihn manche Berater noch umstimmen wollten und sagten, er solle sich mehr um die Wirtschaft kümmern und um Arbeitsplätze. Er entschied sich anders und verabschiedete stattdessen ein Gesetz, das sowohl die Lager auseinandertrieb als auch das Land. Darauf haben die Wähler in den Midterm-Wahlen reagiert. Ohne die Gesundheitsreform hätte es den Erfolg der Tea Party nicht gegeben. Das Gesetz hat eine Verbitterung verursacht, die Obama nie überwinden konnte.«
    Aber die Gesundheitsreform war sein Hauptanliegen im Wahlkampf, sage ich. Hätte er sie aufgegeben, wäre er wiederum dafür kritisiert worden. Als einer, der nicht Wort halte, der den Wählerauftrag ignoriere, als Feigling.
    »Trotzdem, ich hätte ihm geraten: ›Herr Präsident, sagen Sie, ich weiß, ich habe im Wahlkampf viel über die Gesundheitsreform geredet, sie ist mir auch immer noch wichtig, aber nun gibt es etwas, das noch wichtiger ist, das geht vor. Danach kümmern wir uns um die Reform.‹ Ich glaube, das hätte er vermitteln können.«
    Nur hätte er sie dann wohl gar nicht mehr durchs Parlament bekommen, entgegne ich. Zudem hat er mit ähnlicher Begründung andere Vorhaben zurückgestellt und wurde auch dafür von Anhängern getadelt, wie beim Gefangenenlager in Guantanamo, das er nicht geschlossen hat, und bei Klimagesetzen, die er nie auf den Weg brachte.
    »Das stimmt sicherlich, aber seien wir offen«, lächelt Bennett, »den Amerikanern, zumal in der Wirtschaftskrise, war weder Guantanamo wichtig noch der Klimawandel. Sie wollten wissen, wie die Arbeitsplätze zurückkommen.«
    Ob er die Gesundheitsreform tatsächlich als Problem ansehe, frage ich, oder eher die Art, wie Obama sie durchsetzte.
    »Ich könnte ein Seminar abhalten über all die Fehler, die dabei gemacht wurden«, antwortet er. »Der schwerwiegendste war, dass Obama sagte, wir machen es besser als Bill Clinton, dessen Frau Hillary sie faktisch allein im Weißen Haus verfasst hatte, ohne dass jemand Einblick erhielt. Nun sagte Obama, wir geben nur ein paar Leitlinien vor und überlassen dem Kongress, das Gesetz zu formulieren. Stellen Sie sich das mal vor. Ohne Führung des Präsidenten und ohne jemand Drittes am Verhandlungstisch lassen Sie die Demokraten Nancy Pelosi und Henry Waxman, die ihre ganz eigene Version des Gesetzes vor Augen hatten, das Gesetz schreiben. Das sind die ideologischsten Figuren im ganzen Kongress. Es war so schlecht, dass wir anfangs im Senat sogar die Demokraten dazu brachten, dagegen zu stimmen. Also mussten sie noch mal von vorne anfangen, verloren den Elan im Repräsentantenhaus, und das Weiße Haus war noch immer kaum involviert. Als sich dann endlich der Präsident einschaltete, war da nur noch Chaos.«
    Dann beugt er sich nach vorn und fragt mich, ob ich schon einmal Motorrad gefahren sei. Ich bejahe und frage mich, worauf er hinauswill.
    »Was machen Sie, wenn Ihnen bei voller Fahrt ein Maikäfer in den Mund fliegt?«, fragt er verschmitzt. »Wir sagen da, schluck ihn hinunter«, erklärt er mir, »es ist der schnellste Weg, ihn loszuwerden. Das ist kurz unangenehm, aber dann ist es vorbei. Wenn Sie ihn dagegen jeden Tag unterm Vergrößerungsglas betrachten, dann wirkt er irgendwann bedrohlich. Genau das ist mit Obamas Gesundheitsreform passiert. Die Republikaner konnten sie monatelang in Riesengröße hochhalten. Für die Wähler wurde es der dicke Käfer, den sie fürchten lernten, anstatt ihn schnell zu verdauen.«
    Regierung oder Markt
     
    So viel über die Missgeschicke der Demokraten, leite ich erheitert über. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer eigenen Partei?
    »Ich muss anerkennen, dass die Tea Party ihre Verdienste hat«, sagt Bennett, »weil sie alte republikanische Tugenden wiederbelebte wie das Streben nach einer schlankeren, billigeren und effizienteren Regierung. Aber die Kandidaten, die sie für die Vorwahlen aufstellten, waren teilweise nicht wählbar. Die Herausforderung für uns ist, gute Sachpolitik zu machen. Eine effiziente Regierung lässt sich leicht fordern. Aber zu viele in meiner Partei machen ausgerechnet jetzt eine Tugend daraus, dass sie keine Ahnung von Tagespolitik haben. Wenn wir mitregieren wollen, müssen wir ein wenig darüber wissen, was das heißt. Sonst sind wir selbst ineffizient.«
    Das Hauptproblem im Steuerstreit sieht Bennett in veralteten Gesetzen. Das System stamme

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