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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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Bewegung. »Die Republikaner sind auf Dauer von der Tea Party gekapert, die damit indirekt das Repräsentantenhaus kontrolliert«, sagt sie, »mit der einzigen Mission, Obamas politische Agenda zu sabotieren. Obamas einzige Option ist wiederum abzuwarten, bis die Wähler Ende 2012 selbst darüber urteilen. Er kann bis dahin weder große noch kleine Erfolge erzielen. Das Ziel seiner Gegner ist es ja gerade, dass die Regierung nichts zustande bringt. So wollen sie sie als solche in den Augen der Amerikaner diskreditieren.«
    Aber warten ist keine gute Option für einen Präsidenten. Er sollte Alternativen haben, wenden wir ein.
    »Er kann in kleinerem Maßstab sicherlich Dinge verfügen, etwa um der Wirtschaft zu helfen, aber wichtiger ist jetzt wohl, dass er sich im Land bewegt und den Menschen klarmacht, woran es liegt, dass so viel stillsteht. Viele unserer Medien haben da allzu sehr ihre Neutralität kultiviert, sodass die Amerikaner tatsächlich denken, beide Seiten seien gleichermaßen für alles verantwortlich. Dabei sehen wir seit Monaten, wie die Demokraten ständig Kompromisse anbieten, dass der Präsident im Grunde schon ein wandelnder Kompromiss ist, aber die Republikaner ihn immer wieder abblitzen lassen.«
    Wie schafft es die Tea Party, fragen wir vanden Heuvel, solchen Einfluss zu haben?
    »Das sind Bolschewiken«, sagt sie da, »eine kleine Gruppe, die ihr Kapital aus der Wirtschaftskrise zieht, die das Land noch immer erleidet, und die propagiert, die Regierung sei korrupt. Das mag nicht in jedem Fall falsch sein. Aber es ist keine Begründung, um die Regierung abzuschaffen. Dennoch ist es der Tea Party weithin gelungen, eine Angst davor zu schüren, dass die Regierung das ganze Leben der Menschen übernehmen könnte, dass Obama ein Sozialist sei.«
    Dann verweist sie auf die inneren Widersprüche der Ultrarechten, die sich einerseits dem Gemeinwohl verpflichtet fühlten und gegen das große Geld seien, das andererseits aber die Tea Party nicht unwesentlich finanziere. »Oder nehmen Sie die sozialen Sicherungssysteme, die vor allem Paul Ryan als Tea-Party-Mann beschneiden will. Wenn Sie sich an die Bürgerversammlungen vor der Gesundheitsreform erinnern, da waren es genau diese Wähler, die zornig riefen, die Politik solle die Finger von ihrer Krankenversicherung lassen.«
    Anders als Bennett findet sie richtig, dass Obama seine Basis neu belebt. Das Risiko zu scheitern liege eher bei den Rechten. »Ich halte es für möglich«, endet sie, »dass dieselben Wähler, die 2010 aus Unzufriedenheit Washington abstraften, das Gleiche auch 2012 mit den Tea-Party-Abgeordneten tun.«
    »Zeiten der Inquisition«
     
    Ebenfalls in New York suchen wir ihren Pressekollegen Matthew Bishop auf, der für den konservativen Economist schreibt. Auch er sieht die Hauptschuld an der Politikflaute nicht im Weißen Haus. »Amerika leidet an den Konsequenzen aus 30 Jahren verfehlter Wirtschaftspolitik«, findet er, »die viel zu sehr auf Kredite setzte und viel zu wenig auf Einkommen und Sparguthaben.« Nun sei es umso schwerer, den Kurs zu korrigieren. In Wahrheit sei beiden Parteien klar, dass sie keine Sympathien damit gewännen, wenn sie das Defizit durch Einschnitte senkten. Also positionierten sie sich lieber so, dass sie jeweils die Gegenseite für das Scheitern verantwortlich machen könnten. »Diese Nicht-Politik macht allerdings die Lage noch schlimmer«, glaubt er, »weil die Ratingagenturen nun amerikanische Staatsanleihen abwerten. Das schockiert dann wieder alle, die annahmen, es gebe auf der Welt nichts Sichereres.«
    Auch Unternehmer sähen die Zukunft unsicher, wegen der nervösen Weltwirtschaft und weil sie nicht wüssten, wohin Amerika steuere. Normalerweise fänden die Lager gerade in Krisenzeiten zusammen und verständigten sich auf nötige Maßnahmen, sagt er. Diesmal aber seien die Differenzen grundsätzlicher. »Um Amerika zu modernisieren, sind schmerzhafte Reformen fällig, das betrifft die Renten und die Alten- und Armenfürsorge, und es wird viele Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor kosten. Zudem dürften höhere Steuern nötig sein, was in Amerika immer extrem unpopulär ist.«
    Was macht es denn so schwer, fragen wir, hierzulande den Spitzensteuersatz wieder auf das Niveau der Clinton-Zeit anzuheben?
    »Ich glaube«, sagt Bishop, »es gibt hier eine andere Grundeinstellung als in Europa. Auch wenn einer gar nichts verdient, sagt er hier eher, auch ich werde es noch schaffen, dann werde ich

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