Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
die…«
    »Um Himmels willen, Hobby - sie ist meine Schwester, und wenn ich sie gern habe, was kann man dabei schon finden?« Hobhouse blickte ihn an, ehrlichen Kummer in den Augen.
    »Wie gesagt… Kinnaird und ich haben auch schon angefangen, uns… Gedanken zu machen. Wenn du mir dein Ehrenwort gibst, daß die gewisse Person alles, aber auch alles frei erfindet, gehe ich und fordere jeden, der ihre Mutmaßungen weiterverbreitet, zum Duell!«
    »Woher soll ich wissen, was sie alles erzählt?« fragte Byron ärgerlich und starrte an Hobhouse vorbei.
    »Ihr mangelte es noch nie an Phantasie.« Hobhouse nickte langsam. »Vielleicht besitzt sie zuviel Phantasie - kann auch sein.
    Wie dem auch sei, Byron, du bist nicht katholisch und ich nicht dein Beichtiger. Aber meiner Meinung nach solltest du das entweder mit deiner Schwester oder der gewissen Person klären, bevor sie ihre Geschichte mehr Leuten als nur deinen engsten Freunden andeutet.«
    Caroline Lamb erhob sich leise von dem Bett in Byrons Wohnung und achtete sorgfältig darauf, den Mann neben ihr nicht aufzuwecken. Sie hatte erreicht, was sie wollte. Sie war wieder Byrons Geliebte. Und nun wünschte sie herauszufinden, weswegen. Caroline war weder dumm noch unsensibel und hatte sehr wohl gemerkt, daß weder Liebe noch Begehren Byron in ihre Arme zurückgetrieben hatten. Entgegen Byrons Mutmaßungen war es ihr bis jetzt jedoch noch nicht gelungen, seine Briefe an Lady Melbourne einzusehen, und die wenigen an Annabella, die sie entdeckt hatte, sagten ihr nichts. Schon andere hatten beobachtet, daß die Beziehung zwischen den Geschwistern ungewöhnlich eng war. Und der Weg einer weiteren Schlußfolgerung lag offen. Aber sie mußte es wissen.
    Also schrieb sie Byron den bewußten Brief. Wenn man den Ausflug nach Six Mile Bottom als Verzögerung einrechnete, hatte er eigentlich genauso reagiert, wie sie es erwartet hatte.
    Natürlich gab es immer noch die Möglichkeit, daß er als hilfsbereiter Bruder nur um den Ruf seiner Schwester besorgt war.
    Aber wie weit geht ein Bruder, um seine Schwester zu schützen, wenn der Bedrohung nichts zugrunde liegt?
    Im Dunkeln fand sie schnell den vertrauten Weg zu Byrons Arbeitszimmer und tastete dort nach dem Sekretär. Sie war schon oft hier gewesen und hatte sich nach der Geschichte mit dem Einbruch ohne Gewissensbisse unter anderem einen Zweitschlüssel für seinen Schreibtisch beschafft. Da er aber das Schloß an der Eingangstür längst auswechseln hatte lassen, konnte sie nicht im geringsten davon profitieren. Bis heute.
    Im flackernden Kerzenlicht öffnete sie lautlos ein Fach nach dem anderen, sah zähneknirschend ihre eigene Korrespondenz neben der von Annabella Milbanke liegen, bis sie endlich auf das stieß, was sie suchte: ein dickes Paket Briefe, alle von der gleichen Schrift an Byron adressiert, eine Schrift, die sie von ihren früheren Besuchen in Byrons Wohnung her wiedererkannte. Obenauf lag eine Spielkarte. Seltsam, dachte Caroline. Die Kreuzdame.
    Die ersten Briefe, die sie in aller Hast überflog, stimmte sie ungeduldig. Alles Kindereien, buchstäblich. Nach kurzem Überlegen nahm sie einen zweiten Stapel, noch nicht so umfangreich wie der erste. Der oberste Umschlag war mit Byrons Schrift adressiert, weswegen sie ihm zunächst weniger Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Dann entdeckte sie, daß es sich nicht um eine Adresse, sondern um eine Aufschrift handelte: La Chevelure
    der einen, die ich
    am meisten liebe +
     
    Aha! In dem Kuvert befand sich eine einzelne Haarlocke, ein glänzendes Dunkelbraun, soweit Caroline das bei dieser schwachen Beleuchtung beurteilen konnte. Der nächste Brief war wieder mit Augustas Schrift adressiert und - ah! Genau das wollte sie wissen. Caroline las, und der Haß, der sie innerlich schüttelte, stand in merkwürdigem Gegensatz zu ihrer Erscheinung: eine wunderschöne nackte Frau mit verwirrtem, kurzem Haar und dem unschuldigen Gesichtsausdruck eines Engels.
     
    Wenn ich Ihnen gefolgt wäre, würden Sie mir befohlen haben, das Bett für Ihre neuen Favoritinnen aufzuschlagen - Sie sind genau der Mann, um so etwas auszuüben & mit all meiner Leidenschaft hätten Sie mich dazu gebracht, es zu tun. Alles bis auf das habe ich bereits getan, nicht wahr - & wirklich, in dieser Nacht erwartete ich, daß das Signal dazu jeden Moment gegeben würde… Es war ein seltsames Abenteuer, aber Sie waren in dieser Nacht nicht so freundlich wie früher. Sie haben an andere gedacht, selbst als

Weitere Kostenlose Bücher