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Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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hatte ihm ein Juwelier versprochen, die Schmuckstücke nach seiner Beschreibung anzufertigen, eines mit Augustas Initialen und eines mit seinen. Augusta… wenn er sie bei sich spürte, glaubte er, niemals eine andere Frau ertragen zu können.
    »Gänschen, was würdest du sagen, wenn ich heirate?«
    Sie stand auf und begann, unruhig auf und ab zu gehen. Dann erklärte sie zu seiner Überraschung: »Ich habe auch schon daran gedacht.« Sie fand, er sah verletzt aus, als billige er ihr keinen Realitätssinn zu. Baby Byron! »Ich bin weder blind noch taub!«
    fügte sie schärfer, als es ihre Absicht gewesen war, hinzu. Er dachte daran, daß Mrs. George Lamb, Carolines Schwägerin, Augusta bei ihrem letzten Londoner Besuch offen geschnitten hatte. Doch Augusta meinte offensichtlich etwas anderes.
    »Letzte Woche«, sagte sie schließlich, »schrieb mir meine Schwester Mary.« Lady Chichester, erinnerte er sich. »Sie fing mit unserem gemeinsamen Evangelienunterricht bei der Großmutter an und schloß damit, sie könne nicht mehr mit mir verkehren, wenn sich ihr Sohn in Harrow um die Ehre seiner Tante prügeln müßte.«
    »Harrow!« entfuhr es ihm entsetzt. Es konnte doch unmöglich schon Schulgeschwätz sein! Augusta lachte unfroh »Mary war schon immer für präzise Ortsangaben. Und für den Fall, daß mir der Verlust ihrer Freundschaft nicht genügt«, ihre Hände begannen zu zittern, »für diesen Fall, gab sie als Postskriptum an, würde sie der Prinzessin empfehlen, meine Ernennung als Hofdame nicht zu erneuern.« Byron verspürte den dringenden Wunsch, Lady Chichester den Hals umzudrehen. Er wußte, was das für Augusta bedeutete.
    Ihre Schritte wurden immer nervöser. »Ich brauche diese Ernennung! Für viele ist es kaum mehr als ein Ehrenamt, ich weiß, aber nicht für mich. Für mich bedeutet es die einzige Möglichkeit, die ich habe, um etwas Geld zu verdienen, und sei es auch noch so wenig.« Sie bemerkte den Blick ihres Bruders und fuhr erregt fort: »Oh dear, sag jetzt nicht, du könntest mir noch einmal etwas leihen! Ich kann nicht über Jahre hinweg von dir Geld borgen, wenn Du selbst nicht genügend hast, um Newstead Abbey zu halten!«
    Sie verbat sich, im Moment an etwas anderes zu denken, und hielt ihre Augen ständig auf ihn gerichtet. Endlich seufzte er und sagte: »Und wenn ich heirate - was wird dann aus uns?«
    Augusta unterdrückte den Wunsch, zum ihm hinzulaufen und sich einfach festhalten zu lassen. »Wir bleiben, was wir sind«, sagte sie ruhig. »Bruder und Schwester. Aber nicht mehr. Ich fände es hinterhältig jeder Frau gegenüber, sie nur unter der Voraussetzung zu heiraten, um so leichter deine Schwester als Geliebte haben zu können.«
    Das war sehr direkt und doch notwendig. Ihre Stimme wurde weich, als sie weitersprach: »Glaubst du wirklich, daß das so wichtig ist? Wenn du jetzt weggehen würdest und ich dich nie mehr wiedersähe, ich würde trotzdem nicht aufhören, dich zu lieben. Und wenn ich nun vom Tag deiner Hochzeit an nichts als deine Schwester für dich sein werde, denkst du, das ändert irgend etwas Wesentliches zwischen uns?« Sie trat näher und berührte sachte mit ihren Fingerspitzen seine Hand.
    »Bitte, glaub nicht, ich wäre besonders edel und opfere mich für meine Kinder auf. Ich bin bloß feige - ich fürchte mich einfach entsetzlich vor der Vorstellung, was uns alle erwartet, wenn wir nicht irgend etwas tun.« Er sagte leise: »Ich fürchte mich auch.
     
    Wenn ich nicht ein solcher Feigling wäre, würde ich einfach allein aus England verschwinden, und alle Probleme wären gelöst. Aber ich könnte es nicht ertragen, dich nie mehr wiederzusehen.« Er zog sie an sich und spürte, wie ihr ganzer Körper von unterdrücktem Widerstand gegen die Wirklichkeit bebte.
    Auf einmal fragte sie: »Wen willst du eigentlich heiraten?« Er schüttelte verblüfft den Kopf. »Ich weiß es noch nicht.« Augusta tat ihr Möglichstes, aber ein hysterischer Lachanfall machte sich Luft und schüttelte sie so lange, bis sie kaum mehr atmen konnte. »Sind… sind wir nicht großartig, Georgy? Reden die ganze Zeit über Heirat und sind kurz davor, vor Entsagung zusammenzubrechen, und… und kennen noch nicht einmal die Braut!«
     
    Nun, da eine Ehe beschlossen war, fühlten sich beide merkwürdig erleichtert. »Es ist gut, wenn man weiß, daß etwas unvermeidlich ist«, sagte Augusta einmal, »dann kann man aufhören, sich darüber Sorgen zu machen, bis es tatsächlich

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