Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
Lachen zu geben. Für die da draußen jedenfalls. Vielleicht hieß es, dass es auch für ihn etwas zu Lachen gab. Irgendwann.
    Bis zum Abendessen würden noch ein paar Stunden vergehen.
    Er überlegte, ob er, sobald er hier fertig war, wohl den Mumm haben würde, mit den Kindern draußen zu spielen.
    »Robert?«
    Mrs. Strawn stand im Türrahmen. Sie hatte graue Strähnen im Haar und trug eine dicke, schwarz geränderte Brille. Ihre Hüften und ihr Bauch waren zu füllig für den engen Rock, den sie trug, aber sein erster Eindruck von ihr war gewesen, dass Mrs. Strawn in Ordnung und ziemlich nett war.
    »Du hast Besuch«, sagte sie. »Wasch dir die Hände, du kannst später weitermachen.«
    Er tat, was sie ihm sagte, und folgte ihr durch die Halle in den Aufenthaltsraum.
    Als sie eintraten, saß er mit dem Rücken zu ihnen in einem Sessel, so dass Robert nur seinen Hinterkopf und die Schultern sehen konnte, aber er erkannte ihn sofort, noch bevor er sich umdrehte, und als er sich umdrehte, lächelte sein Vater.
    Das war nicht gut. Robert spürte, wie Panik in ihm aufstieg. Warum lächelte er nur?
    Wusste er denn nicht Bescheid?
    Sein Vater stand auf.
    »Hi, Robert«, sagte er.
    »Hi.« Mehr als dieses eine Wörtchen brachte er nicht heraus.
    »Es tut mir leid, Mr. Danse«, sagte Mrs. Strawn. »Aber wie Sie wissen, muss ich bei Ihnen bleiben.«
    »Ich verstehe. Das macht gar nichts. Ich wollte nur mal kurz reinschauen und Hallo sagen und sehen, was Robert so treibt.« Sein Lächeln wurde noch breiter. »Sie haben hier wirklich ein nettes, ruhiges Plätzchen, Mrs. Strawn. Man kann gar nicht glauben, dass hier … wie viele Jungen wohnen?«
    »Einundzwanzig. Momentan sind nur drei Betten nicht belegt.«
    »Na, dann müssen Sie ja ein strenges Regiment führen«, meinte er. »Sehr beeindruckend.«
    Sie lächelte. »Wir tun unser Bestes. Vielen Dank.«
    Er wandte sich Robert zu. »Und, wie gefällt’s dir hier so, mein Sohn? Weiß Gott, das ist natürlich eine … Riesenumstellung für dich. Mir ist klar, dass es nicht gerade einfach für dich ist, aber da kann man nichts machen.«
    »Mir … geht’s gut.«
    »Wirklich?«
    Robert nickte. Warum fragte er ihn all die Sachen?
    Interessierte ihn das wirklich?
    Was machte er überhaupt hier – wusste er es nicht?
    »Kann ich irgendwas für dich tun?«
    »Nein. Ich meine, nein, danke.«
    »Soll ich dir irgendwas vorbeibringen? Deinen Gameboy zum Beispiel?«
    Er nickte abermals. Ihm fiel auf, dass sein Vater mit dem Zeigefinger an seinem Daumen herumkratzte. Davon abgesehen wirkte er vollkommen ruhig, als wäre alles in Butter. Das war doch verrückt. Als würde ihm so etwas jeden Tag passieren, als würde er seinen Sohn jeden Tag im Heim besuchen.
    »Tja, wenn du irgendwas brauchst, weißt du ja, wie du mich erreichen kannst. Er darf doch telefonieren, Mrs. Strawn?«
    »Ich fürchte nein, Mr. Danse. Die Telefonrechnung würde uns ruinieren. Aber Sie können Robert hier anrufen. Aber aufgrund der einstweiligen Verfügung …« Die Situation schien ihr peinlich zu sein. »Wegen der einstweiligen Verfügung muss ich am Nebenanschluss mithören. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis.«
    Den letzten Teil schien er absichtlich überhört zu haben.
    »Sicher, ich verstehe, einundzwanzig Kinder – die würden ja sonst ohne Ende telefonieren«, sagte er nur. »Gut, dann rufe ich an. Gibt’s da irgendeine bestimmte Tageszeit?«
    »Bitte nicht vor neun. Und nicht nach neun Uhr abends.«
    »Gut. Kein Problem … oh, Mist !«
    Er hielt seinen Daumen hoch, drehte ihn um und bedeckte ihn mit der anderen Hand. Blut quoll daraus hervor und lief schnell an seinem Handgelenk hinab.
    »Oh mein Gott.«
    »Könnten Sie …? Wo bitte ist der Waschraum, Mrs. Strawn? Es tut mir leid … ich hab mich heute Morgen geschnitten, als ich eine neue Rasierklinge einlegen wollte, aber ich dachte …«
    Sie deutete nach draußen. »Die erste Tür links.«
    »Könnten Sie mir irgendetwas … vielleicht Papiertücher … besorgen? Und haben Sie hier irgendwo einen Erste-Hilfe-Koffer oder so was?«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Sie eilte durch den Korridor zur Küche. Sein Vater machte einen Schritt in Richtung Waschraum, blieb dann stehen und drehte sich um, zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und wickelte es um seinen Finger. Er kam auf ihn zu und packte mit der freien Hand nach Roberts Arm, quetschte seine Muskeln, und der liebenswürdige, entspannte Ausdruck auf seinem Gesicht verwandelte

Weitere Kostenlose Bücher