Wahr
mir, es erscheint ihm wie eine vorübergehende Störung. Mein Stöhnen hallt in seinen Ohren nach und lässt ihn erschaudern, vor Lust, aber auch vor Schrecken. Er schmiegt sich noch näher an Elsa. Er setzt meinen Körper zusammen, meine Brüste, die klein sind, meinen Bauch, der vielleicht zu blass ist, mein Lächeln, das jetzt, in seiner Erinnerung, zu verführerisch und anmaßend ist. Das Mädchen quengelt, weil Elsa so lange weg war, will nicht ruhig liegen bleiben. Als es schließlich eingeschlafen ist, zieht er seine Frau ins Schlafzimmer, und sie tun, wozu ihre Energie, ihre Zärtlichkeit reicht.
Als sie ruhig nebeneinanderliegen, fragt Elsa: »Wie ist es dieses Mal gegangen?«
»Gut«, antwortet er, seine Stimme klingt erschöpft.
»Und Eeva? Kommt ihr miteinander aus, ist sie eine Hilfe?«
»Ja. Eeva ist eine große Hilfe. Sie ist eine tüchtige junge Frau.«
Elsa schläft ein. Er liegt wach und beschließt, die Sache zu beenden.
Er ruft an. Die ganze Nacht hat er nicht schlafen können vor Gewissensbissen, die Entscheidung fiel unausweichlich.
»Das muss aufhören«, sagt er ohne Umschweife.
Ich sage nichts.
»Also – hören wir auf, abgemacht?«
»Abgemacht«, antworte ich.
»Und wenn du das nächste Mal kommst, verhalten wir uns, als wäre nie etwas gewesen. Ist das klar?«
»Ja«, sage ich.
Er legt auf. Er nimmt sich vor, mich bei meinem nächsten Besuch – sofern es einen geben wird, er kann jederzeit unter einem Vorwand ein neues Mädchen einstellen – wie Hilma zu behandeln. Angemessen, freundlich, aber ohne Zärtlichkeit.
In der nächsten Woche klingelt er unten an der Haustür. Ich sitze in der Wohnung und fühle mich krank, bin den ganzen Vormittag drinnen geblieben, habe Tee getrunken und zu lernen versucht, bin gelangweilt, trage alte Wollsocken von meiner Mutter. Die Sonne scheint hell, eines ihrer letzten Gastspiele in diesem Herbst.
Ich öffne die Wohnungstür, bin nicht überrascht, ihn unten im Flur zu sehen. Er kommt die Treppe herauf. Es gibt kein Zurück mehr, keine Möglichkeit der Umkehr. Er hat Besucherrequisiten dabei, Mitbringsel: Zimtschnecken in einer braunen Papiertüte, er weiß, dass ich sie mag. Sein Geruch ist vertraut, herb und mild zugleich.
»Willst du neue Regeln aufstellen?«, begrüße ich ihn.
»Ich suche eine gewisse Frau«, sagt er. »Sie stammt von den Wiesen im Norden des Landes.«
»Hier wohnen nur Frauen von Welt.«
»Was für eine Welt denn?«
»Eine Traumwelt.«
»Ich glaube nicht, dass es eine reine Traumwelt ist«, erwidert er. »Die Frau, die ich suche, ist so zärtlich, dass es sehr real auf der Haut brennt.«
»Ach, die meinst du. Die ist in eine andere Stadt gegangen und hat mir beim Packen noch das eine oder andere erzählt.«
»Was hat sie dir erzählt?«
»Dass sie möglicherweise verliebt ist.«
»So? Wo ist das Problem?«, fragt er.
»Er will die Sache beenden, bevor sie überhaupt angefangen hat.«
»Wie dumm von ihm«, sagt er. »So ein Mann sollte sich im Wald verlaufen.«
»Und der Wolf sollte ihm ein Bein abbeißen.«
»Aber keine Hand.«
»Aber keine Hand«, wiederholt sie.
»Was glaubst du, wird die Frau tun, wenn sie zurückkommt?«, fragt er.
»Sie wird den Mann hereinbitten und Kaffee aufsetzen. Aber am Anfang wird sie sich mit ihm unterhalten, als wären sie Fremde.«
»Und dann?«
Meine Antwort ist so leicht, als würde ich von den Wolkenformationen am Himmel sprechen. »Das hängt ganz vom Mann ab.«
»Hat sie denn gar kein Mitspracherecht?«
»Natürlich. Aber sie ist der Überzeugung, dass niemand es sich leisten kann, die Liebe vorbeiziehen zu lassen. So reich kann niemand sein. Und deshalb macht sie ihm die Tür auf.«
Er kommt herein, übertritt die Schwelle, als sei sie gar nicht vorhanden. Ich löffle Kaffee in die Kanne, warte, bis die braune Flüssigkeit aufbrodelt, nehme die Kanne vom Herd. Wir teilen uns eine Zimtschnecke und trinken Kaffee, dessen Satz noch nicht abgesunken ist.Er macht Feuer im Kachelofen, fischt vorher einen halb verbrannten Brief an Kerttus Großtante aus der Asche. Die Anrede lautet meine Liebste . Wer wohl in diese mür rische Alte verliebt war, rätseln wir, während die Scheite im Ofen Feuer fangen. Ich schalte Kerttus Plattenspieler ein. In den Ecken ist es schummrig, die Wanduhr schlägt – eine Stunde ist um. Es fühlt sich ganz selbstverständlich an, als ich mich gegen ihn lehne.
Wenig später bitte ich ihn in mein Zimmer.
Die Uhr schlägt vier, die
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