Wahre Liebe lässt frei! - wie Frau und Mann zu sich selbst und zueinander finden
zu leben.
Die Liebe des Herzens
»Die Liebe des Herzens ist nicht die Liebe des Gemüts.
Die Liebe des Gemüts dient der Liebe des Herzens,
aber sie ist es nicht. Die Liebe des Gemüts ist Klebstoff; sie sagt:
›Du allein bist mein Glück; deshalb will ich dich an mich binden.‹
Sie sagt: ›Ich allein bin der Richtige für dich; deshalb will ich dich glücklich machen und kein anderer.‹
Diese Liebe ist weder ein Fehler noch ein Irrtum;
an ihr ist nichts Schlechtes und nichts Falsches.
Sie dient dazu, der Liebe des Herzens die Bahn zu bereiten.
Wer sie als Irrtum und Hindernis verwirft,
der missachtet ihren Daseinszweck und zieht ihre Rache auf sich.
Während er sich vor ihr durch seine Verachtung sicher wähnt,
wird ihr Pfeil ihn an der empfindlichsten Stelle treffen.
Sicher vor der Verwundung durch die Liebe des Gemüts ist nur der,
der sich sehenden Auges hineinbegibt;
der das Feuer der Leidenschaft nicht fürchtet, wenn er ›Ich liebe dich‹ haucht,
noch die Fessel der Bindung oder die Geißel der Eifersucht.
Wer die Liebe des Gemüts, wenn sie ihn trifft, annimmt
und mit der Liebe seines Herzens berührt, der findet das Herz des Geliebten .
Die Liebe des Herzens sagt: ›Was immer du bist, ich nehme es auf in mein Sein;
was immer du fühlst, ich will es verstehen;
was immer du wünschst und ersehnst, ich achte es;
was immer dich berührt, berührt auch mich;
wohin auch immer du wachsen willst,
ich nähre dich, wie ich kann.‹
Die Liebe des Herzens umfängt die Liebe des Gemüts wie die Auster das Sandkorn;
ihr Schmerz ist ein ständiger Dorn in ihrem weichen Fleisch;
sie nimmt ihn willig auf sich. Durch ihr widerstandsloses Umfangen verwandelt sie die
›kleine Liebe‹, die Liebe des Gemüts, in einen kostbaren Schatz,
so wie die Auster das Sandkorn in eine Perle verwandelt.
Das Kostbare an diesem Schatz ist seine Schönheit; eine Schönheit,
die nur dem offenbar wird, der die Schale seines Herzens öffnet und das,
was so viel Schmerz verursachte, ans Tageslicht befördert.«
Safi Nidiaye 9
Kapitel 7
Befreiung von Vater und Mutter der Kindheit
Um die vielen Schwierigkeiten besser zu verstehen, denen Männer und Frauen in ihren Beziehungen begegnen, muss man sich die inneren Beziehungen zu den Müttern und Vätern der Kindheit sehr genau anschauen. Diese – den meisten nicht bewusste – Beziehung ist auch beim Fünfzigjährigen oder Achtzigjährigen von Unfreiheit und Abhängigkeit gekennzeichnet und beeinflusst und verzerrt die Beziehung zum Partner massiv, wenn sie nicht auf sehr bewusste Weise gelöst wurde. Die Zeit allein löst hier gar nichts, ebenso wenig wie die Zeit Wunden heilt, auch wenn das viele immer noch glauben.
Wir dürfen uns vorstellen, dass alle Ereignisse unserer Kindheit, ja sogar die neun Monate der Schwangerschaft, vollständig – mit allen Körperempfindungen, Gefühlen und Gedanken – in uns aufgezeichnet sind und täglich auf unser Leben einwirken. Alle Kinder – völlig unabhängig von der Qualität des Elternhauses – müssen sich innerlich mit Mutter und Vater verstricken. Selbst wenn der Vater gar nicht da oder häufig abwesend war, existiert diese Verstrickung, die zum Beispiel dadurch geprägt ist, dass sich das kleine Kind in uns nach dem abwesenden Vater sehnt. Verstrickung bedeutet also nicht, dass hier etwas schiefgelaufen ist in der Kindheit.
Ich habe im zweiten Kapitel erwähnt, dass das kleine Kind alles tut, um die Aufmerksamkeit und Zuwendung der Eltern zu erhalten, weil es weiß, dass es diese Energie zum seelischen Wachstum unbedingt braucht – mindestens so sehr wie physische Nahrung. Hierfür bezahlt das Kind jedoch
mit seiner eigenen Authentizität. Das heißt, es nimmt im Zusammensein viele seiner ursprünglichen Impulse und Herzwünsche zurück, weil es weiß, dass es damit von Mutter oder Vater zurückgewiesen und abgelehnt wird. So muss es oft sowohl seine Wildheit und Lebendigkeit, seinen unbändigen Spieldrang, seine Träumerei und Neugier unterdrücken als auch viele Emotionen wie Angst, Wut, Zorn, Trauer, Gier nach innen verdrängen, anstatt sie auszudrücken und ihnen freien Lauf zu lassen. Ein dreijähriges Kind weiß bereits sehr genau, was es seinen Eltern zumuten kann und wo es auf Ablehnung stößt.
Das von den Eltern oder einem Elternteil völlig abhängige Kind wird in seiner gesamten Kindheit und Jugend mit Wünschen, Forderungen und Erwartungen seiner Eltern konfrontiert, mit Geboten und
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