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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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und lotste ihn durch einen Korridor und zwei riesige Wohnzimmer auf eine Terrasse, er hörte das Gelächter. Sie gingen zwei Stufen hinunter und gesellten sich zu einer Menschenmenge neben einem blassgrünen Meerwasserschwimmbecken, gleich viele Männer und Frauen, Kostüme, Anzüge, keine Krawatten.
    An der Seite befanden sich eine Bar, ein Barkeeper, Bier- und Weinflaschen in Fässern mit Eis, ein Grill von der Größe einer Sicherheitstür. Dahinter standen zwei lange Tapeziertische.
    Vicky Hendry kümmerte sich auch um andere Gäste, doch Villani hatte das Gefühl, ihr zentraler Anlaufpunkt zu sein. Sie sorgte dafür, dass er nie allein war. Sie schien ihn amüsant
zu finden, fragte ihn direkt nach seiner Meinung, blinzelte langsam, stand dicht neben ihm, nur wenige Fingerbreit trennten sie davon, provokant vertraulich zu sein. Seine Unsicherheit legte sich.
    Menschen schlenderten vorbei, stellten sich vor, alle hatten irgendwie mit Hendrys Unternehmen zu tun, viele von ihnen mit dem AirLine-Projekt. Sie wussten, wer Villani war, eine neue Erfahrung für ihn, die ihm nicht missfiel.
    »Alice, ich möchte Ihnen Stephen Villani vorstellen.«
    Sie war jenseits der sechzig, übergewichtig, rote Haare, gefärbt.
    »Alice nennt sich Max’ Sekretärin«, sagte Vicky. »Sie kennen sich seit fündunddreißig Jahren. Ich musste von Alice genehmigt werden.«
    »Berechnendes Miststück, lautete meine Urteil«, sagte Alice. »Aber er wollte nicht auf mich hören.«
    »Und weil er nicht auf Sie gehört hat, muss er jetzt sein Leben lang Tag für Tag büßen«, sagte Villani.
    Die Frauen lachten, und Vicky stieß ihm ihre Faust gegen die Brust, ein spielerischer Hieb, er spürte ihre Knöchel, sie ließ die Faust eine halbe Sekunde zu lange dort, und er wusste, dass sie flirtete. Alice wusste es, Vicky wusste es.
    »Wo ist er?«
    »Hoffentlich auf dem Rückweg aus Canberra«, sagte Vicky. »Wo er mit der Bundesregierung Gespräche über AirLine geführt hat.«
    Die Zeit verging, Gelächter, spanische Musik, so entspannt hatte er sich seit Ewigkeiten nicht mehr gefühlt. Er trank Bier, sie schlenderten zu einem Tapeziertisch, Platten mit Kebabs wurden gebracht, Schüsseln mit Salat, Flaschen mit Rot- und Weißwein. Um ihn herum wurde über Politik geredet, alle Seiten waren vertreten, über die schrumpfende Wirtschaft, die endlosen Buschfeuer, über Filme, Ferien, aktuelle Ereignisse, darüber, wie schlecht die Medien seien.

    Auf ein Zeichen hin ließ Vicky ihn stehen und tauchte mit Max Hendry wieder auf, ohne Jackett und Schlips, weißes Hemd mit hochgerollten Ärmeln. Er hatte einen großen Arm um seine Frau gelegt.
    Rufe.
    Wird auch verdammt Zeit, Kerl.
    Security, hier ist ein Eindringling.
    Zeig uns die Knete, Maxie.
    Hendry hielt die Hände hoch.
    »Ihr verfluchten Nassauer«, sagte er.
    Beifall.
    »Ihr wisst also, wo ich heute war«, sagte er. »Hab mit den Dreckskerlen geredet, sechs Stunden lang. Bin noch nie im Leben so vielen dummen Menschen begegnet. Aber vermutlich haben wir es ihnen endlich in ihre dicken Schädel eingebläut, dass jede Alternative, die unsere Straßen von Verkehr entlastet, Teil der nationalen Infrastruktur ist.«
    Jubel, Klatschen.
    »Das ist zwar nur ein kleiner Schritt für die Deppen, aber ein Riesenschritt für die Menschheit. Was unser Anliegen ist.«
    Mehr Jubelrufe, Pfiffe. Max verschränkte die Hände wie ein siegreicher Boxer und sagte: »Steckt eure Rüssel wieder in den Trog, ihr Tiere.«
    Vicky nahm neben Villani Platz. Sie sahen zu, wie Max auf Schultern klopfte, Wangen küsste, Hände schüttelte, ein geliebter, soeben aus dem Exil zurückgekehrter Herrscher.
    »Sie mögen ihn«, sagte Villani.
    Sie schwieg. Max kam zu ihnen, schüttelte Villanis Hand.
    »Danke, dass Sie hier sind, Mann«, sagte er. »Mein geliebtes Weib kümmert sich um Sie?«
    Ein Kellner bot Essen an, Max sagte, er habe bereits gegessen. Der Barkeeper kam mit eiskalten Coopers, öffnete zwei.
    Max trank das Bier aus der Flasche. Er ließ die Welt wieder
in den Zustand vor seinem Eintreffen zurückkehren, erzählte Geschichten über Treffen mit dem Premierminister, dem Schatzkanzler, dem Verkehrsminister.
    Er stellte Villani Fragen, Villani hatte das Gefühl, dass Max die Antworten bereits kannte, alles über ihn wusste.
    Die Dunkelheit kroch über das Anwesen, die Gäste wurden weniger, alle bedankten sich, scherzten mit den Hendrys. Villani machte Anstalten aufzubrechen. Max legte die Hand auf seine

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