Wahrheit (Krimipreis 2012)
versuchte, lief er furchtbar, nach etwa einem Jahr gab man ihn auf. Er hat nur vier Nachkommen.«
»Alles Nieten?«
»Hatten schon früh Pech, wurden schlecht behandelt, so sehe ich das.«
»Wie viel?«
»Billig. Billig. ’n Appel und ’n Ei.«
Tripoli Girl stupste Bob an, bewegte den seidigen Kopf hin und her. Bob drehte sich um, wahrte Distanz, streckte eine leere Hand aus. Das Pferd schnupperte daran, sah ihn an. Er bot die andere Hand an, öffnete sie langsam, Tripoli schnupperte, fand etwas darin.
Sie gingen ins Haus zurück, ihre Schuhe wirbelten das trockene gemähte Gras auf. Bob holte zwei Bier, ein Victoria Bitter und ein Crown. Er gab Villani das Crown. Es war teurer als das VB.
»Hat gesagt, er wäre gegen halb vier hier«, sagte Bob.
Sie setzten sich auf die schattige Seite des Hauses. Nach einer Weile sagte Villani: »Warum hat Gordon Angst vor mir?«
Bob wischte sich Bier von der Oberlippe. »Tja, du weißt schon. Leute.«
»Wie bitte?«
Bob betrachtete die Landschaft, runzelte die Stirn. »Du hast so ein Auftreten.«
»Was heißt das?«
»Herrisch.«
»Seit wann?«
»Von Kindesbeinen an. Ist nur ausgeprägter geworden.«
Villani konnte nicht glauben, dass er schon immer Leute herumkommandiert hatte. »Hat mir noch keiner gesagt.«
»Das wär, als würde man einem Typ sagen, er hätte rote Haare.«
»Wo könnte ich mein herrisches Auftreten wohl herhaben ?«, sagte Villani.
»Sieh mich nicht an.«
Sie saßen da und tranken, Bob sah alle paar Minuten auf seine Uhr. Als sie das Auto hörten, sprang Bob auf und war weg. Villani trank sein Bier und sah zu den Hügeln hinüber, eine sanft gewellte Reihe nach der anderen, die jetzt langsam grau wurden, im Vordergrund dunkler. Er stellte seine Flasche auf den Tisch und stand auf.
Luke stieg aus einem schwarzen Audi, umarmte seinen Vater, küsste ihn auf die Wange. Eine Frau stieg aus, groß, hinten zusammengebundene, dunkle Haare. Luke sah Villani.
»Steve. Lange nicht gesehen, Mann.« Er war braun gebrannt, hatte abgenommen, sein weißes Hemd nicht in die Hose gesteckt.
Villani kam von der Veranda herunter. Sie gaben sich die Hand.
»Das ist Charis, sie arbeitet bei mir«, sagte Luke. »Charis, das ist mein Dad, der beste Bursche auf dem Planeten, mein Bruder Steve, der ist ein Thema für sich.«
»Hi.« Charis lächelte unsicher, streckte die Hand aus.
Sie war jung, eigentlich noch ein Mädchen.
»Du hast nicht gesagt, dass Steve kommt«, sagte Luke zu seinem Vater.
»Ich wusste es nicht. Zeit für ’n Bier.«
Sie setzten sich auf die Veranda. Bob holte Bier, Gläser. Luke und die Frau tranken Crown aus der Flasche. Luke war Ansager beim Pferderennen, hatte nie etwas anderes werden wollen. Er redete die ganze Zeit, stellte Fragen, hörte die
Antworten nicht, gab selbst Antworten. Die Frau kicherte bei allem, was er sagte.
»Charis ist die Wetterfee bei T-WIN«, sagte er. »Nur ein Anfang, sie kommt noch mal groß raus.«
Charis lächelte, zeigte alle Vorderzähne, ein typisches Kameralächeln.
»Oh, Luke«, sagte sie.
»Wie geht’s Kathy?«, fragte Villani. »Den Kindern?« Es gab zwei. Die Namen fielen ihm nicht ein.
»Gut, prima.« Luke sah Villani nicht in die Augen. »Und deinen?«
»Dito, klar.«
Ein Hüsteln. Gordon McArthur, der Nachbarssohn, ging auf die dreißig zu, das Gesicht eines dicken Zwölfjährigen, kariertes Hemd unter einem sauberen Overall.
»Gordie, mein Freund.« Luke ging zu ihm, klatschte ihm auf die Wangen, fest, beidhändig. »Wie geht’s dir, Großer?«
»Gut, Luke, gut.« Gordies Augen glänzten.
»Charis, ich möchte dir Gordie vorstellen. Hast du Charis das Wetter ansagen hören, Gordie?«
»Hab sie gesehen«, sagte Gordie. Er sah Charis nicht direkt an, und sie sah ihn nicht direkt an.
Villanis Handy klingelte. Er ging zum anderen Ende der Veranda.
»Hab’s schon ein paarmal probiert, Chef«, sagte Dove.
»Mal geht’s, mal nicht«, sagte Villani. »Was ist?«
»Zweierlei. Erstens, wir haben einen Humber SV, der gegen einundzwanzig Uhr vierzig in der Nacht des sechzehnten Dezember auf dem Hume Highway hundertdreißig gefahren ist. Fahrer ist ein Loran Alibani, wohnhaft in Marrickville, Sydney, Fahrzeug ist auf seinen Namen zugelassen.«
»Das ist gut. Vorstrafen?«
»Wir warten drauf. Zweitens, Prosilio behauptet jetzt, von Donnerstag, sechzehn Uhr dreiundzwanzig, bis Freitag, acht
Uhr fünfundfünfzig, keinerlei Videoaufzeichnungen aus Aufzügen, Tiefgaragen und
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