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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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braucht eventuell moralische Unterstützung«, sagte Villani.
    »Genau. Gib ihm ’nen Arschtritt.« »Kennst du einen Danny Loneregan? Aus Vietnam?«
    Er glaubte, Vögel singen zu hören.
    »Wer will das wissen?«
    »Sein Sohn. Er ist Cop. Bat mich, dich zu fragen.«
    »Was will er wissen?«
    »Nur was über ihn. Er hat ihn nie kennengelernt.«
    »Sag ihm, sein Dad war ein prima Kerl. Der Mumm hatte. Und jedem, der es sehen wollte, ein Foto von seinem Jungen gezeigt hat.«
    »Das mach ich.«
    Ein Huster. »Sprich mit Mark, ja?«
    Es vergingen vierzig Minuten, ehe der Van die Straße runterkam. Zwei Männer in Overalls stiegen aus. Villani überquerte die Straße.
    »Das Tor, Gus«, sagte er. »Dann eventuell die Haustür.«
    »Ist das ein rechtmäßiges Eindringen?«
    »Ich bin Gesetzeshüter, ja«, sagte Villani.
    Der zweite Mann durchtrennte die Kette mit einem Bolzenschneider, ein hartes Klicken. Dove stieß einen Torflügel auf, und sie traten ein.
    Das Haus war klein, stand mit seiner hässlich-gelben Ziegelverblendung in der Mitte des Blocks. Teilweise wurde es von Eukalypten verdeckt, schmächtigen zergliederten Dingern, das Resultat eines fehlgeleiteten arborealen Drangs. Zur Linken beschattete die hohe Mauer eines Herstellers von Blechplatten die Einfahrt. Auf der anderen Seite, jenseits des hohen Zauns, sah man die schmutzigen Fenster eines Backsteingebäudes undefinierbarer Funktion.
    Sie gingen die betonierte Einfahrt hinunter, vorbei an einem durch ein metallenes Sicherheitsrollo geschützten Fenster.
Über eine Treppe betrat Villani eine Backsteinveranda. Zwei neue Vorhängeschlösser sicherten die stählerne Haustür. Man hatte versucht, sie aufzustemmen.
    »Haben Sie Ersatz?«, fragte Villani.
    »Ist der Papst katholisch?«, sagte der zweite Mann. Es waren Zivilisten, sie kannten keinen Respekt.
    Die beiden rollten ein Wägelchen mit einer Gasflasche herbei und durchtrennten die Schlösser binnen Minuten. »Baumarktscheiße«, sagte Gus. Er ging zum Van und kam mit drei neuen Schlössern und einem Stück Kette zurück. »Verdammte Verschwendung von Qualitätsprodukten«, sagte er.
    Sie fuhren weg.
    »Noch mal kurz herumschnüffeln, ehe wir reingehen«, sagte Villani.
    Er schickte Dove nach links, verließ die Veranda und ging nach rechts, an dem anderen verrammelten Fenster vorbei. Am Haus entlang hatte es einmal ein Blumenbeet gegeben, ein diagonal von Backsteinen begrenzter Streifen Erde. Jetzt wuchsen darauf nur noch Plastiktüten, Zigarettenpackungen, Bierflaschen, Mixgetränkedosen, Hähnchenknochen, nicht identifizierbare Kleidungsfetzen, eine Strumpfhose aus Nylon, ein Jeansrock, ein Körbchen eines BHs, der Stoff abgerissen, sodass ein grauer Kegel aus Schaumgummi zum Vorschein kam.
    In der Gasse zwischen Haus und Zaun sah es ähnlich aus, ergänzt durch bleiche Kondome und mit billardtuchgrünem Moos überzogene Scheißhaufen. Zwei Fenster waren mit nicht zu den anderen passenden Backsteinen zugemauert worden.
    In dem kleinen Hinterhof gab es den gleichen Müll und noch viel mehr. Die Karosserien von drei ausgeschlachteten Autos bluteten Rost in den Beton. Ihre nicht benötigten Innereien lagen in Ölflecken.
    »Recycling«, sagte Dove. »Feine Sache. Es gibt Strom, der Wasserzähler läuft.«

    Die Hintertür war aus Stahl, nackt, innen durch Bolzen gesichert. Intensive Bemühungen, sie zu öffnen, waren gescheitert. Die Fenster waren hoch oben und klein, kaputt, aber nur von Katzen erreichbar.
    Sie gingen zurück. Villani öffnete die stählerne Vordertür. Dahinter lag noch eine Tür, aus abblätterndem Sperrholz. Er öffnete sie, ging als Erster hindurch, wie es sein gutes Recht und seine Pflicht war.
    Er stand in einem Flur: schale Luft und Ausdünstungen, wie sie billige Teppichböden und der Schaumstoff darunter abgaben. Und etwas roch süß- und säuerlich, wie der Schweiß in alter Intimwäsche.
    Das Licht funktionierte nicht.
    Ein halbdunkles Wohnzimmer. Dove kurbelte das Metallrollo hoch. Es ächzte, hatte lange Ruhe gehabt. Sechzigerjahre-Möbel, gläserner Couchtisch, nierenförmig.
    »Koks«, sagte Dove und wies darauf.
    Villani schaute hin, sah die Spuren, ging schnüffelnd umher, durch den Gang ins Bad. Nichts an den Handtuchstangen, nichts in dem Schränkchen über dem Waschbecken.
    »Nehmen Sie sich diesen Raum vor«, sagte er zu Dove. »Nichts berühren.«
    In dem ersten Schlafzimmer stand ein nicht bezogenes Einzelbett. Er öffnete einen Schrank, indem er an der unteren

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