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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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durfte. Ich hatte es nur überflogen, weil ich dachte, es hätte mit diesem Fall nichts zu tun. Meine Augen bleiben an dem Namen des Opfers hängen: Victor Vasquez.
    Sechs Monate bevor Andrew mit seiner Tochter floh und drei Monate vor seiner Scheidung hat er den Mann zusammengeschlagen, der später seine Exfrau geheiratet hat.
    Was tatsächlich auf das Motiv verweisen könnte ... nämlich Rache, wenn deine Frau schon einen anderen im Bett hat, noch ehe du zur Tür raus bist.
    Der Richter sammelt die Papiere auf seinem Schreiblisch zusammen und legt sie zurück in die Aktenmappe. »Antrag stattgegeben«, sagt er. »Sonst noch was, Ms. Wasserstein?«
    Emma nickt. »Euer Ehren, ich glaube, uns allen ist klar, daß Mr. Talcott nicht offiziell bekannt gegeben hat, daß er seine Verteidigung auf einen entschuldigenden Notstand aufbauen will. Das weckt in mir den Verdacht, daß er es im Prozeß auf eine Verleumdung von Elise Vasquez anlegt.«
    Genau das ist meine Absicht.
    »Ich hoffe inständig, und das möchte ich hier zu Protokoll geben, daß Mrs. Vasquez nicht Opfer einer Hetzkampagne wird, nur weil mein werter Kollege nichts zur Entlastung seines Mandanten in der Hand hat.«
    Der Richter fixiert mich eindringlich. »Mr. Talcott, ich weiß nicht, ob Rufmord in den Gerichtssälen von New Hampshire zulässig ist, aber hier in Arizona auf jeden Fall nicht, das garantiere ich Ihnen.«
    »Richtiger Mord dagegen schon«, murmele ich leise vor mich hin.
    »Was haben Sie gesagt?« fragt der Richter.
    »Nichts, Euer Ehren.« Andrew hat eine Entführung begangen, daran gibt es nichts zu deuteln, aber es muß eine Lösung geben. So funktioniert die Strafverteidigung: Als Anwalt plädierst du auf nicht schuldig, obwohl du in Wirklichkeit »schuldig, aber mit gutem Grund« meinst. Dann sprichst du mit deinem Mandanten, und er erzählt dir Sachen aus seinem traurigen Leben, mit denen du dann bei den Geschworenen auf die Tränendrüse drückst. Vorausgesetzt, die Sachen aus dem traurigen Leben deines Mandanten machen dir nicht immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Ich muß daran denken, was Delias damalige Lehrerin von Andrews Drohung erzählt hat, mit seiner Tochter zu verschwinden; an Emmas blasierte Miene, als sie mir den Schriftsatz von Andrews alter Anklage wegen Körperverletzung überreichte. Was hat er mir sonst noch alles verschwiegen, das mir meine Verteidigungsstrategie kaputtmachen könnte?
    »Sie haben dreißig Tage, um ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern, Mr. Talcott«, sagt Richter Noble. »Warum sind Sie dann noch hier?«
    Als Andrew unseren Besprechungsraum in der Haftanstalt betritt, blicke ich auf. »Laß uns eines mit auf die Liste der Dinge setzen, die du deinem Anwalt gegenüber erwähnen solltest, der tut, was er kann, damit du freigesprochen wirst: daß an der Schlägerei, die dir damals die Vorstrafe eingebracht hat, zufällig der zukünftige Mann deiner Ehefrau beteiligt war.«
    Er blickt überrascht auf. »Ich dachte, du wüßtest das. Das stand doch in der Akte bei der Anklageeröffnung.«
    »Würdest du mich bitte über die ganze Geschichte aufklären?«
    Er starrt mich einen langen Augenblick an. »Ich habe ihn gesehen«, gesteht er mit brüchiger Stimme. »Ich habe gesehen, wie er sie angefaßt hat.«
    »Elise?«
    Andrew nickt, ganz langsam.
    »Wie bist du dahintergekommen, daß zwischen den beiden etwas lief?«
    »Delia hatte für mich ein Bild gemalt. Ich wollte es in meinem Büro in der Apotheke aufhängen und dabei hab ich zufällig gesehen, daß auf der Rückseite etwas geschrieben stand. Ich hab das Blatt umgedreht ... es war ein Brief von Elise an jemanden namens Victor. Ich war noch mit ihr verheiratet. Ich liebte sie.« Er schluckt. »Als ich Delia gefragt hab, wo sie denn das Blatt Papier herhat, hat sie gesagt, aus der Schublade neben Mommys Bett. Und als ich sie fragte, ob sie einen Victor kennt, sagt sie, das wäre der Mann, der manchmal vorbeikommt, um mit Mommy ein Nicker-chen zu machen.«
    Andrew steht auf und geht zur Tür mit dem kleinen streifigen Fenster. »Sie war im Haus. Sie war doch noch so klein.« Er steht da, die Hände in den Hüften. Ich bin dann irgendwann früher von der Arbeit nach Hause gekommen, absichtlich, und hab sie zusammen erwischt.«
    »Und du hast ihn so übel zugerichtet, daß er genäht werden mußte«, sage ich. »Emma Wasserstein wird die ganze Geschichte ausbreiten, um zu erklären, warum du sechs Monate später deine Tochter gekidnappt hast. Sie

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