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Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sogar die Zweifel.
    Andrew betritt den Besprechungsraum für Häftlinge und ihre Anwälte. »Ich dachte, du hättest das Mandat niedergelegt.«
    »Das war gestern«, erwidere ich. »Hör mal, die Narbe an Delias Hals ... die stammt nicht von einem Rodelunfall, nicht?«
    »Nein. Von einem Skorpionstich.«
    »Ein Skorpion hat sie in den Hals gestochen?«
    »In die Hand, aber als Elise sie fand, war sie schon in ziemlich schlimmer Verfassung. Im Krankenhaus haben sie versucht, sie zu intubieren, aber das ging nicht. Da haben sie bei ihr einen Luftröhrenschnitt gemacht und sie drei Tage an ein Beatmungsgerät angeschlossen, bis sie wieder allein atmen konnte.«
    »Welches Krankenhaus war das?«
    »Scottsdale Baptist Hospital«, sagt Andrew.
    Wenn Delia 1976 wegen eines Skorpionstiches im Krankenhaus war, dann muß es darüber noch Unterlagen geben: schriftliche Beweise, daß dieses Kind unter der alleinigen Aufsicht der Mutter Schaden genommen hatte. Wenn das einmal passiert war, dann hätte es ohne weiteres wieder passieren können. Und das könnte für Geschworene durchaus ein nachvollziehbarer Grund sein, warum ein fürsorglicher Vater sein Kind nimmt und mit ihm untertaucht.
    Ich sammele meine Papiere zusammen und sage Andrew, ich käme bald wieder. Dann eile ich zu meinem Wagen auf dem Parkplatz hinter der Haftanstalt, drehe die Klimaanlage voll auf und rufe Delia von meinem Handy aus an. »Stell dir vor«, sage ich, als sie sich meldet, »ich glaube, ich weiß jetzt, warum du Angst vor Kriechtieren hast.«
    Das Scottsdale Baptist Hospital heißt jetzt Scottsdale Osborn. Eine Verwaltungsmitarbeiterin, die damals die Berichterstattung über den Entführungsfall aufmerksam verfolgt hatte, hat Delia gegen ein Autogramm die alte Krankenakte ausgehändigt. Wir sitzen zusammen in einem kleinen Raum im Archiv, umgeben von Wänden voller Akten. Delia öffnet die Akte, und der muffige Geruch der Vergangenheit steigt von dem dünnen Stoß Blätter auf. Ich beobachte sie, wie sie die Seiten überfliegt, und frage mich, ob sie
    merkt, daß sie dabei die kleine Delle unten an ihrem Hals betastet.
    »Lies du«, sagt sie gleich darauf und schiebt mir die Mappe hin.
    BETHANY MATTHEWS. Datum der Einliefe-rung: 24.11.76
    3 Jahre alt, weiblich, weiß, eingeliefert durch Mutter nach vermutlichem Skorpionstich in linke Hand eine Stunde vor Einlieferung. Patientin klagt über Schmerzen in linker Hand sowie Atembeschwerden, Übelkeit und Doppeltsehen. Die Mutter erklärt, P. habe zwischendurch mit den Armen »gezuckt« und mußte sich zweimal übergeben, Erbrochenes unblutig und gallefrei. Keine Bewußtlosigkeit, keine Brustschmerzen, keine Blutungen. Bekannte Krankheiten: keine Allergien: keine Tetanus: ja
    Med. Befund: 128/88 177 34 99,8 98% 20kg. Verängstigte, aufgeregte 3Jge mit mittelstarken Symptomen.
    Kopfbereich: Horizontaler Nystagmus, Pupillen gleichmäßig und rund, reagieren auf Licht. Starker Speichelfluß
    Hals: Weich, druckunempfindlich, keine Lymphdrüsenschwellung, Schilddrüse nicht vergrößert Lunge: Leichtes Rasseln beidseitig, leichte Atemnot, keine Retraktion KV: regelmäßig, leicht beschleunigt Ext.: 3x7 gr. Erythem linke Schulter hinten, keine Acchymose, keine Blutung.
    Neuro: Wach, ängstlich, horizontaler Nystagmus nach links, Blick unstet, Gesichtsmuskulatur nach links unten verzogen, Würgereflex gestört. Arme und Beine beweglich, berührungsempfindlich außer im Bereich der Bißstelle, gelegentlich Opisthotonos.
    Laborwerte: WBC n/6 Hct-36 Plt 240 Na 136 K 3,9 C1 100 HCO3 24 BUN 18 CR 1,0 gluc 110 Ca 9,0 INR 1,2 PTT 33,0; Urinanalyse Sp Gr 1,020, 25-50 WBC, 5-10 RBC, 3+ BAC 1+ SqEpi, +Nitrit, +LE
    NA-Behandlung: P. zeigte schwere Vergiftungssymptome. Nach IV-Verabreichung von 2 mg Versed zunächst Besserung; P. reagierte jedoch abwehrend, als Dr. Young versuchte, zur vollständigen Untersuchung Kleidung der P. zu entfernen. Antivenin stand nicht zur Verfügung. Weitere Gaben von Versed blieben wirkungslos. Daher wurde P. für die Intubation sediert und ruhiggestellt. Aufgrund des starken Speichelflusses war orotracheale Intubation unmöglich und es wurde erfolgreich eine Mini-Coniotomie durchgeführt. P. wurde dann in die Päd. IS eingewiesen. Anschließend wurde in der Päd. Chirurgie eine Tracheostomie vorgenommen. P wurde drei Tage beatmet. Urinanalyse ergab zudem eine Harnwegsinfektion. Päd. IS wurde hiervon in Kenntnis gesetzt.
    »Ich versteh kein Wort«, murmelt Delia.
    »Du konntest nicht atmen«,

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