Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman

Titel: Wahrheit Meines Vaters, Die: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
wie Sophie aus farbigen Kreisen und Quadraten ein Blockmuster macht.
    »Das hat sie gar nicht gemerkt.«
    »Ich wette, die Erzieherin hat es gemerkt. Wahrscheinlich steckt sie es der Leiterin, und die beruft eine Elternversammlung ein. Die warten doch alle nur darauf zu sehen, wie weit der Apfel vom Stamm gefallen ist.«
    »Seit wann kümmert es dich, was andere über dich denken?« frage ich. »So etwas wäre vielleicht aus dem Mund von Bethany Matthews zu erwarten, nicht aber aus dem von Delia Hopkins.«
    Ich höre, wie Delia scharf einatmet, als sie den verbotenen Namen hört.
    »Bethany Matthews«, fahre ich fort, »ist immer die erste, die ihre Tochter vom Kindergarten abholt. Bethany Matthews sieht es als Krönung ihres persönlichen Erfolgs an, vier Jahre in Folge Vorsitzende des Elternrates zu sein. Bethany Matthews bringt zum Abendessen niemals Tiefkühlpizza auf den Tisch, schon gar nicht welche, die innen noch eiskalt ist.«
    »Bethany Matthews wäre auch nicht unverheiratet schwanger geworden«, sagt Delia. »Bethany Matthews würde ihre Tochter niemals mit einem Kind aus einer derart zerrütteten Familie spielen lassen.«
    »Bethany Matthews hält Samtstirnbänder für chic«, sage ich lachend. »Und trägt weite Omaunterwäsche.«
    »Bethany Matthews wirft wie ein Mädchen.«
    »Bethany Matthews«, sage ich, »ist stinklangweilig.«
    »Gott sei Dank bin ich überhaupt nicht wie sie«, erwidert Delia, und dann sieht sie mich an und lächelt.
    Ich war zuerst mit Delia zusammen. Wir waren auf der Mittelschule, und es hatte eigentlich keine große Bedeutung - wenn du mit einem Mädchen gingst, hieß das im Grunde nur, daß du sie nach der Schule zum Bus gebracht hast. Ich habe Delia gefragt, ob sie mit mir gehen will, weil so gut wie alle Jungs mit einem Mädchen gingen, und Delia war die einzige, mit der ich richtig reden konnte. Aus dem gleichen Grund habe ich dann auch wieder mit ihr Schluß gemacht. So wie es in der Woche davor cool gewesen war, eine Freundin zu haben, war es in der Woche danach plötzlich uncool. Ich sagte ihr, wir sollten vielleicht ab und zu auch mal was mit anderen unternehmen.
    Als ich das sagte, nahm Delias Gesicht einen Ausdruck an, den ich noch nie bei ihr gesehen hatte - erst da begriff ich, was los war: Es war das erste Mal in unserem Leben, daß einer von uns dreien die Zeit rationieren wollte, die wir miteinander verbrachten. Ich bekam ein schlechtes Gewissen und ging Delia anschließend suchen. Ich wollte ihr sagen, daß ich es nicht so gemeint hatte und es nur so dahergesagt hatte, doch da sah ich sie mit Eric tanzen. Er hatte die Arme mit einer unbefangenen Selbstsicherheit um sie gelegt, die mir fehlte. Er berührte sie, als würden Teile von ihr ihm gehören, und vielleicht war das ja nach all den Jahren auch so.
    Erics Gesicht zeigte mir, was ich falsch gemacht hatte. Seine Augen strahlten, und er wirkte so entrückt von allem um ihn herum. Er sah so aus, wie ich mich in Delias Gegenwart fühlte: als würde eine zweite Sonne unter meinem Brustbein wachsen, ein Geheimnis, das ich kaum verbergen konnte. Der entscheidende Unterschied war aber, wie Delia ihn ansah. Anders als in den Stunden, die wir als angebliches Pärchen zusammen verbracht hatten - wenn wir uns darüber stritten, wer der beste Pitcher bei den Red Sox war oder ob Spider-Man Batman beim Armdrücken schlagen würde -, sagte Delia gar nichts, als sie Eric anschaute. Er verschlug ihr die Sprache, und das hatte ich bei ihr nie geschafft.
    Als wir älter wurden, habe ich manchmal überlegt, ob ich ihr beichten sollte, was ich wirklich für sie empfand. Selbst wenn ich Erics Freundschaft für immer verlor, so redete ich mir ein, hätte ich ja zum Ausgleich immer noch Delia. Doch dann hatte ich jedesmal wieder das Bild vor Augen, wie sie und Eric auf dem
    Schulball eng umschlungen tanzten. Und mir wurde klar, daß Delia und Eric sich auch als Erwachsene noch immer so anschauen würden, als wäre die Welt um sie herum nicht mehr vorhanden, mich eingeschlossen. Ich könnte einen von ihnen verlieren, aber ich glaubte nicht, daß ich es ertragen würde, beide zu verlieren.
    Einmal habe ich einen Fehler gemacht - ich habe sie geküßt, als wir im Connecticut River im Wasser herumalberten. Aber dann habe ich einen Witz darüber gemacht, so wie immer, wenn ich zu viel Nähe nicht aushielt. Wenn ich ihr gesagt hätte, was mir wirklich auf der Seele brannte, als sie mit mir im Schilf im Wasser stand, ihre Hände fest auf

Weitere Kostenlose Bücher