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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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mehrere Leinen, auf denen Hemden und Schürzen trockneten. In einem Trog wurde eine Seidenbluse mit einem besonders hartnäckigen Flecken eingeweicht. An der Wand entlang aufgestellt, warteten Rillenbretter und Wurzelbürsten auf ihren Einsatz. Jane hatte auf einem langen Tisch Platz genommen. Ihre Füße baumelten knapp über dem Boden und neben ihr stand eine leere Tasse. Mrs Chambers hatte ihr Tee zugebilligt, unter der drakonischen Auflage, mindestens eine Armeslänge Abstand zur sauberen Wäsche zu wahren. Da die Tür verschlossen war, schlichen sich an diesem Morgen erstaunlich viele Mitglieder des Gesindes zu einer Zigarettenpause oder einem kurzen Schwatz in den Innenhof. Wenn sie es nur geschickt genug anstellten, konnten sie auf dem Rückweg einen Blick durch das Fenster der Wäschekammer werfen und die indische Zigeunerin in Augenschein nehmen.
    Das Mädchen hingegen schien keinen von ihnen zu bemerken. Jane hatte seit dem Abend nichts mehr gegessen. Der Tee hatte nicht ausgereicht, um sie aufzuwärmen, und inzwischen hätte sie nicht einmal mehr Mrs Tillings trockene Zitronenküchlein verschmäht. Die klamme Luft in der Wäschekammer schien ihr bis unter das schwarze Kleid zu kriechen und sie tastete immer wieder nach dem Klappmesser in ihrer Tasche. Aber natürlich war das Unsinn. Ein Messer half gegen die Kälte so wenig wie gegen die Unfreundlichkeit des Butlers oder die mahnenden Blicke der Wirtschafterin. Es konnte das Heimweh nicht wie ein Seil kappen, das sie noch immer nach Ägypten zog, und die Ungewissheit nicht verscheuchen, die tief in ihrem Inneren rumorte. Am Ende strich Jane ihre Röcke glatt und versuchte sich den Dreck von den Fingern zu reiben. Das Wagnis, ihre langen Haare ohne Spiegel und Kamm zu einem neuen Knoten hochzustecken, scheiterte kläglich. Am Ende flocht Jane sich einen Zopf und band das Ende mit einem Stück Schnur zusammen. Als der Butler sie abholte, stand sie bereits parat und hielt den Brief in der einen und die Reisetasche in der anderen Hand. Das Gepäckstück war aus einem rot gemusterten Teppich gefertigt worden und wollte so wenig in diese geordnete Umgebung passen wie ihr buntes Schultertuch. Als sie die endlosen Stufen aus dem Keller hinaufstieg, rief Jane sich in Erinnerung, dass es nicht darauf ankam, was die Leute von ihr dachten. Ihre Mutter hatte sich nicht darum geschert und ihr Vater noch weniger. Sie musste niemanden mit ihren Manieren beeindrucken, oder damit, dass sie einen perfekten Knicks beherrschte. Korsetts waren so unnütz wie Visitenkarten oder Glacéhandschuhe. Sie hielten einen bei Nacht nicht warm und wehrten keine Kugeln ab. Bei jedem Schritte sagte sie sich auf, worauf es dagegen tatsächlich ankam. Sie war Jane Swain, die Tochter eines Archäologen und einer Ägypterin! Sie sprach drei verschiedene Beduinendialekte und kannte die Namen aller bekannten Pharaonen auswendig. Sie konnte mit einem Revolver eine leere Büchse auf dreißig Schritt Entfernung treffen und auf einem Kamel so sicher reiten wie auf einem Pferd.
    Doch die Säle, durch die Mr Frost sie führte, wussten nichts von Kamelen oder zerschossenen Konserven dosen. Diese Mauern waren von englischen Earls er baut worden, die niemals bis an den Nil gekommen waren. Die Säulen ragten nicht so hoch empor wie die im Tempel zu Luxor, doch sie trugen ein steinernes Gewölbe, von dem schwere Lüster herabhingen. Teppiche, die niemals den Staub der Wüste gesehen hatten, dämpften ihre Schritte. An den Wänden schimmerten die Seidentapeten einer Epoche, die schon im vorletzten Jahrhundert während einer Revolution untergegangen war, und Rüstungen, die noch älter waren, hielten eine stumme Wacht. Büsten starrten Jane mit der Leere steinerner Augen entgegen und Porträts einer langen Ahnenreihe beschirmten ihren Weg. Als sie vor der Tür zur Bibliothek stand, glaubte sie die Erschöpfung eines jeden einzelnen Schrittes zu spüren, den sie auf dem langen Weg bis nach England getan hatte. Sie war zu einem anderen Kontinent aufgebrochen. Sie hatte eine wochenlange Reise auf sich genommen, um hierherzukommen. Es gab keinen anderen Ort auf der Welt mehr, an den sie sich wenden konnte, und niemanden, der ihr helfen würde, sollte der Earl sie abweisen. Der Brief fühlte sich sehr dünn zwischen ihren Fingern an, und die Reisetasche sehr schwer in ihrer Hand.
    Mr Frost hieß sie vor der Tür zu warten, während er das Mädchen seiner Lordschaft ankündigte, und dann stand sie in der

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