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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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Bibliothek. Obwohl Jane mit ihrem Vater schon früher Bibliotheken und Museumsarchive besucht hatte, waren sie in nichts mit dieser zu vergleichen. Die Regale reichten bis unter eine hohe Decke. Es waren lange Leitern nötig, um bis an die obersten Bücher zu gelangen. Die Bände aus gefärbtem Leder mit goldenen Lettern standen in Reih und Glied so dicht beieinander, als hätte die Familie Goodall den Ehrgeiz entwickelt, das gesamte Wissen der Welt sorgsam sortiert unter ihrem Dach zu verwahren. Hohe Fenster gingen auf den Park hinaus. Tiefe Sessel waren einladend vor dem Kamin gruppiert, in dem ein behagliches Feuer brannte. Auf einem Tischchen, das ihr kaum bis an die Knie reichte, stand ein Strauß Herbstrosen. In einem der Sessel rekelte sich eine dicke rote Katze, neben ihr auf einem Sofa saß Lord Derrington.
    Seine Lordschaft, dachte Jane, während sie ihn musterte, war kaum weniger gut genährt als sein Haustier. Die Weste spannte sich über seinem Bauch. Das blonde Haar begann an seinen Schläfen zurückzuweichen. Von Natur aus musste es lockig sein, doch Charles Goodall gab sich die größte Mühe, es glatt zurückzukämmen. Er trug einen sorgsam gestutzten Schnauzer und blickte ihr aufmerksam entgegen. Leider konnte Jane sich auch ohne Mrs Tillings Ermahnungen recht gut vorstellen, was er sah. Ein mageres Mädchen, das für sein Alter ein wenig klein geraten war, mit zerzausten schwarzen Haaren. Vor allem anderen aber mit einem schmalen Gesicht, in dem sich die helle Haut ihres Vaters und der arabische Teint ihrer Mutter vereinten. Sie erinnerte sich zu spät daran, dass sie vielleicht hätte knicksen sollen, dachte aber immerhin noch rechtzeitig daran, dass sie abwarten musste, bis sie angesprochen wurde.
    »Guten Morgen, Miss Swain, mir wurde gesagt, Sie haben einen Brief für mich?«, fragte Lord Derrington förmlich, aber nicht unfreundlich.
    Jane überreichte ihm den Umschlag mit einem Nicken, so als wäre ihr über die lange Wartezeit jede Gabe zum gesprochenen Wort abhandengekommen. Aufmerksam verfolgte sie, wie er den Umschlag studierte, das altmodische Siegel zerbrach und einen einzelnen Bogen Papier herausnahm. Die Nachricht schien denkbar kurz zu sein und Colonel Felthams Handschrift war schon auf dem Umschlag so winzig gewesen, das die Buchstaben aussahen wie Skarabäusbeinchen. Nachdem er am Ende angekommen war, starrte Lord Derrington über die Seite hinweg ins Leere, als würde sich sein Blick im Muster des Teppichs verlieren, in Wahrheit jedoch etwas gänzlich anderes sehen. Er schien vergessen zu haben, dass Jane noch immer vor ihm stand, bis der Kater sich würdevoll erhob, sich der Länge nach streckte und von seinem erhöhten Sitz heruntersprang. Er strich schnurrend um Janes Beine herum, als würde er erwarten, für so viel Erbarmen gestreichelt zu werden. Abrupt schob der Hausherr den Brief zurück in den Umschlag, so hastig, dass es ihm erst im zweiten Anlauf gelang.
    »Mein aufrichtiges Beileid zu Ihrem Verlust, Miss Swain. Es muss sehr schmerzlich gewesen sein, alleine nach England zurückzukehren«, erklärte er fast schon barsch und sichtlich um seine alte Form bemüht.
    »Ich war noch niemals zuvor in England«, informierte ihn Jane sachlich.
    »Und Sie haben keine Freunde oder Verwandten hier, an die Sie sich wenden könnten?«
    Er will mir nicht helfen, dachte Jane, noch bevor sie den Kopf schüttelte. »Mein Vater hatte keine Verbindungen mehr nach England.« Was kaum verwunderlich war, nachdem er es gewagt hatte, eine Ägypterin zu heiraten. Lord Derrington schien ein ganz ähnlicher Gedanke durch den Kopf zu gehen, denn sein sanftes Gesicht war sehr ernst.
    »Offenbar wurde keine Vorsorge für Ihre Zukunft getroffen. Hier steht nichts über Ihre Ausbildung.« Er sah sie fragend an.
    »Ich habe meine Eltern zu den Ausgrabungen begleitet.« Janes Stimme klang dünn in der großen Bibliothek und noch im selben Augenblick ärgerte sie sich darüber. »Für eine Schule hatten wir keine Zeit.« Und kein Geld, dachte Jane. Jeder Penny war sofort wieder in die nächste Expedition gesteckt worden, in neue Ausrüstungen, Mitarbeiter und Reisekosten. Professor Swain hatte erwartet, noch sehr lange zu leben und das Grab von wenigstens einem großen Pharao zu entdecken, bevor er starb. »Aber mein Vater hat mich unterrichtet. Ich kann Altgriechisch lesen und Hieroglyphen.«
    »Das sind Fähigkeiten, die Ihnen in England eher nicht weiterhelfen werden.« Obwohl Jane wusste, dass Lord

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