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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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konnten froh sein, wenn sie überhaupt noch einen Heiratsantrag bekamen, und nahmen ihn meist ohne zu zögern an. Obwohl das Thema bisher geschickt vermieden worden war, galt es innerhalb der Familie Goodall als denkbar, dass es bei Penelope seine Zeit brauchen würde, sie an einen Ehemann zu bringen. Sie besaß weder Claires liebliche Züge noch ihr Geschick in Modefragen. Und Pennys zweifelhaftes Talent, unerhörte Bemerkungen zum unpassendsten Zeitpunkt zu machen, würden ihre Chancen in der Gesellschaft zu glänzen kaum verbessern.
    »Habt ihr vor, Julian zur Armee zu schicken?«, fragte Mildred nun. Sie wandte sich an Lord Derrington, anstatt den jungen Mann selbst zu fragen.
    »Er zeigt noch keinerlei Neigung in diese Richtung«, antworte der Hausherr gelassen.
    »Immerhin wäre es eine ehrenhafte Angelegenheit«, gab seine Tante zu bedenken. »Nun, dann vielleicht in die Kirche?«
    Julian stellte sein Weinglas eine Spur zu heftig ab. Er verschüttete ein paar Tropfen auf dem Tischtuch. Seine gemurmelte Entschuldigung wurde von Lord Derringtons abwehrendem Kopfschütteln begleitet.
    »Er ist gerade erst zu uns zurückgekommen«, erklärte er Mildred geduldig. »Der Junge hat noch genug Zeit, sich zu überlegen, was er mit seinem Leben anfangen will.«
    »Nun, ich schätze, wenn alles andere versagt, kann er immer noch heiraten«, stimmte Mildred begütigend zu. Lediglich Penny bemerkte, dass Julian den Löffel zur Seite gelegt hatte und konzentriert auf einen leeren Punkt zwischen den Blumengebinden auf dem Tisch starrte.
    Obwohl Julian einer skandalbelasteten Ehe entstammte, zählte er doch zur näheren Verwandtschaft. Er war in der Erbfolge sogar der übernächste Anwärter auf den Titel des Earl von Derrington. Charles Goodall hatte ihn nach dem Tod seiner Eltern nach Wainwood geholt, um sicherzustellen, dass der Junge auf diese Aufgabe vorbereitet war. Es schien bereits im Kindesalter ausgemacht, dass er eines Tages eine der Goodall-Töchter heiraten würde, sodass der Titel in der Familie blieb. Doch dann war Julian, wie die meisten adeligen Jungen, zur Erziehung aufs Internat geschickt worden und im selben Sommer war Genevieve Goodall noch einmal schwanger geworden. Die Geburt des kleinen Benjamin hatte alles geändert. Claire war nicht länger die unangefochtene Prinzessin auf Wainwood gewesen. Und Julian musste in der Erbfolge zurückstecken, nunmehr wieder nur ein verarmter Verwandter ohne eigenen Titel. Allein Penelope war als zweite Tochter des Hauses nicht für ein großes Erbe, eine glänzende Partie oder ein herausragendes Schicksal vorgesehen. Von ihr wurde zu gleichen Teilen Bescheidenheit und Duldsamkeit erwartet. Zwei Eigenschaften, für die Penny wenig Neigung verspürte.
    Als sie von ihrem Pudding aufsah und unauffällig über die Tafel zu Julian hinüberschielte, trafen sich ihre Blicke. Im selben Moment wusste Penny, dass sie heute Abend nicht mit dem Löschen der Lampen auf ihrem Zimmer bleiben würde. Es war an der Zeit für einen mitternächtlichen Kriegsrat, und es gab nur einen Ort, an dem er unbemerkt vom Rest des gewaltigen Haus abgehalten werden konnte.

3. KAPITEL Schattennacht
    A ls in Wainwood längst kein einziger Laut mehr zu hören war, schlug Penelope die schweren Decken zurück und schwang die Beine aus dem Himmelbett. Sie öffnete ihre Zimmertür einen Spaltbreit und verharrte regungslos lauschend auf der Schwelle, bevor sie einen Blick hinauswarf, doch ihre Vorsicht war unbegründet. Zwischen den aufgereihten Porträts und Spiegeln entlang der Wände regte sich nichts. Der Korridor lag verlassen da, die Lampen waren längst gelöscht worden und die schweren Vorhänge schlossen das Mondlicht aus. Auf bloßen Sohlen wagte sie sich aus ihrem Zimmer. Bis zu den Fußknöcheln in ein züchtiges weißes Nachthemd gehüllt, huschte sie wie ein ruheloses Schlossgespenst an den Schlafzimmertüren der Familie vorbei, ohne jemanden aufzuwecken. Aus einem der Zimmer war gedämpft ein rasselndes Schnarchen zu hören, doch sonst deutete nichts daraufhin, dass sich in den Gemächern etwas rührte.
    Penelope machte sich keinerlei Illusionen darüber, was ihr blühte, wenn sie von ihrer Familie bei ihrem nächtlichen Ausflug erwischt werden würde. Mitten in der Nacht ihr Zimmer zu verlassen, war mindestens genauso skandalös, wie nicht mehr als ein Nachthemd dabei zu tragen. Was, wenn ein Mann sie in einer derart anrüchigen Aufmachung zu Gesicht bekommen würde? Oder schlimmer noch, wenn

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