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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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als der Pfad eine letzte Biegung machte, bevor er in das Dorf Wainwood mündete. Hinter ihr klang das Läuten der Kirchenglocken über die Felder, doch sie war bereits zu weit entfernt, um den kleinen Trauerzug vor der Kirche noch auszumachen. Das Mädchen zupfte ihre Handschuhe zurecht und korrigierte den Sitz ihres Hutes auf den zerdrückten Locken. Sie zupfte ein welkes Blatt von ihrem Mantelsaum, dann setzte sie den Weg gemäßigteren Schrittes fort. Der Spaziergang half ihr, den Kopf von den umherwirbelnden Gedanken zu befreien. Hier draußen gab es keine Gespenster mehr und keine Verstecke. Bei Tageslicht betrachtet, beschloss sie sogleich, dass es unumgänglich war, Colonel Feltham endlich kennenzulernen. Da er gewissermaßen zur Verwandtschaft zählte, gab es keinen Grund, ihm nicht zu schreiben, sobald er wieder in England war. Deutete sein Brief an ihren Vater nicht sogar die Möglichkeit eines Besuches an? Ganz gleich, was Rachel zugestoßen sein mochte, ihre Eltern würden doch gewiss keinen Verwandten der Tür verweisen, der nach jahrelangem Dienst im Orient endlich in die Heimat zurückgekehrt war.
    Sehr zufrieden mit ihren Schlussfolgerungen und dem erfreulichen Abschluss dieses Abenteuers, bog Penelope auf die Dorfstraße ein. Zu beiden Seiten zogen sich jetzt Gemüsegärten und bescheidene Bauernhöfe dahin. Es waren einfache mit Reet gedeckte Häuser, in denen die Pächter lebten, die Lord Derringtons Land bestellten und ihm dafür einen jährlichen Tribut entrichteten. Die meisten lebten bereits seit Generationen in diesem Dorf. Vermutlich waren ihre Vorfahren bereits an der Seite des ersten Earl of Derrington in mittelalterliche Schlachten gezogen, gewappnet mit Knüppeln und Speeren. Doch inzwischen ging es in dem Dorf Wainwood weniger archaisch zu. Eine frei herumlaufende Sau hatte sich der Länge nach an einem Misthaufen ausgestreckt, um sich im dampfenden Dung zu suhlen. Ein Kind trieb eine Horde aufgeregt schnatternder Gänse den Weg entlang und ein paar Jungen veranstalteten zwischen zwei Hoftoren ein Fußballspiel mit einer Blechbüchse. Wann immer Penelope bemerkt wurde, tippten sich die Männer an den Hut, während die Frauen unbeholfen knicksten. Es kam nicht oft vor, dass sie bis ins Dorf hinabkam, denn weder das Postamt noch der Dorfladen oder der Gasthof vermochten die Damen aus Wainwood House zu verlocken. Für alle größeren Besorgungen fuhren sie zum Bahnhof nach Brigelton und für alle kleineren wurden Dienstboten losgeschickt oder die Händler direkt ins Haus beordert. Niemand konnte sich erinnern, dass Lady Derrington jemals den kleinen Gemischtwarenladen betreten hätte, und selbstverständlich stand es völlig außer Frage, dass ihre unverheirateten Töchter nicht allein in einem Pub einkehren konnten. Selbst dann nicht, wenn er mehr zu bieten gehabt hätte als ein paar wackelige Holztische und ein Glas selbst gebrauten Bieres.
    Penelopes knurrender Magen brachte ihr in Erinnerung, dass es Zeit für den Lunch gewesen wäre. Einen Moment lang liebäugelte sie mit dem unerhörten Abenteuer, allein ins Gasthaus zu gehen und ein Stück Fleischpudding zu bestellen. Natürlich wäre die Rechnung nach Wainwood House geschickt worden, und selbst wenn der Klatsch ihren Ruf nicht ruiniert hätte, wäre sie danach endgültig unter strengste mütterliche Aufsicht gestellt worden. Wie viel größer musste Jane Swains Freiheit gewesen sein, als sie nicht nur in Ägypten gelebt hatte, sondern auch übers Mittelmeer bis nach England gereist war? Doch sie konnte sich nicht mit Jane vergleichen. Das Mädchen war kein Mitglied der gehobenen Gesellschaft. Und niemals hätte es ohne Colonel Felthams Fürsprache, ohne ein tadelloses Führungszeugnis, eine anständige Arbeit bekommen. Dennoch konnte Penny für einen Augenblick nicht umhin, Jane zu beneiden, während sie auf der unbefestigten Dorfstraße stehen geblieben war und ihren Gedanken nachhing. Dieser bescheidene Ausflug stellte das kühnste Abenteuer dar, das Penelope jemals gewagt hatte. Ohne angemessene Begleitung durfte sie bestenfalls einen kurzen Spaziergang machen. Ihre Lektüre wurde überwacht und selbst ein unpassendes Kleid hätte unweigerlich Folgen gehabt. Obwohl Penny froh darüber war, nicht in einer Fabrik oder als Hausmädchen schuften zu müssen, gab es doch Zeiten, in denen sie weit lieber in die Familie eines Arztes oder vielleicht in die eines Gelehrten hineingeboren worden wäre. Mitunter kam ihr sogar der fantastische

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