Waisen des Alls
das Roug-Shuttle ihn und die anderen zur Orbitalstation Agmedra’a brachte, stiegen sie in einem der oberen Docks aus, wo das gegebene Versprechen durch den sich ihm bietenden Anblick auf eine neue Basis gestellt wurde. Das Heck der Vyrk war im Wesentlichen dreigeteilt, mit drei daraus hervorragenden Triebwerkstrichtern. Die einfachen Linien schwangen sich nach vorn und weiteten sich zu einem Rumpf, der einem Tierkopf ähnelte. Eine stumpfe Schnauze, ein kräftiger Kiefer,
gefletschte Zähne und große, leere Augen. Zunächst hatte Kao Chih den Eindruck gehabt, das Raumschiff sei nach dem Vor eines mythischen Tieres aus der fernen Vergangenheit der Roug modelliert. Dann fiel ihm auf, dass Augen und Stirn etwas entfernt Affenartiges hatten, was ihn wiederum verunsicherte. Auch der Name Vyrk half ihm nicht weiter, denn dies war eigentlich eine Vorsilbe, die so viel wie »tapfer«, »beständig« oder »unbeugsam« bedeutete.
Jetzt schrumpfte das bizarre Schiff und verschwand, als sie dem Ezgara-Schiff hinterhereilten. Kao Chih war sehr froh, dass man ihn für diese Mission ausgewählt hatte, und entsprechend aufgeregt, denn Mandator Reen hatte ihm genau geschildert, wie die Rettung vonstattengehen sollte.
»Das Verfolgerraumfahrzeug, mit dem Sie und Assessor Ajegil fliegen werden, hat einen stasisgeblockten Mosaikfeldgenerator an Bord. Das davon aufgebaute Feld ist ein Subquantenimage eines Feldes, das an Bord der Vyrk erzeugt wird. Sind beide Felder gleichzeitig aktiv, synchronisieren sie sich über die Subraumgrenze hinweg und vereinigen sich nahtlos, wobei ein Wurmloch entsteht.«
Kao Chih hatte sich im Roug-Shuttle aufgehalten, als Reen seinen Plan erläutert hatte. Das Verfolgerboot sollte am Rumpf des Ezgara-Schiffs festmachen, sie sollten sämtliche Sensoren neutralisieren und sich dann einen Weg ins Innere bahnen. Sobald Kao Chih und Ajegil an Bord angelangt wären, sollten sie die Liegen und Stützrahmen des Bootes entfernen und den stasisgeblockten Generator freilegen. Dann sollten die Stasisfelder beider Generatoren simultan abgeschaltet werden, worauf sich das Feld aufbauen und das Wurmloch entstehen würde.
»Das klingt unglaublich, verehrter Schirmherr«, hatte Kao Chih gemeint. »Ist das vergleichbar mit den Translokationen, die der Wächter mit dem Warpbrunnen durchgeführt hat?«
»Die Technik wurde entwickelt, um diese Funktion zu emulieren, ist aber noch unvollkommen. Die inhärenten Beschränkungen verhindern ihren Einsatz über größere Entfernungen hinweg, und aufgrund der Materieentartung in den Generatoren wird das Wurmloch nach kurzer Zeit instabil. Nach Ihrer Zeitmessung in wenig mehr als fünf Minuten.«
Kao Chih machte große Augen. »Das ist … kurz.«
»Deshalb fliegen Sie, Pilot Kao Chih«, hatte der Roug gemeint. »Die Gefangenen kennen Sie und werden Ihre Anweisungen befolgen, deshalb müssen Sie selbstbewusst auftreten und systematisch vorgehen, wenn die Evakuierung schnell und effektiv erfolgen soll.«
Selbstbewusst und systematisch, dachte er bei sich, während draußen das chaotische Kontinuum des Hyperraums wogte und flackerte. Anweisungen geben … dem Duizhang? Er spitzte die Lippen und zuckte die Achseln. Ein Abenteurer zu sein, brachte es schließlich mit sich, dass man sich allen möglichen Herausforderungen stellen musste.
Auf einem seitlich angebrachten undurchsichtigen Armaturenbrett wurden die aktuellen Daten angezeigt, unter anderem auch die bis zum Rendezvous verbleibende Zeitspanne, die im Moment acht Minuten betrug. Bald darauf füllte das Ezgara-Raumschiff ihr Sichtfeld aus, das Hyperraumantriebsfeld schimmerte und wogte. Ajegil passte ihre Geschwindigkeit dem Ezgara-Schiff an und justierte ihr eigenes Hyperraumfeld, bis dessen Resonanzmuster es dem Roug-Boot erlaubte, glatt hindurchzuschlüpfen. Das
Verfolgerboot, neben dem Kriegsschiff ein Winzling, näherte sich dessen Unterseite. Kao Chih nahm vier dumpfe Schläge wahr.
»Ich habe soeben vier Scannersonden gestartet, Mensch Kao Chih«, erklärte Ajegil. »Sie werden sich an den Rumpf heften und den Aufenthaltsort der Gefangenen herausfinden.«
»Verstanden, ehrenwerter Ajegil, aber was ist mit den Außensensoren und den Rumpfkameras?«
»Ich habe bei der Annäherung bereits die erforderlichen Scans durchgeführt«, antwortete Ajegil. »Gegenmaßnahmen wurden eingeleitet.«
Im nächsten Moment wurde ein 3-D-Schema der Deckseinrichtungen im Heck des Ezgara-Schiffs angezeigt. Lebewesen waren als
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