Waisen des Alls
sie sich, um auch nur eine kleine Überlebenschance zu haben, vielleicht einer dieser marodierenden Banden würden anschließen müssen, falls ihnen die Rückkehr in den Normalraum versperrt sein sollte.
Dann begann der Angriff. Die Taktik beschränkte sich auf einen Frontalangriff. Gänzlich unkoordiniert rasten die Angreifer an den letzten Asteroiden vorbei auf das Nestschiff zu. Die Achorga hatten bislang nicht erkennen lassen, dass sie gewappnet waren. Als die erste Angriffswelle jedoch in Schussweite gelangte, öffneten sich Luken in der Flanke des Nestschiffes, und zahlreiche kleine Objekte kamen hervorgeflogen. Kurz darauf kam es auf den Rümpfen mehrerer Angreifer zu kleineren Detonationen; einige hatten das Pech, in einen Cluster von Minibomben hineinzufliegen; ihr Rumpf wurde aufgerissen, worauf eine zweite, heftigere Detonation erfolgte.
Die Angreifer antworteten mit Salven von Geschossen, größtenteils von einer Startvorrichtung abgeschossene antriebslose Projektile. Einige wenige ließen eine Abgasspur hinter sich zurück. Auf einmal wurde Robert das Fehlen eines bestimmten Waffentyps bewusst.
»Ich sehe keine Strahlenwaffen«, sagte er. »Keine Projektoren.«
»Und keine Kraftfelder«, fügte das Schiff hinzu. »Man könnte fast meinen, die erforderlichen Materialien und Energiequellen seien aufgebraucht. Die Raumschiffe und Habitate machen den Eindruck, als wären sie ausgeschlachtet, recycelt und erneut ausgeschlachtet worden, doch es sind nicht einmal Comm-Laser zu sehen.«
»Lässt sich das Alter der Schiffe schätzen?«, fragte Robert.
»Die wenigen noch funktionierenden analytischen Systeme liefern höchst unterschiedliche Ergebnisse. Die Abnutzungs- und Korrosionsmuster deuten auf ein Alter von mehreren Hundert Jahren hin, vielleicht sogar tausend, wohingegen die Spektralanalyse auf wenige Jahre kommt, was eindeutig falsch ist. Ah, da kommen die Achorga.«
Schwarmkrieger krochen aus dunklen Öffnungen hervor und stellten sich den Angreifern, Hunderte stier-oder elefantengroße Insektenwesen, die stock-bis peitschenartige Waffen schwangen. Als sie zum Vorschein kamen, rückte die zweite Angriffswelle vor, bei der humanoide Zweibeiner die Minderheit darstellten. Wie die Achorga waren sie primitiv bewaffnet. Robert machte sich verblüfft klar, dass er Zeuge eines Nahkampfs im Vakuum werden würde.
Die Schlacht nahm den vorhersehbaren Verlauf. Wenngleich einige Wesen besser gepanzert waren als andere, dauerte es nicht lange, bis eine ganze Reihe von Kämpfern sich im Todeskampf in ihren Raumanzügen wanden, während aus Rissen und Löchern die Atemluft in Form von Eiswolken entwich. Die Hieb-und Stichwaffen stachen und zerrissen, Widerhaken zerfetzten, Klingen schlitzten, Knüppel zerschmetterten. Körperflüssigkeiten spritzten umher und gefroren. Reflektierende Visiere verbargen die
Gesichter der Kombattanten, doch ihre rasende Kampfeswut zeigte sich in jeder Bewegung. Das Ganze war eine große Choreographie des Hasses.
Eines der Angreiferschiffe versuchte, sich an die Flanke heranzupirschen, doch nach einer Bombensalve kam es zu einer Reihe von Lichtblitzen im vorderen Bereich. Mit zerschmettertem, leckendem Bug vollführte das Schiff eine Drehung um die Querachse und suchte eilig Deckung. Es schien so, als hätten die Achorga die Oberhand; sie waren so zahlreich, dass nur etwa ein Dutzend Kämpfer damit beschäftigt waren, Piraten abzufangen, die den Absperrriegel durchbrochen hatten. Die meisten hatten sich in der Nähe einer ovalen Öffnung versammelt, als eine Grube unförmiger Sophonten im Raumanzug (die Robert von ferne an Bargalil erinnerten) mit primitiven Raketenrucksäcken zu einer Stelle mit weiter Aussicht hochflogen.
Einer von ihnen schulterte ein langes Rohr, das einen Strahl expandierenden Gases ausspie. Eine Rakete raste dem Schwarmschiff entgegen. Zwei Sekunden lang stieß sie eine Abgasfahne aus, dann erfolgte der Aufprall. Ein weißer Blitz mit gelbem Mittelpunkt flammte auf, Rumpffragmente und Leichen wurden in den Raum geschleudert. Mehrere Trümmer und ein sich windender Achorga segelten geradewegs auf die Plausible Antwort zu, die halb hinter einem langsam treibenden Asteroiden verborgen war.
Die Sensoren verfolgten die verschiedenen Flugbahnen. Die Rumpffragmente rotierten und funkelten hin und wieder im Sonnenschein auf, während sich der Schwarmkrieger in ein lebloses, gefrorenes Knäuel dünner Gliedmaßen verwandelt hatte. Offenbar hatte sein Panzer ein
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