Wald der Masken
hatte, und unter dem grünen Hemd versteckt.
Das war keinen Moment zu früh geschehen.
Plötzlich hörte sie ein Geräusch und fuhr herum. Roar stand im Eingang, sah die Statue des Ritters, schwang seinen Hammer und zerschmetterte den Kopf mit der goldenen Maske mit einem einzigen Hieb.
»Was tust du!« fuhr Ilfa ihn an.
Er knurrte wütend und ließ den Hammer so lange auf die Maske niedersausen, bis sie auf dem Boden plattgeschlagen war. »Zurück!« schrie Ilfa, als es unter den Augenschlitzen zu glühen begann. Das Feuer waberte dann auch unter den zersprungenen Rändern, und eine immer leiser werdende Stimme klagte qualvoll:
»Ihr Narren! Habt ihr mich denn nicht erkannt? Oh, hätte Mythor mich doch statt eurer gefunden und von hier fortgebracht, wie er es versprach!«
Die Stimme erstarb mit dem Feuer. Ilfa hatte das Gefühl, etwas Kaltes führe an ihr vorbei und streifte sie an der Schulter. Als sie wieder zu einer Bewegung fähig war, schlug sie dem Kruuk mit der flachen Hand ins Gesicht. »Weißt du, wen du da vernichtet hast? Weißt du, wessen Geist aus der Totenmaske ausfuhr? Das war Oggrym, dem Mythor schwor, sich seiner anzunehmen! Oggrym te Nauk, Roar! Ich will dich nicht mehr sehen! Verschwinde!«
Er drehte sich um und schritt mit hängenden Schultern davon. Bald schon tat Ilfa ihre Heftigkeit leid. Sie rief leise nach Oggrym, und als sie keine Antwort erhielt, da wußte sie, daß Oggryms Geist verweht war.
Es hielt sie nicht länger in diesen Mauern. Außerdem fiel ihr die Warnung des Knaben wieder ein. Ihre Hand legte sich sanft auf die Maske unter dem Gewand. Sie konnte sie jetzt noch hervorholen und hier zurücklassen.
Sie tat es nicht.
7.
Die Nebel, die sich so weit gelichtet hatten, daß Mythor das Land hinter dem Ausläufer des Marmorbruchs hatte sehen können, waren wieder dichter geworden. Mythor ging immer noch über Stein und tat nichts, um Gesed te Ruuta das Bestimmen der Richtung zu ermöglichen. Der Geist des Aegyr war offenbar verwirrt, etwas anderes vorzufinden, als er erwartet hatte. Mythor drang wieder tiefer in den Marmorbruch ein, unter dem Vorwand, gefährliche Stellen umgehen zu müssen. Gesed ließ es geschehen. Und es mußte ihn mehr Kräfte kosten, den Körper zu lenken, als er zugab. Mythor merkte es daran, daß er einige Male plötzlich nach seinem eigenen Willen einen Arm bewegen oder einen Schritt machen konnte.
Du erschöpfst dich, Gesed! dachte er. Anfangs besaßest du noch die Kraft, die du in den Jahren der Gefangenschaft sammeln konntest. Bald aber wird es soweit sein, daß du keinen meiner Muskeln mehr beeinflussen kannst!
»Nein!«
Es klang angsterfüllt. »Geh weiter! Halte mich nicht auf! Weiter, bis wir anderes Land erreicht haben!«
Das war genau das, was Mythor wollte, und als es bereits wieder dunkler wurde und er sich immer noch im Marmorbruch befand, spürte er plötzlich, daß er dem Aegyr-Geist überlegen war.
Ich befreie mich jetzt von dir, Gesed! Versuche, mich daran zu hindern!
Er achtete nicht auf das Geschrei seines Peinigers. Der Druck, den Gesed auf seinen Geist auszuüben versuchte, war leicht zu ertragen. Mythor spürte noch einen Widerstand, als er seine Glieder ausprobierte, doch das war nur noch so, als bewegte er sich in einer zähen Flüssigkeit, und auch dies verging.
Er blieb stehen und zog den Dolch. Er versuchte, sich damit die Maske vom Gesicht zu lösen. Die Klinge zerbrach beim fünften Versuch.
Er sah einen Felsblock und rannte mit dem Kopf dagegen. Außer einem Brummschädel holte er sich nichts dabei.
»Du kannst mich nicht abstreifen!« frohlockte der Aegyr. »Mach nur weiter so. Wenn du erschöpft genug bist, drehe ich den Spieß wieder um.«
Genau das würde geschehen, wußte Mythor. Gesed würde das zugute kommen, was er selbst zu nutzen verstanden hatte – die Ermattung des Gegners. Aber noch gab Mythor nicht auf.
Er versuchte, die Maske mit dem Stumpf der Klinge zu zerkratzen, ohne Erfolg. Er fand eine Schwefelquelle, schloß die Augen, hielt den Atem an und bückte sich über die giftigen Dämpfe. Es schadete der Totenmaske und ihrem Geist nicht.
Mythor wurde schwächer. Er fühlte, wie Gesed schon wieder neue Kräfte sammelte, um ihn gleich mit einem Schlag zu übernehmen. Als er schon verzweifelt genug war, um den Schwefel einatmen und sterben zu wollen, hörte er jemanden seinen Namen rufen.
Er sprang auf und sah Krant aus den Nebeln kommen. Bei ihm war Cobor.
»Helft mir!« flehte er sie an.
Weitere Kostenlose Bücher