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Wald-Schrat

Titel: Wald-Schrat Kostenlos Bücher Online Lesen
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begierig, die Feier abzuschließen, und ich nehme an, dass es daran lag, den Schrecken einer Gefangenschaft in den Klauen der Harpyien entronnen zu sein. Deshalb war die Feier auch viel vergnüglicher als sonst. Sie küsste mich unaufhörlich, wovon ich einfach nicht genug bekommen konnte, auch nicht nach dem Abschluss der Feier. Doch endlich ließ sie mich los, und ich machte mich auf den Rückweg zu meinem Baum.
    Und da erst sah ich, dass die Harpyien in meiner Abwesenheit zurückgekommen waren und ihn völlig beschmutzt hatten. Von jedem Zweig tropfte ihr stinkender Dung. Die Blätter welkten, die Sandalen verfaulten am Ast. Meine kurze Ablenkung hatte ihnen freien Zugang verschafft, und das hatten sie ausgenutzt. Ich sah wieder die Nymphe an und bemerkte, dass sie die Gestalt änderte – sie war gar keine Nymphe, sondern von einem Illusionszauber verwandelt gewesen, aber jetzt offenbarte sie ihr wahres Äußeres. Sie war selbst eine Harpyie und gehörte zu dem Drecksschwarm. ›Hee, hee, heeee!‹, kreischte sie, als sie die schmutzigen Flügel ausbreitete, die nur ausgesehen hatten wie Arme, dann flatterte sie davon.
    Mir war übel. Nicht nur, dass ich meinen Baum nicht vor Beschmutzung geschützt hatte – nein, ich hatte auch noch mit einer stinkenden Harpyienhenne gefeiert. Sie hatten mich doppelt überlistet und ebenso sehr gedemütigt wie meinen Baum. Auf der Stelle machte ich mich daran, den Baum mit Eimern voller Wasser zu säubern, die ich von der nahegelegenen Quelle heranschleppte. Dafür brauchte ich mehrere Tage, und es dauerte Wochen, bis der Gestank verschwunden war. Mich selbst konnte ich so leicht nicht reinigen. Immer wieder flog danach diese Harpyienhenne vorbei, gluckste mich an und rief mir meine Schande ins Gedächtnis. Es hat mich fast ein halbes Jahrhundert gekostet, um darüber hinwegzukommen, und ich hatte gehofft, nie wieder davon zu hören.«
    Forrest verstummte. Er hatte getan, wozu man ihn zwang, und seine tiefste Schande gebeichtet, doch nur wegen des Drucks, den das Kreuz auf ihn ausübte und dem er nicht widerstehen konnte.
    »Das war nicht deine Schuld!«, rief Imbri. »Sie haben dich überlistet.«
    »Das erzähl ich überall!«, verkündete Kontra. »Was für eine klasse Geschichte.«
    An diesem Zentaurenfohlen war definitiv etwas, was Forrest auf den Tod nicht ausstehen konnte. Deshalb zielte er diesmal mit dem Kreuz auf Kontras Mund.
    Und er traf. Das Kreuz verdrehte dem Zentaurenbalg die Zunge so sehr, dass Kontra kein verständliches Wort mehr über die Lippen brachte. »Ich glaube, wir sollten dieses Spiel abbrechen«, sagte Forrest, denn ihm war ein bemerkenswert guter Gedanke gekommen. »Stimmst du mir nicht zu, Kontra?«
    »Fftbbabla#ughh!«
    »Das meine ich auch. Dann sind wir uns also einig: Das Spiel ist aus.«
    In diesem Augenblick entwirrte sich sein Körper, und die fehlenden Kreuze erschienen an ihren Plätzen im Kreis.
    »Das habe ich gar nicht gesagt!«, protestierte Kontra.
    »Ach? Aber ich habe dich so verstanden. Dann müssen wir wohl noch ein Spiel beginnen.«
    »Und ob! Und diesmal spiele ich auf Sieg.«
    »Aber nicht schon wieder Kreuzchen«, sagte Forrest. »Ich weiß ein besseres Spiel.«
    »Ein besseres Spiel als Kreuzchen? Das gibt’s gar nicht!«
    »Doch, natürlich. Wir wollen sehen, wer von uns mehr Leute aus dem Limbus befreien kann.«
    »Aber da gibt’s keine Strafen, deshalb macht das keinen Spaß. Die hauen einfach ab und gehen in ihre Gebiete.«
    »Wir machen unsere eigenen Strafen. Wenn du verlierst, kommst du mit uns nach Westen, bis du dreißig Jahre alt bist.«
    »Aber ich hab doch schon gesagt, dass ich nicht ins Grüne gehe. Ich bleib hier im Gelben!«
    »Darum ist es ja auch eine gute Strafe. Du willst es wirklich nicht tun, weil du weißt, dass die Stute dich fangen und abscheulich erwachsen und verantwortungsbewusst machen könnte.«
    »Genau. Ein schreckliches Los.«
    »Und natürlich könntest du ihm entkommen, indem du schnell genug wieder nach Osten rennst. Du musst dort nichts weiter tun, du musst nur hingehen und die Stelle erreichen, wo du dreißig Jahre alt bist.«
    »Ja. Dann kann ich die Augen zukneifen und ins Von zurückrennen, bevor das fatale Fohlen auftaucht.« Dann warf er Forrest einen verschlagenen Blick zu. »Aber was ist deine Strafe, wenn du verlierst?«
    Forrest schluckte. »Dann spiele ich einen ganzen Tag lang Kreuze mit dir.«
    »Ein Jahr!«
    »Eine Woche.«
    »Einen Monat!«
    Forrest ergab sich in die

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