Wald-Schrat
das Schloss erhob. Bäume umgaben sie, von denen jeder seine charakteristische Farbe hatte: Braun, einschließlich der Blätter; Grün, einschließlich des Stammes, Gelb, Blau oder Weiß. Die Bäume waren zwar hübsch, standen aber so dicht, dass sie den Blick auf das Schloss verstellten und Forrest und Imbri nicht mehr genau wussten, wohin sie gehen sollten.
Dann bemerkte Forrest einen weißen Baum mit braunem Stamm, was ihm vergleichsweise normal erschien. Als er den Baum erreicht hatte, erspähte er einen blauen Baum mit braunem Stamm. Zwischen ihnen verlief ein gerader brauner Pfad. »Das muss der richtige Weg sein«, sagte er.
Deshalb folgten sie ihm. Er wand sich mehrmals in rechten Winkeln, ohne auf sich zurückzuführen. Doch er blieb zwischen den braunstämmigen Bäumen. Forrest und Imbri verließen ihn nicht, obwohl er ständig Ecken beschrieb, und nach einiger Zeit gelangten sie ans Ufer des rechtwinkligen Schlossgrabens.
Aus dieser Perspektive erschien das Schloss viel größer als von weitem. Es hatte massive weiße Steinmauern, rote Dächer und drei quadratische Türme, die sich über das zweite Stockwerk hinaus erhoben. Anscheinend gab es keinen Eingang.
»Nun sieht es gar nicht mehr aus wie Schloss Roogna«, gab Forrest zu. »Die Umgebung ist anders geworden, und es kommt uns auch keine Prinzessin in Blue Jeans zur Begrüßung entgegen.«
»Das ist das Schloss des Guten Magiers!«, rief Imbri. »Es sieht jedes Mal anders aus, und jedes Mal bedeutet es eine Herausforderung, den Weg hinein zu finden.«
»Eigentlich sind es sogar drei Herausforderungen«, merkte Forrest an, der sich noch gut an die Prüfungen erinnerte. »Also haben wir uns verirrt und sind am falschen Schloss angekommen.«
»Das überrascht mich gar nicht. Der Pfad über die Kanareninsel war gekrümmt, und wir sind abgelenkt worden. Zudem konnten wir häufig die Richtung nur schätzen, als wir das Hügelland durchquerten.«
»Dann sollten wir am besten auf der eigenen Spur umkehren und den richtigen Weg nach Schloss Roogna suchen.«
Sie drehten sich um – doch der magische Pfad war verschwunden. Vor ihnen lag nun dichter Wald. Forrest besaß Erfahrung mit Bäumen und sah gleich, dass diese Gewächse keineswegs beabsichtigten, sie wieder durchzulassen: Brombeersträucher, Dornenhecken, Nesseln und andere spitze Pflanzen wucherten zwischen den Bäumen.
»Das war ein Einwegpfad«, sagte Imbri. »Ich hätte es ahnen sollen, aber ich bin nicht daran gewöhnt, stofflich zu sein.«
»Ich hätte auch daran denken können«, stimmte Forrest reumütig zu. »An und für sich sollte ich mich mit Bäumen gut auskennen.«
»Nun, dann müssen wir eben den Guten Magier nach dem Weg zu Schloss Roogna fragen.«
Forrest lugte auf den Graben. »Heißt das etwa, dass wir drei Prüfungen hinter uns bringen und ihm einen Jahresdienst leisten müssen?«
Imbri nickte. »Ich fürchte ja. Es sei denn, wir können ihn dazu überreden, uns ohne die übliche Zeremonie durchzulassen.«
»Na, er hat mich schon vorher nicht dienstverpflichtet, und ich weiß immer noch nicht, wieso.«
Imbri sah ihn nachdenklich an, sagte aber nichts.
Und so nahmen sie es in Angriff, ins Schloss vorzudringen. Für ein Grabenungeheuer gab es kein Anzeichen, doch darauf vertrauten sie nicht. Forrest führte deshalb ein Experiment durch: Er hob einen Kiesel auf und schnipste ihn ins glatte Wasser.
Ein gewaltiges, mit großen Zähnen besetztes Maul schoss aus dem Wasser und packte den Kiesel, bevor es platschte. Im nächsten Moment war das Wasser wieder völlig ruhig. So rasch war es geschehen, dass Forrest nicht sicher war, ob er es wirklich beobachtet hatte. Trotzdem kam er zu dem Schluss, dass es eine schlechte Idee sein könnte, im Graben zu schwimmen.
»Wir könnten uns in schwebende Seelen auflösen und auf der anderen Seite wieder verfestigen«, schlug Imbri vor.
»Ich weiß nicht, ob das in Ordnung wäre. Ich glaube, wir sollten uns lieber an die hiesigen Regeln und Grenzen halten, solange wir auf Ptero sind.«
»Wahrscheinlich hast du Recht. Ich könnte mir vorstellen, dass es gleichbedeutend mit dem Zermalmtwerden durch einen Oger ist, wenn man sich einfach in Luft auflöst, und wenn diese Vermutung stimmt, dann könnten wir dem Schloss nie wieder näher kommen als auf ein halbes Jahr Abstand.«
»Ja, das kommt noch erschwerend hinzu«, pflichtete Forrest ihr bei. Er hatte mehr an die moralischen Aspekte gedacht, wenn es auf Ptero so etwas gab. Physisch
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