Wald-Schrat
die Angelegenheit sofort in Ordnung bringe.«
»Darüber muss ich nachdenken«, sagte König Dolph. »Komm nächste Woche wieder.«
»Meiner Frau wird die Verzögerung aber gar nicht gefallen.«
»Hier hast du eine hübsche Perle. Gib sie ihr, um sie abzulenken.« Mit einer Hand fuhr König Dolph in die Schatztruhe, fischte eine funkelnde Perle heraus und gab sie dem Mann.
»Na, die wird ihr gefallen«, sagte er und trat ab.
»Der nächste«, sagte König Dolph in geschäftsmäßigem Tonfall.
»Das wird Son sein«, sagte Königin Electra. »Er ist gerade eingetroffen.«
Sie drückte den Summer.
Son trat ein.
»Und was kann ich für dich tun?«, fragte König Dolph höflich.
»Ich bin dein illegitimer Vetter Son. Ich möchte, dass du mich auf eine bedeutende Suche schickst, auf der ich mich beweisen kann. Dann werde ich mein rechtmäßiges Erbe als Mitglied der königlichen Familie beanspruchen und vielleicht eine nette Prinzessin heiraten.«
»Das nenne ich ein rechtes Ziel«, sagte König Dolph. »Also gut: Geh und finde heraus, ob der Mann mit der Perle wirklich mein Vater ist.«
»Okay. Ich gehe ins Storchenhauptquartier und sehe die Unterlagen ein.«
»Tu das.«
Son trat ab. Das Licht, das auf dem König lag, wurde schwächer und folgte Son, der langsam die Bühne überquerte, während die Szene sich in entgegengesetzter Richtung an ihm vorbeibewegte, um anzuzeigen, wie er vorwärts kam. Doch bevor er das Storchenhauptquartier erreichte, begegnete er einem hübschen jungen Mädchen mit langem dunklem Haar und dazu passender finsterer Laune.
»Nanu«, sprach Son sie an, »bist du etwa eine Prinzessin?« Denn er hatte sich schon immer zu schlechtgelaunten Mädchen hingezogen gefühlt; etwas war an ihnen, das ihn reizte. Seine Haltung zeigte das ganz deutlich.
»Nein, ich bin nur Raven, eine gewöhnliche Frau mit dem Talent, die Farbe meiner Augen meiner Stimmung anzupassen.« Als sie das sagte, blitzten ihre Augen auf.
»Wie schade«, sagte er bedauerlich, »denn ich will unbedingt eine Prinzessin heiraten.«
»Ja, wie schade«, stimmte sie zu, und ihre Augen verdüsterten sich, »denn du bist ein stattlicher junger Mann und siehst aus wie ein Magier. Ich möchte nämlich einen Magier heiraten.«
»Na, vielleicht findest du noch einen. Musst du in meine Richtung?«
»Ich glaube schon. Sollen wir zusammen reisen, bis wir uns trennen müssen?« Ihre Augen verfärbten sich zu einem hoffnungsvollen Grün.
»Das wäre mir recht.« Sie setzten sich in Bewegung, und hinter ihnen bewegte sich die Szene, um ihre gemeinsame Reise zu illustrieren.
»Soll ich dir meine knapp gefasste Lebensgeschichte erzählen, während wir unterwegs sind?«, erkundigte sich Raven, als die vorüberziehende Landschaft sich allzu oft zu wiederholen drohte und daher dringend eine Ablenkung nötig hatte.
»Ich interessiere mich immer für die Lebensgeschichten hübscher Mädchen«, antwortete Son, »auch wenn sie keine Prinzessinnen sind.«
»Meine Mutter wollte, dass aus mir eine mächtige Zauberin würde«, begann sie. »Von meinen Augenfarben war sie nicht besonders beeindruckt.« Ihre Augen nahmen ein scheckiges, stumpfes depressives Braun an. »Deshalb schloss sie einen Handel mit einem Dämon. Der Dämon gab mir eine Flasche, die ich an einer Schnur um den Hals trage. Sie erlaubt mir, etwas von den Talenten anderer Leute an mich zu nehmen und darin zu lagern. Dann kann ich diese Proben von Magie benutzen.«
»Ach, das ist ja… – sag mal, könnte ich das eine oder andere dieser Talente benutzen? Ich wüsste einige, die man wirklich gut gebrauchen kann.«
»Nein«, antwortete Raven bedauernd, und ihre Augen nahmen ein trübes Grau an. »Auf der Flasche liegt ein Zauber, der nur mir gestattet, sie zu benutzen. Im Tausch für diese Flasche, die mir gelegentlich die Kräfte einer Zauberin verleiht, erklärte meine Mutter sich einverstanden, ihr anderes Kind dem Dämon zu schenken. Sie hielt das für ein gutes Geschäft, weil sie außer mir noch keine Kinder hatte.«
»Da kann man sich nie sicher sein«, sagte Son. »Ich bin der illegitime älteste Sohn von Magier Grey Murphy und Zauberin Ivy und bin gekommen, um mein Erbe zu beanspruchen. Nun bin ich im Auftrag König Dolphs unterwegs, um herauszufinden, ob er einen illegitimen Vater hat.«
»Das ist faszinierend«, sagte Raven eindeutig gelangweilt; ihre Augen hatten die Farbe von altem Spülwasser angenommen. »Jetzt aber bin ich sechzehn und habe eine liebe
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