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Wald

Wald

Titel: Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Waechter
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mit ihrer Zofe von einem Moment zum Nächsten so vertraut redet und sie erinnert sich, welcher Taten sie Kralin soeben noch in Gedanken beschuldigt hatte. Doch soll sie sich tatsächlich darüber wundern? Wem sollte sie sich sonst anvertrauen? Da ist sonst niemand der ihr mit offenen Ohren zuhören würde.
    Die Zofe zieht an den Schnüren, um das Kleid in der Taille festzuzurren. Auch die Oberweite wird durch den Zuschnitt des Gewandes besonders hervorgehoben. Llyle hält die Luft an, als der letzte Knoten gebunden wird, aber sie lässt es über sich ergehen. Die aktuelle Damenmode ist nicht für die Frauen, sondern für die Männer gemacht. Doch was brächte es, wenn sie sich auch darüber noch beschweren würde?
    »Den Traum von der Hochzeit kann ich derweil getrost begraben. Aber so ist es für die Weibsbilder heutzutage.Wir müssen es hinnehmen, wie man es uns serviert.«
    Sie atmet aus, so inbrünstig als wolle sie die Burgmauern wegpusten und wendet sich um.
    »Wie sehe ich aus?«
    »Wunderschön! Selbst eine echte Prinzessin könnte sich nicht mit eurer Anmut messen.«
     
    Orfin, ein Diener des Fürsten, betritt die stickige Kneipe mit dem passenden Namen »Zum toten Hund«. Alle Armen und Witwen der Stadt zusammenzutreiben, so lautet der geheime Geheimauftrag, den Fürst Svetopluk ihm anbefohlen hat. Nur ob der große Herrscher auch für einen Moment darüber nachgedacht hat, wie schwer es ist, in einer reichen Handelsstadt ein Rudel Arme zusammenzubringen?
    Er setzt sich an die Theke. Die zwei Bettler, die er auf dem Triumphpfad aufgabeln konnte, und die ihm folgen mussten, stehen wie verwurzelt im Raum und wissen nicht, was sie hier eigentlich machen.
    Darin haben sie etwas mit Orfin gemeinsam.
    Er sieht sich um und überlegt. Die anwesenden Matrosen sind allesamt betrunken, stinken, und zwei oder drei von ihnen haben sogar auf ihren Wams erbrochen. Aber selbst wenn er den miefenden Haufen bezahlen und bestechen würde, wie Stadtstreicher sehen sie doch nicht aus. Und woher bekommt er eine Witwe? Wenigstens eine! Vielleicht soll er sich lieber eine Karaffe Wein bestellen und die höchst wichtige aber unlösbare Aufgabe herunterspülen und ausspeien. Er winkt – das Winken eines Hoffnungslosen – und die unförmige Wirtin setzt sich in Bewegung.
     
    Der Abt hat sich bereits im Burghof eingefunden. Zu früh, aber das macht nichts. Er hat allen Grund sich zu freuen, man hat ihn eingeladen mit der Andeutung, dass sein Kloster eine großzügige Spende erhalten soll. Aber was geht hier vor? Da ist eine ganze Tafel, die hier unter freiem Himmel vorbereitet wird. Sonderbar.
    Fürst Svetopluk tritt aus einer Tür hinaus auf den Hof. Er möchte den Fortschritt der Vorbereitungen persönlich überwachen. Für ihn ist es ein wichtiges Unterfangen. Endlich entdeckt er den Narren, läuft auf ihn zu und spricht ihn an.
    »Und? Wie sieht es aus? Habt ihr schon Orfin und die Armen gesehen?«
    »Nein, mein betörender Gebieter.«
    »Und den Kerkermeister? Habt Ihr den Kerkermeister gesehen? Er sollte uns doch einen harmlosen Gefangenen zum Begnadigen senden?«
    »Ebenfalls nein.«
    »Nun gut, sie werden doch rechtzeitig hier erscheinen.«
»Sicher.«
    »Wisst Ihr, ob man Llyle Bescheid gegeben hat?«
»Gewiss. Allerdings hat man sie über die Ursache der Veranstaltung im Dunkeln gelassen. Sie weiß nur, dass sie zur Mittagsstunde hier zu erscheinen hat.«
    »Sehr schön. Ich bin sicher, dass meine wohltätige Tat sie sehr wohl beeindrucken wird!«
     
    Kralin reicht Llyle den Mantel an, den diese über ihre Schultern wirft. Dann begeben die beiden sich in den Burghof. Als Svetopluk sie sieht, wird er nervös.
    »Aber die Bedürftigen sind ja noch gar nicht anwesend! Lediglich der Klosterabt!«
    Die Komtess tritt geradewegs an ihn heran.
    »Aha, der Fürst ist hier!«
    Der Narr stößt dem blass gewordenen Svetopluk in die Seite, der sich sogleich daran erinnert sich vor der Angebeteten zu verbeugen.
    »Llyle! Ich habe euch bereits seit Tagen nicht gesehen. Ich war besorgt um euch und bin nun umso erfreuter euch wieder zu sehen.«
    »Verstehe.«
    Svetopluk tanzt von einem Fuß zum nächsten und zurück.
    »Aber sagt, mein Fürst. Hättet Ihr nun die Güte mich einzuweihen, was dieser Tumult zu beudeten hat?«
    »Selbstverständlich. Es wird mir eine Freude ohne gleichen sein, Euch dieses umgehend zu erklären. Es ist«, Svetopluk schnappt nach Luft.
    »Ja?«
    »Es ist, das Fest der Mildtat, dass ich hiermit zum ersten Mal

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