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Wald

Wald

Titel: Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Waechter
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der nötigen Entfernung.
    Der Abt steht unterdessen zögerlich auf, ängstlich hebt er seine Arme zum Schutz vor Wurfgeschossen. Der Gemüseschütze hingegen, hat indessen realisiert, dass man die Lebensmittel auch essen kann. Seine letzte Mahlzeit, die es verdient so genannt zu werden, ist bereits ein paar Jahre her. So stopft er sich den Mund voll – mit Wachteln, Spargel und Austern. Alles auf einmal.
    Svetopluk ist sichtlich erfreut über diese Entspannung an der Gemüsefront. Er greift in seinen Wams und zieht einen großen Beutel hervor, in dessen Inneren sich zwanzig Goldstücke befinden. Feierlich hebt er das Säckchen empor und schüttelt es wie ein Glöckner die Glocke zum Gebet.
    »Seid nicht zögerlich Abt. Tretet zu mir und holt die Spende für Euer Kloster.«
    Der Abt will einen Schritt voranmachen, stößt aber gegen Orfins Kopf. Dieser ist vor seinen Füßen in die Knie gegangen, ohne dass er es bemerkt hatte. Vorsichtig schiebt er den Lakaien zur Seite und läuft langsam los. Als er die Brühe entdeckt, die Orfin auf seinen Stiefeln und am Saum seines Umhangs hinterlassen hat, gerät er ins Wanken.
    »Was ist mit Euch!«, Svetopluk sieht verwundert auf. Dann läuft er dem Mönch entgegen, um zu verhindern, dass die Geldübergabe ebenfalls schief läuft. Als er den dritten Schritt gemacht hat, donnert ihm ein Kopfsalat wie ein Blitzschlag an den Schädel.
    Der erste Hunger des Begnadigten ist gesättigt, und die Waffenruhe vorbei.
    Die verharrte Burgwache erwacht wieder aus ihrer felsähnlichen Starre und jagt dem Fürstenverunstalter hinter her.
    »Kötergeschlecht. Kerkermiezen. Holzkopfhenker«, schreit dieser, während er im Kreis um die Tafel spurtet.
    Der Abt geht nun auch zu Boden, da ihm der beißende Geruch von seinen Fersen, die Farbe aus dem Gesicht stiehlt. Einer der beiden echten Bettler nutzt die allgemeine Verwirrung und reißt dem Fürsten den Beutel mit den Goldstücken aus der Hand. Er rennt wie wild geworden auf das Tor zu, so als wäre ein gesamter Bienenstock hinter ihm her. Am Fallgitter angekommen wird er dennoch von einer Wache abgefangen. Der Begnadigte hingegen ist immer noch nicht eingefangen.
    Die Komtess tritt nun aus ihrem Versteck hervor und läuft zielstrebig auf den Fürsten zu. Dieser zuckt zusammen, als er sie vor sich stehen sieht, so als würde ihr mutiges Auftreten ihn erschrecken. Ohne eine Miene zu verziehen, greift sie ihm auf den Kopf und befreit ihm von dem einzelnen Salatblatt, dass wie Krone über seinem Haupt thront.
    »Sagt, mein Fürst, was genau ist die Funktion, die Ihr bei dieser Angelegenheit für mich vorgesehen habt?«
    »Äh ---«
    »Nun, wie dem auch sei, eine schöne Idee von Euch die Armen zu speisen.«
    »Ja, meint Ihr das denn wirklich --- ich meine ---«
    »Schon gut, wenigstens habt Ihr euch Mühe gegeben und einen Anfang gewagt. Es ist wichtig, dass man sich um die Menschen kümmert, die schlechtergestellt sind, als man es selbst ist.«
    »Also haben meine guten Taten Euer Herz erweicht?«
    »Gute Taten?« Llyle legt eine kurze Gedankenpause ein. Svetopluk sieht sie voll neu entflammter Hoffnung an. Hinter ihm fällt der begnadigte Salatwerfer der Wache in die Hände. Dann antwortet die Komtess.
    »Wenn Ihr wieder ein Mal eine gute Tat begehen wollt, dann redet einem verlobten Mann die Heldenträume aus, anstatt ihn in den sicheren Tod zu senden. Nicht dass Ihr bei der nächsten Feier noch mehr Witwen zu speisen habt.«
    Llyle dreht sich um und lässt den Fürsten stehen. Sie entfernt sich Schritt für Schritt aus seinem Einflussbereich, ohne dass er etwas dagegen unternehmen könnte. Allein steht er wie zu einer Salzsäule erstarrt inmitten des Hofes, während um ihn herum die Welt im Kreis wirbelt.

»Der Held und der Wolf«
     
    In der Mitte der Lichtung liegt der junge Held – über die holde Schöne gebeugt. Seine linke Hand schiebt ihr Kleid hoch, er will sich die Belohnung für seine ruhmreichen Taten holen. Ihr Blick ist auf ihn gerichtet. Ohne sich zu wehren, gibt sie sich in seine Obhut. Sein Kopf hingegen ist in Richtung der Bäume gedreht. Er ist ein aufmerksamer Krieger und so hat er den Angreifer, der sich im Unterholz nähert, rechtzeitig entdeckt. Auch die rechte Hand hat er bereits auf dem Griff seines Schwertes liegen – bereit im Kampf die Angebetete zu verteidigen. Selbst die unheimliche Gestalt des Gegners kann ihn nicht beunruhigen. Der Feind hat den Oberkörper eines Wolfes, das Gesicht und den Rücken voll von

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