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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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siebzehntausend Dollar für das Rathaus ausgegeben.
    Doch würde sie wahrscheinlich in hundert Jahren nicht so viel beisteuern, um ein Klima für den lebendigen Geist zu schaffen, den wahren Kern, um diese Schale zu füllen. Die
    einhundertfünfundzwanzig Dollar Jahresgebühr für die
    Volkshochschule sind besser angelegt als jeder andere Betrag dieser Höhe, der in der Stadt erhoben wird. Wenn wir im neunzehnten Jahrhundert leben, warum genießen wir dann
    nicht die Vorteile, die das neunzehnte Jahrhundert zu bieten hat? Warum sollte sich unser Leben so provinziell gestalten?
    Wenn wir schon Zeitung lesen, warum überspringen wir nicht den Klatsch aus Boston und nehmen gleich die beste Zeitung der Welt? - wir müssen nicht den Brei »familiengerechter«
    Zeitungen löffeln oder uns hier in Neuengland am
    »Olivenzweig« weiden. Laßt uns die Berichte aller
    wissenschaftlichen Gesellschaften abonnieren, und dann sehen wir, ob sie mehr wissen. Warum sollten wir es den Verlagen Harper & Brothers und Redding & Co. überlassen, unsere Lektüre auszuwählen? Wie sich der Adlige von kultiviertem Geschmack mit allem umgibt, was kulturell für ihn förderlich ist, mit Geist, Wissenschaft, Genius, Malerei, Literatur, Musik, Philosophie und anderem, so sollte sich auch unsere Stadt um diese Dinge bemühen. Man darf nicht bei einem Erzieher, einem Pastor, einem Küster stehenbleiben, bei einer
    Gemeindebücherei und drei Stadträten, nur weil unsere Ahnen, die Pilgerväter, mit ihnen einmal auf einem blanken Felsen durch einen kalten Winter kamen. Gemeinsames Handeln steht im Einklang mit dem Geist unserer Traditionen; und ich bin zuversichtlich, daß unsere Umstände blühender und unsere Mittel größer sind als die des Adligen. Neuengland kann alle Weisen auf der Welt in Dienst nehmen, es zu unterrichten, und sie dabei hier unterbringen und seine sogenannte Provinzialität weit hinter sich lassen. Das ist die Volksschule für das erwachsene Volk, die wir brauchen. Statt Adligen wollen wir ganze Ortschaften adlig heranziehen. Wenn nötig, können wir ja dafür auf eine der Brücken verzichten, die über den Fluß führen; lieber wollen wir einen kleinen Umweg machen und
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    wenigstens eine Brücke schlagen über den dunkleren Abgrund der Unwissenheit, die uns umgibt.
    IV
    Laute
    Doch während wir uns mit Büchern befassen, seien es auch die ausgewähltesten und klassischen, und nur bestimmte
    Schriftsprachen lesen, die selbst wiederum nur Dialekte oder Mundarten sind, laufen wir Gefahr, die Sprache zu vergessen, welche alle Dinge und Geschehnisse ohne Metaphern
    sprechen, welche allein fruchtbar und maßgebend ist. Vieles wird veröffentlicht, doch nur wenig gedruckt. Die Strahlen, die durch die Fensterläden dringen, werden vergessen, wenn die Läden ganz geöffnet sind. Keine Methode, keine Disziplin kann uns der Notwendigkeit entheben, die Augen ständig
    offenzuhalten. Was ist eine Reihe von Vorlesungen über
    Geschichte, Philosophie oder Dichtung, und sei sie noch so trefflich aufgebaut, was die beste Gesellschaft oder die bewundernswerteste Lebensweise im Vergleich zu dem
    Grundsatz, stets das zu sehen, was es zu sehen gibt? Willst du ein Leser sein, ein bloß Lernender - oder ein Sehender? Lies dein Schicksal, sieh, was vor die liegt, und gehe ruhig deiner Zukunft entgegen.
    Im ersten Sommer las ich keine Bücher; ich zog Bohnen. Doch hatte ich oft Besseres zu tun als das. Es gab Zeiten, in denen ich es nicht über mich brachte, die Schönheit des Augenblicks irgendeiner Arbeit zu opfern, ob sie nun geistiger oder handwerklicher Natur war. Ich lasse meinem Leben gern einen weiten Spielraum. Im Sommer saß ich mitunter nach dem
    gewohnten Bad von morgens bis mittags traumversunken
    zwischen Kiefern, Hickory- und Sumachbäumen in ungestörter Einsamkeit und Stille vor meiner Tür in der Sonne. Die Vögel um mich herum sangen oder huschten geräuschlos durch das Haus, bis mir die Sonnenstrahlen, die durch das Westfenster fielen, oder ein Wagen auf der fernen Landstraße das
    Vergehen der Zeit zum Bewußtsein brachten. In solchen
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    Stunden richtete ich mich auf wie der Mais über Nacht. Sie waren weit wertvoller als jede körperliche Arbeit. Sie
    bedeuteten keine Verringerung meiner Lebenszeit, sondern gingen weit über das mir eingeräumte Maß hinaus. Ich begriff, was die Orientalen mit Kontemplation und Niederlegung der Arbeit beabsichtigen. Meistens merkte ich gar nicht, wie die Stunden vergingen. Der

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