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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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sehr die Füße auf. Denn während ich in dem gelben Sandboden langsam die achtzig Yard langen grünen Reihen einmal hin- und einmal herging, war ich ständig ihren Strahlen
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    ausgesetzt. Auf der einen Seite liefen die Bohnen in eine Zwergeichenpflanzung aus, in deren Schatten ich mich
    ausruhen konnte, auf der anderen in Brombeersträucher, deren grüne Beeren sich in der Zeit, die ich gebrauchte, um eine Reihe zu hacken, tiefer färbten. Unkraut jäten, frische Erde um die Bohnenstengel häufen und den gelben Boden dazu
    ermutigen, seine Sommergedanken in Bohnenblüten und -
    blättern auszudrücken anstatt in Wermut, Pfefferkraut und Hirsegras, den Boden »Bohnen« sagen zu lassen anstatt
    »Gras«, das war mein Tagewerk. Da ich weder die Hilfe von Zugtieren noch von Landarbeitern oder auch nur den neuesten Landwirtschaftsgeräten in Anspruch nahm, ging alles viel langsamer vor sich, doch um so vertrauter wurde ich mit meinen Bohnen. Doch Arbeit mit den Händen, und wenn sie bis an die Grenze der Plackerei geht, ist wahrscheinlich nicht die schlechteste Form des Müßiggangs. Sie birgt eine dauerhafte, unzerstörbare Moral in sich und trägt dem Lernenden
    klassische Früchte. Den Reisenden, die westwärts über Lincoln und Wayland, Gott weiß wohin, fuhren, mußte ich als richtiger agricola laboriosus erscheinen. Sie saßen gemütlich in ihren Gigs, die Ellbogen auf den Knien, und ließen lose die Zügel hängen. Ich aber war der bodenständige, mit der Scholle verwachsene Bauer. Doch meine Heimstätte war bald ihren Augen und ihrem Sinn entschwunden. Da mein Feld auf beiden Straßenseiten in großem Umkreis das einzige kultivierte war, konnten sich manche gar nicht genug daran tun, und ich bekam viel mehr zu hören, als für mein Ohr bestimmt war. »Bohnen, Erbsen, so spät!« Denn ich baute noch an, wenn die anderen längst umstachen; das wollte dem Diplomlandwirt nicht

einleuchten. »Das gibt nur Futtermais, mein Junge, nur
    Futtermais!« - »Wohnt er auch hier?« fragt der schwarze Damenhut den grauen Überzieher, und ein Farmer mit grobem Gesicht hält seinen dankbaren Gaul an, um sich zu erkundigen, was ich denn da täte, da er keinen Dünger in den Furchen sehe, und er empfiehlt mir Abfälle aller Art, Asche oder Kalk.
    Doch hier gab es zweieinhalb Morgen voller Furchen, statt eines Handwagens nur eine Hacke und zwei Hände, sie zu
    gebrauchen und, da ich auch eine Abneigung gegen Wagen
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    und Pferde hegte, um Dreck heranzukarren. Andere Reisende verglichen mit lauter Stimme mein Feld mit anderen, und ich erfuhr, welche Stellung ich in der ackerbaubetreibenden Welt einnahm. Dieses Feld wurde in Henry Colemans Bericht nicht aufgeführt. Wer schätzt übrigens den Wert des Ertrags, den die Natur auf Feldern hervorbringt, die noch wilder sind und unberührt von Menschenhand? Der Ertrag an englischem Heu wird sorgfältig gewogen, sein Feuchtigkeitsgehalt berechnet, und Silikate und Pottasche werden nachgewiesen; doch in jeder Senke, jedem Wasserloch, in Wald, Wiese und Moor wächst eine reiche vielfältige Frucht, die der Mensch ungeerntet läßt. Mein Feld schien das Bindeglied zwischen den wilden und den kultivierten Feldern zu sein. So wie es zivilisierte Staaten, halbzivilisierte und barbarische oder wilde gibt, war mein Feld halbkulitiviert, und zwar im besten Sinne. Die Bohnen kehrten fröhlich in den wilden Naturzustand zurück, den ich kultivierte, und meine Hacke spielte einen Rans de Vaches dazu.
    Auf dem obersten Zweig einer Birke in meiner Nähe sitzt eine braune Drossel, eine Spottdrossel, wie manche sie gerne nennen, und singt den ganzen Vormittag. Sie ist froh über meine Gesellschaft und würde ein anderes Feld aufsuchen, wäre meines nicht hier. »Wirf's hin, wirf's hin - deck's zu, deck's zu - zieh's raus, zieh's raus!« ruft sie mir zu, während ich aussäe. Aber es war kein Mais, was ich anbaute, und daher vor ihrem Schnabel sicher. Man wird sich vielleicht fragen, was das Lied einer Drossel, diese Amateurdarbietung á la Paganini, mit meinen Pflanzen zu tun hat, und doch war es ausgelaugter Asche und Kalk vorzuziehen. Es war eine billige Art der Oberflächendüngung, in die ich volles Vertrauen setzte.
    Während ich mit meiner Spitzhacke die frische Erde umstach, wühlte ich die Asche geschichtlich nicht verzeichneter Völker auf, die in grauer Vorzeit unter diesem Himmel gelebt hatten.
    Ihre bescheidenen Kriegs- und Jagdgeräte kamen so an das Licht unserer Tage. Sie

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