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Waldesruh

Waldesruh

Titel: Waldesruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Und Janna ist ja auch wirklich schwierig – ganz zu schweigen von Moritz.«
    Emily nickte.
    »Aber weißt du, es war auch ein gutes Gefühl, wenn man aus der Schule kam und keine Angst haben musste, dass die Polizei oder der Notarzt oder eine Tussi vom Jugendamt auf einen wartet.« Maries Blick verlor sich ins Leere, sie nickte ein paarmal. »Ja, das war gut, das muss ich sagen. Und mit der Zeit habe ich mich an Omas Art gewöhnt. Ich glaube, sie hat es im Leben auch nicht leicht gehabt. Mama hat mal gesagt, dass ihr Mann, also mein Opa, ein rechtes Arschloch gewesen sei.«
    »So was hat sie gesagt? Über ihren eigenen Vater?«, staunte Emily.
    »Krass, oder?«
    »Ziemlich«, meinte Emily. »Warum?«
    »Keine Ahnung. Mehr hat sie nicht erzählt, Oma auch nicht.«
    »Besucht ihr eure Mutter ab und zu?«
    Marie schüttelte den Kopf. »Das letzte Mal war vor einem halben Jahr. Da war sie irgendwie seltsam. So künstlich aufge kratzt, gar nicht wie sonst. Ich glaube, sie hatten ihr jede Menge Medikamente gegeben. Es war unheimlich, sie kam mir vor wie ein Zombie. Janna fand das auch und Oma meinte dann, es sei besser, wenn wir erst mal nicht mehr hingingen. Es gab deswegen ein bisschen Zoff mit Oma, aber ehrlich gesagt – so viel Lust, Mama zu besuchen, hatte ich dann gar nicht mehr und Janna wohl auch nicht.«
    Es herrschte eine Weile Schweigen zwischen den beiden, dann fragte Emily: »Kannst du dir vorstellen, dass deine Oma in irgendetwas verwickelt war? Vielleicht...ein Verbrechen?«
    »Das habe ich mich heute nach dem komischen Anruf auch schon gefragt.«
    »Und?«
    »Ich weiß es nicht. Sie war ziemlich eigenwillig. Wenn sie etwas nicht eingesehen hat, dann waren ihr Gesetze und Vorschriften egal. Da vorne, an der Kreuzung vor dem Dorf, ist doch diese Ampel. Und wenn da weit und breit kein Auto zu sehen war, dann ist sie einfach bei Rot durchgebrettert.« Marie musste lächeln. »Sie sagte dann immer: ›Rot bedeutet nur, dass man die Augen aufmachen soll.‹«
    Emily schüttelte den Kopf. »Aber reden wir hier wirklich von roten Ampeln? Überleg doch mal, der Mann hat von einem Ultimatum gesprochen.«
    Marie überlegte und sagte dann: »Sie hat uns mal einen Zeitungsartikel gezeigt. Es ging um Einbrecher, die ein Spielkasino ausgeraubt haben. Sie haben einen Tunnel gesprengt und die Alarmsysteme manipuliert, es wurde niemand erschreckt oder verletzt.« Sie nahm noch einen Schluck Milch. »Diesen Raub fand Oma richtig klasse. Aber wenn sie auf der Straße einen Geldbeutel liegen sah, dann hat sie ihn abgegeben, mitsamt dem Geld.«
    »Meinst du, sie könnte . . . sagen wir mal ...an einem Bankraub beteiligt gewesen sein?«, spekulierte Emily.
    »Und der Kerl von neulich ist ein Komplize und sucht nun nach der Beute?« Die beiden sahen sich an, dann schüttelte Marie den Kopf und meinte: »Nein, das ist totaler Schwachsinn!«
    Auch Emily konnte sich Frau Holtkamp beim besten Willen nicht als Bankräuberin vorstellen. »Aber sie muss etwas besitzen, weswegen jemand ein Ultimatum für eine Übergabe stellt. Nur, was?«
    »Es muss ja kein Gegenstand sein«, sagte Marie. »Es kann auch eine Information sein.«
    »Du meinst, sie weiß, wo ein Schatz liegt?«
    »Schätze gibt es nur im Märchen und das hier ist keins.«
    »Stimmt. Nirgends ist ein Prinz oder eine gute Fee in Sicht«, seufzte Emily.
    Marie gähnte. Auch Emily war inzwischen todmüde. In stillem Einvernehmen gingen die Mädchen in ihr Zimmer, schlüpften in die Betten und schliefen ziemlich rasch ein.

Trotz der nächtlichen Küchengespräche waren am Morgen alle früh auf den Beinen. Etwas lag in der Luft, ihnen allen steckte die gestrige Drohung in den Knochen. Als während des Frühstücks das Telefon klingelte, schraken die drei Mädchen zusammen und tauschten ängstliche Blicke. Nach dem vierten Läuten nahm Marie schließlich den Hörer ab. Es war die Buchhandlung in der nächsten Kleinstadt, bei der Frau Holtkamp eine Bestellung liegen hatte.
    »Ich habe sie schon länger nicht mehr gesehen, ist sie krank?«, erkundigte sich die Buchhändlerin.
    »Äh, ja. Nein. Sie war verreist. Und . . . und dann war sie auch ein bisschen krank. Also, wir werden die Bücher abholen, vielen Dank«, sagte Marie und legte rasch auf.
    »Was war das denn für ein Gestotter?«, nörgelte Janna.
    »Entschuldige bitte! Mir fiel gerade nichts ein.«
    Janna schüttelte energisch den Kopf. »Das geht so nicht. Wir müssen uns genau absprechen, was wir den Leuten erzählen.

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