Waldmeister mit Sahne
Schnell hielt ihn Michael zurück. „Den übernehme ich.“
So wie Kalle ihn anschaute, musste Michaels Gesicht ungewöhnlich finster aussehen. Prima, denn das passte gut zu seiner Stimmung.
„Kennst du den Typen etwa?“, fragte Kalle unsicher.
Mit einem grimmigen Lächeln nickte Michael. „Das ist mein Exfreund.“
„Oh! Soll in diesem Fall nicht lieber ich …“
„Er weiß noch nicht, dass er mein Exfreund ist“, ergänzte Michael kalt.
Kalle riss verblüfft die Augen auf und blickte ihm unbehaglich hinterher, als Michael nun nach draußen und zum Prüfstand ging. Mit vor der Brust verschränkten Armen baute er sich provokant vor dem Golf auf. Jo – oder sollte er lieber Achim sagen? – hatte ihn bislang nicht bemerkt, da er irgendetwas in seinem Wagen suchte. Schließlich fand er das Gesuchte in irgendeiner Ablage und stieg endlich aus.
„Hallo, hier muss ein Irr…“
Endlich hob Jo den Kopf und verharrte vor Überraschung mitten in der Bewegung. Michaels Gesicht sprach offenbar Bände, denn Jo blickte ahnungsvoll auf die Checkliste, die ihm seine entsetzlich blonde Ehefrau mitgebracht hatte und registrierte zum ersten Mal die Unterschrift. Die hatte Michael extra besonders deutlich lesbar darauf gesetzt. Dem Begreifen folgte eisiger Schrecken. Zaghaft sah ihn Jo an.
„Ich kann dir das erklären.“
Begann so nicht der Satz eines jeden Lügners und Betrügers? Michael schoss auf ihn zu, packte ihn grob am Arm und zerrte Jo auf die Rückseite des Prüfstands, wo die Parkplätze lagen.
„Du Zickenficker!“, brüllte Michael zornig und spürte, wie er kurz davor war die Kontrolle über sich zu verlieren.
„Du Pflaumenlecker! Du verdammter Vaginalwurm!“ Mit zweitägig geschürter Wut stieß er Jo vor die Brust. Der taumelte mehrere Schritte rückwärts.
„Micha, gib mir bitte die Gelegenheit, dir das alles zu erklären.“ Jo zog ein klägliches Gesicht, aber das war Michael völlig egal.
„Für dich Eierstocktrommler und Blondinenstecher heißt das ,Herr Döring‘, klar?“
„Micha …“
„Nicht nur, dass du mich belügst, nein, du heiratest zudem eine geistige Null. Wenn deine Frau mehr als eine Gehirnzelle hat, dann nur, weil eine weitere zu Besuch ist“, fauchte Michael ihn an.
„Jetzt hör …“
„Was allerdings überhaupt kein Grund ist, sie ebenfalls zu hintergehen.“ Zornig äffte er nun Blondie nach: „Achim ist mein Ehegatte.“
Jo stand hilflos vor ihm und hatte es aufgegeben, ihm ins Wort fallen zu wollen. Michael hätte ihm ohnehin nicht zugehört.
„Wenigstens musste ich mir nichts von irgendwelchen Kindern anhören.“
„Drei“, sagte Jo da leise.
„Was?“
„Drei“, wiederholte Jo. „Ich habe drei Kinder. Zwei Söhne und eine Tochter.“
Fassungslos starrte ihn Michael an. In seinem Kopf machte irgendetwas Klick, als der Schalter für die Selbstbeherrschung auf OUT umgelegt wurde. In diesem Augenblick wollte das Tier in ihm Jo nach allen Regeln der Kunst verprügeln. Daher holte Michael aus und schlug mit geballter Faust zu. Die landete exakt auf Jos Kinn und knockte ihn beinahe aus. Mit einem erstickten Ächzen ging Jo zu Boden und hielt sich mit beiden Händen stöhnend das Gesicht. Schon hob Michael den Fuß, um seinem mittlerweile Ex mit Wonne in die Nüsse zu treten. Doch er stellte seinen Fuß unverrichteter Dinge ab und ärgerte sich furchtbar, weil er Mimose niemanden verletzen mochte, der bereits am Boden lag.
„Verpiss dich!“, sagte Michael daher so eisig wie möglich, drehte sich um und ließ Jo einfach auf dem Parkplatz sitzen. Zurück im Aufenthaltsraum starrte er bestimmt fünf Minuten die Kaffeemaschine an. Endlich hörte er, wie der Golf angelassen wurde und wegfuhr. Einen Moment später kam Kalle herein und Michael spürte, dass er dicht hinter ihm stehenblieb.
„Alles okay?“, fragte Kalle mit weicher Stimme.
Michael nickte, obwohl das gelogen war. Gar nichts war okay. Ganz im Gegenteil. Er war ein einziger Schmerz. Zu allem Überfluss begannen Tränen über seine Wangen zu fließen. Und nun überraschte ihn Kalle, indem er ihn in den Arm nahm. Alle seine Kollegen wussten, dass Michael gay war und sie kamen damit klar, solange er eine gewisse Grenze wahrte, indem er nicht einen auf Tunte machte oder seine sexuelle Neigung an die große Glocke hängte. Und plötzlich überschritt Kalle diese Grenze, weil Michael gerade von Mann zum Männchen mutierte und wie eine Memme flennte.
„So ein Arschloch hat dich gar nicht
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