Waldos Lied (German Edition)
als die Burg auf dem Stein schon ein ganzes Stück hinter uns lag. »Nach Westen«, erklärte ich ihm. »Zuerst ins Kloster Cluny, zu einem ganz besonderen Mann. Und dann immer weiter nach Westen. Mehr weiß ich auch nicht. Vielleicht kann uns ja unterwegs jemand den Weg zeigen. Ich weiß nur um die Geschichte eines Kreuzes, das auf einer Halbinsel an einem großen Meer stand oder steht, die man Batz nennt; in der Nähe eines Ortes, dem deine Landsleute den Namen Ar Kroazig gaben. «
Beringo schaute mich groß an. »Das ist ja meine Heimat! Ich komme aus der Gegend von Redon, das ist ein Kloster, wohl eine Tagesreise von Ar Kroazig entfernt. Ich weiß zwar nichts von einem Kreuz. Aber wenn es dort eins gegeben haben sollte, dann finden wir den Ort. Und Ihr wärt wirklich in meine Heimat gegangen, ohne mich mitzunehmen! Ein schöner Freund seid Ihr.«
Meginfried enthob mich glücklicherweise der Antwort. »Kreuz. Stimme?«
»Ja, die Stimme war wieder da. Das ist auch ein Grund für diese Reise. Ich muss endlich herausfinden, was es damit auf sich hat. Und wenn es ein Dämon ist, dann werde ich ihn stellen.« Von den anderen Dämonen, die in mir wohnten, wussten sie nichts.
Ich sah aber, wie sie sich über meinen Kopf hinweg bedeutungsvoll ansahen. Meginfried packte sein Schwert fester. Beringo rückte seinen Bogen zurecht.
Während wir so gemächlich in der Frühlingssonne dahin-ritten, überkam mich ein seltsames Gefühl. Es schien mir erstaunlich, wie sich alles gefügt hatte. Aber vielleicht stand ja eine höhere Macht dahinter. Es war fast, als verberge sich ein Plan hinter alldem.
Niemand soll mir sagen: Dieser Sieg gilt nichts,
diejenigen sind keine Sieger und nicht so lobend zu nennen,
die bei ihrem Sieg keinerlei Kampfesmühen auf sich nahmen.
Carmen de bello Saxonico
A bt Hugo von Cluny empfing uns trotz seiner Überraschung voller Freude. »Waldo von St. Blasien, was treibt dich von der Heimat weg? Ich bin erstaunt, dass Herzog Rudolf dich in Zeiten wie diesen gehen ließ. Wie man hört, legt er viel Wert auf deinen Rat. Aber es ist schön, dich hier zu sehen. Du bist gerade noch zur rechten Zeit gekommen, denn ich wollte in einigen Tagen aufbrechen.«
»Ist etwas geschehen?« fragte ich besorgt. »Gibt es schlechte Nachrichten von Herzog Rudolf? «
Hugo von Cluny schüttelte den Kopf. »Nein, meine Reise hat einen anderen Grund. Allerdings hörte ich, dass seine Gemahlin Adelheid mit einem Sohn niederkam, der aber nur wenige Tage lebte. Sie gaben ihm den Namen Otto. Er wurde in St. Blasien beigesetzt. Doch es ist ja leider nichts Ungewöhnliches, wenn ein Kind stirbt. Nein, ich mache mich auf den Weg zum Hoftag nach Nürnberg. Papst Gregor ist besorgt über die Zustände in Gallien, über das Verhalten einiger Bischöfe. Wie du weißt, missbilligt er es zutiefst, auf welche Weise hohe geistliche Ämter vergeben werden. Nämlich nicht nach Wissen und Verdienst, sondern nach der Menge des Geldes, die einer geben kann. Er wird deshalb Legaten zu König Heinrich schicken, die Bischöfe Gerold von Ostia, Humpert von Palestrina, Heinrich von Chur und Rainald von Como. Begleitet werden sie von seiner Mutter, der Kaiserinwitwe. Der Papst beabsichtigt nämlich, alle Bischöfe und Äbte abzusetzen, die ihre Ämter gekauft haben. Dem Bischof von Bamberg und einigen anderen hat er deshalb bereits die Amtsenthebung angedroht und ihnen verboten, Gottesdienste abzuhalten. Außerdem erreichte mich die Nachricht, dass es Krieg gibt. König Heinrich will dem Gemahl seiner Schwester Judith-Sophie, König Salomon von Ungarn, mit einem Heer zu Hilfe kommen. Dieser wurde von Aufständischen aus seinem Land vertrieben und hat meinen Patensohn um Hilfe ersucht. Große Sorgen bereitet mir auch die unbändige Wut des Königs auf die Sachsen. Seitdem sie die Harzburg völlig zerstört haben, ist er fest entschlossen, sie mit allen Mitteln in ihre Schranken zu weisen. Vielleicht gelingt es mir doch noch, ihn zur Mäßigung zu bewegen, obwohl er bereits die Unterstützung des Herzogs Wratislaw von Böhmen gewonnen hat. Außerdem sandte er erneut Boten an den französischen König Philipp, an den Normannen Wilhelm, König der Engländer, und nach Dänemark. Ebenso zum Bruder seiner Mutter, Herzog Wilhelm VI. von Poitou. Doch dieser hat es abgelehnt, sich einzumischen. Und ich denke, Wilhelm der Normanne und auch Philipp von Frankreich haben selbst genug damit zu tun, sich auf dem Thron zu halten. Wenn sie
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