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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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der Strecke mit uns reisen. Dann wollte er zur Familie seines ehemaligen Herrn und sich der schweren Aufgabe stellen, ihr vom Tod ihres Sohnes zu berichten. Er nahm auch eine Botschaft von mir mit zu ihnen.

 
     
    Ohne Waffen, die stolzen Nacken gebeugt,
    mit bloßen Füßen und demütiger Bitte
    suchten sie das Lager des Königs auf und ergaben sich
    und all ihre Habe.
     
    Carmen de bello Saxonico
     
     
    E s war bereits Oktober, als wir den Rhein erreichten. Wir hatten die Nachricht von unserer Rückkehr durch einen Händler an Herzog Rudolf vorausgeschickt. Als wir ankamen, erfuhren wir, dass der Herzog bei König Heinrich sei und uns umgehend in Spier erwarte. So hatte ich keine Zeit mehr, nach St. Blasien zu gehen. Beringo war nicht glücklich über diese Entwicklung, beschloss jedoch, mich zu begleiten, während Meginfried ohne uns weiterzog. »Wir werden uns wiedersehen, Waldo«, versprach er mir, bevor er aufbrach.
    Die Wege waren schon schlammig vom Herbstregen. Deswegen nahmen wir für den größten Teil der Strecke nach Spier wieder das Schiff. Als wir kurz vor unserem Ziel waren, verließ mich auch mein Onkel. »Ich sehne mich nach meiner Heimat, Dobrogen«, gestand er mir. »Auch wenn es mir schwerfällt, dich zu verlassen, nachdem wir uns erst vor so kurzer Zeit gefunden haben. Doch ich spüre die Müdigkeit der Jahre in den Knochen. Lass einen alten Mann also ziehen. Komm heim zu deiner Familie, wenn du das Schwert gefunden hast.«
    Der Abschied fiel mir unbeschreiblich schwer. Denn mit ihm ging auch ein Stück von mir. Dann machte ich mich seufzend allein auf das letzte Stück des Weges zu Rudolf.
    Ich fand den Herzog von Schwaben völlig verändert vor. Es war, als sei Rudolf plötzlich ein alter Mann geworden, als habe er allen Tatendrang verloren. Er wirkte zu Tode erschöpft und schien ohne Hoffnung. Er war grau geworden.
    Tiefe Falten hatten sich in seiner Stirn und um seinen Mund eingegraben, und seinen Augen fehlte alles Leuchten. Er war mager und trug das einfache, raue Gewand eines Bauern.
    Am Abend, nachdem er über die Schlacht an der Unstrut gegen die Sachsen und Thüringer gesprochen hatte, begriff ich„ warum. Sie hatte etwas in ihm zerbrochen.
    »Es war die Hölle, mein Freund«, begann er seine Schilderung. Seine Worte kamen schleppend. »Als wir sahen, dass die sächsischen Fürsten nicht mit einem Angriff rechneten, stürmten wir auf sie los. Ich riet Heinrich sogar noch dazu. Die Wangionen, die Friesen, Westfalen, Böhmen, Baiern, Lothringer, alle hatten sich mit ihren Männern um den König versammelt. Ich kämpfte mit meinen Schwaben, Burgundern, den Männern aus Chorrätien und vom Rhein in den vordersten Linien, um dem Rest des Heeres den Weg frei zu machen. Ich weiß nicht mehr, wie viele Männer ich an diesem Tage getötet habe und wie viele Schwerthiebe ich selbst empfing. Der Markgraf der Nordmark, mein Vetter Udo von Stade, kämpfte auf der Seite der Feinde. Und er versetzte mir einen solchen Hieb, dass ich heute nicht vor dir sitzen würde, hätte mich mein Helm nicht geschützt. Wie du siehst, sogar Verwandte werden in diesem verfluchten Krieg gegeneinander aufgehetzt. Es kämpfte der Bruder gegen den Bruder, der Freund gegen den Freund.
    Doch es sollte noch schlimmer kommen. Meine Männer wankten, wollten schon fliehen. Ich konnte sie gegen die Übermacht der anderen nicht aufhalten. Denn die Sachsen hatten sich inzwischen von ihrer Überraschung erholt und kämpften wie die Berserker. Der größte Kämpfer unter ihnen war Otto von Northeim. Er wütete wie der Leibhaftige in unseren Reihen und tötete viele meiner besten Männer. Da kam uns Herzog Welf von Baiern mit seinen Mannen zu Hilfe und griff mit solcher Wucht an, dass die Spieße und Gleven splitterten. Dann kämpften wir mit den Schwertern Mann gegen Mann. Manch ein Sachse ging mit zwei und mehr Schwertern in den Kampf, und einer unserer Fürsten nach dem anderen sank tot zu Boden. Erst Markgraf Ernst von Baiern und Österreich, dann Graf Engelbert aus Baiern, dann Heinrich und Eberhard, die beiden Söhne des Grafen von Neuenburg, und so viele andere Edle aus Schwaben, dass ich sie kaum aufzuzählen vermag. Riesige Staubwolken verdeckten die Sicht im Kampfgetümmel. Manchmal konnten wir die Unsrigen kaum von den Feinden unterscheiden.
    Gegen die neunte Stunde wurden wir wieder zurückgeschlagen. Die Schlacht tobte bereits seit Mittag. Da griffen Graf Hermann von Gleiberg mit seinen Leuten auf der einen und

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