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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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die Bamberger auf der anderen Seite in die Schlacht ein. Auch der Herzog von Böhmen und Gozelo, der Bucklige von Niederlothringen, sowie Dietrich von Oberlothringen schickten ihre Reiter in den Kampf.
    Diesem geballten Ansturm waren die Sachsen nicht mehr gewachsen, sosehr sich Otto von Northeim auch bemühte, die Männer immer wieder anzutreiben. Sie hörten nicht auf ihn, warfen ihre Schilde, Schwerter und Speere weg und rannten um ihr Leben. Daraufhin machten sich alle an ihre Verfolgung. Es war, als würden sie Vieh abschlachten. Im Umkreis von zwei oder drei Meilen dampfte die Erde vom Blut der Erschlagenen. Und weil noch mehr Staub aufgewirbelt worden war, erschlugen die Sachsen oft ihre eigenen Leute im Bemühen, sich in Sicherheit zu bringen. Viele versuchten, über die Unstrut zu fliehen. Ihre toten Leiber türmten sich schließlich so hoch, dass sie eine Brücke für die Reiter des Lothringers bildeten, die ihnen noch lange nachsetzten und viele von den Flüchtigen töteten. Tausende von einfachen Sachsen starben an jenem Tag, während ihre Fürsten fast alle unverletzt entkamen.
    Doch bei uns war es völlig anders. Es gibt kaum eine hochgeborene Familie in diesem Land, vor allem aber in Schwaben, die nicht den Verlust eines Vaters, eines Bruders, eines Sohnes zu beweinen hätte. Der Tod hielt fruchtbare Ernte an diesem 9. Juni 1075. Und ich werde es mir niemals verzeihen, dass ich dem König die Hand dazu reichte.«
    Ich hatte mit Entsetzen zugehört. Das Ausmaß des Elends, das Rudolf schilderte, ging über meine Vorstellungskraft. »Das also hat Euch so verändert«, sagte ich nach einer Weile.
    Rudolf von Schwaben sah mich mit gequälten Augen an. »Es war ein zu teurer, ein mit Strömen von Blut bezahlter Sieg. Niemals wieder werde ich Heinrich meine Hand für solch ein Morden reichen. Und niemals werde ich die Schuld abgehen können, die ich auf meine Schultern lud. Seitdem trage ich das Gewand des Büßers und faste, esse nur noch Brot mit Salz und trinke Wasser. Waldo, mein Freund, noch nie brauchte ich deinen Beistand so sehr wie jetzt. Ich flehe dich an, hilf mir, mich mit dem Herrn zu versöhnen. Ich weiß nicht, ob ich diese innere Qual noch lange ertragen kann. Manches Mal wünsche ich mir, ich wäre ebenfalls auf dem Schlachtfeld geblieben. Denn nichts als beleidigte Eitelkeit trieb mich an die Seite des Königs, weil die Sachsen mit dem Frieden von Gerstungen unser Bündnis verraten hatten. «
     
    »Hat der König denn jetzt genug? «
    Der Herzog schüttelte erschöpft den Kopf. »Er zog am Ende mit seinen Männern sengend und mordend durch das Land, getrieben von seinem unmäßigen Hass auf die Sachsen. Es ist, als wolle er jeden einzelnen von ihnen auslöschen. Auch die Herzöge Welf von Baiern und Gozelo von Lothringen sind inzwischen von ihm abgefallen, weil sie dieses Elend nicht mehr mit ansehen können. «
    »Warum seid Ihr dann heute hier, Herr? Warum seid Ihr noch an der Seite des Königs?«
    »Ich bin hier, um Schlimmeres zu verhindern. Denn morgen werden sich die Fürsten der Sachsen bedingungslos dem König ergeben. Er hat versprochen, sie danach in Frieden ziehen zu lassen. Doch nicht einmal jene Bischöfe trauen ihm, die in den Verhandlungen dafür im Namen des Königs ihr Wort gegeben haben. Vielleicht kann ich ein wenig von meiner Schuld abtragen, wenn ich übermorgen verhindere, dass die Sachsen, die bislang überlebt haben, auch noch niedergemetzelt werden.«
    »Und Papst Gregor? Er gilt als ein gerechter Mann, was sagt er zu alldem? Kann er nichts tun, um Heinrich aufzuhalten? «
    »Es ist, als habe der König jedes Maß verloren. Auch mit Papst Gregor hat er sich inzwischen entzweit. Seit der Papst die fünf engsten Vertrauten des Königs wegen Simonie und Ketzerei mit dem Bann belegt hat, spitzt sich der Kampf zwischen den beiden zu. Wie du weißt, fordert Gregor vom König, sich aus der Investitur der Bischöfe herauszuhalten, weil dies Sache der Kirche sei, und will dem unseligen Schachern um hohe kirchliche Ämter nun ein für allemal ein Ende setzen. Doch Heinrich denkt nicht daran, dieses einträgliche Vorrecht aufzugeben.
    Anstatt nun zu versuchen, die Meinungsverschiedenheiten mit dem Papst auf dem Wege von Verhandlungen aus der Welt zu schaffen, reizte er Gregor noch weiter. Als im Frühling der Führer der Mailänder Pataria starb, baten die Mailänder Adligen Heinrich, der ja auch König von Italien ist, ihnen einen neuen Bischof zu benennen. Und das tat der

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