Waldos Lied (German Edition)
Fruttuaria gesehen, das mit Fécamp in enger Verbindung stand.
Eines Tages, der Herbst ging schon langsam in den Winter über, kamen die Söhne meines Onkels Bronbudgen sehr aufgeregt zu uns. Sie berichteten von einem gewaltigen Riesen, der in der Gegend sein Unwesen treibe und alle Menschen erschrecke. Da machten wir uns auf, den Riesen zu suchen.
Wir fanden Meginfried nicht weit vom Anwesen meiner Familie entfernt. Er saß, in struppige, mottenzerfressene Felle gehüllt, auf einem Stein und blickte düster in ein Feuerchen. Ich konnte verstehen, dass er den Menschen angst machte. Denn er trug einen wilden Bart und sah völlig verwahrlost aus.
Er blickte hoch, als wir uns näherten, und griff nach dem Schwert. Doch als er mich erkannte, legte er es sofort zur Seite und starrte wieder in die Flammen.
»Du solltest nicht alleine hier sitzen, wenn du Freunde hast, zu denen du gehen kannst, Meginfried«, sagte ich zu ihm.
Da blickte er hoch. In seinen Augen glomm so etwas wie Hoffnung auf. »Ich wollte gerne. Aber ich habe es nicht gewagt.«
Selbst Beringo war gerührt, als er dieses Elend sah, obwohl er Meginfried seinen Verrat noch nicht ganz verziehen hatte. »Steh auf und benimm dich wie ein Mann«, knurrte er den Hünen an. »Und dann pack deine Sachen und komm mit.«
Auf diese Weise kam Meginfried wieder zu uns. Und eines Abends, als wir zusammensaßen, da fragte ich ihn, warum Sophias Bruder und er mich so weit weg, in dieses ferne Land gelockt hätten. »Ihr hättet mich doch jederzeit töten können, die Stimme war ja stets in meiner Nähe.«
Meginfried schüttelte den Kopf. »Der Graf fand es besser so, nachdem er von seiner Schwester die Geschichte mit dem Schwert erfahren hatte. Er dachte, wenn er Euch tötet, solange Ihr beim Herzog seid, wird es vielleicht eine große Untersuchung geben. Und hier, weit weg von allen, die Euch kennen, würde kein Hahn nach Euch krähen, wenn Ihr eines Tages einfach verschwunden wärt. Wir wussten ja nicht, dass Beringo Euer Onkel ist.«
So hatte ich Sophia also noch ein weiteres Mal zu danken. Während ich ihr nur Leid gebracht hatte, hatte sie mir eine Familie geschenkt. Denn ohne ihre Hilfe wäre ich niemals hierhergekommen. Und ohne den Kampf mit ihrem Bruder hätte sich mein Onkel niemals zu erkennen gegeben. Von Meginfried erfuhr ich auch, dass der Mann, den ich getötet hatte, Eberhard hieß und dass Sophia nur wenige Wochen nach ihrer Eheschließung einen Sohn geboren hatte. Sie war einem einfachen, aber guten Mann zur Frau gegeben worden, der sie und ihr Kind gut behandelte. Er hatte das Kind sogar als sein eigenes anerkannt. Ich war diesem Fremden zutiefst dankbar dafür. Sophia und ihr Mann hatten das Kind auf den Namen Warinharius taufen lassen, nach dem Großvater ihres Mannes. Aber das war auch der Name, den ich als Mönch angenommen hatte. Nun gab es also noch jemanden auf dieser Welt, durch den der Stamm der Herren von Missilac weiterleben würde.
Es wurde Winter, dann wieder Frühling und Sommer. Wir waren nun schon viele Monate in der Bretagne. Ich hatte inzwischen gelernt, wie man Beringos wirklichen Namen aussprach, und nannte ihn Guiscuhiarn, so, wie er mich Dobrogen rief. Ich war zu einem Teil dieser Familie geworden und konnte mich bald für das Gute, das sie mir angedeihen ließ, erkenntlich zeigen. Da niemand außer mir das Lesen und das Schreiben verstand, unterrichtete ich die Söhne meines Onkels Bronbudgen, als er mich darum bat. Auch wenn sie manchmal über die Art lachen mussten, wie ich ihre Worte aussprach. Später kamen noch Kinder aus anderen Familien hinzu. Niemand sprach davon, dass ich wieder fortgehen sollte. Selbst Meginfried war inzwischen wie selbstverständlich zu einem Teil unseres Haushalts geworden.
Da erreichten uns eines Tages Nachrichten von einer großen Schlacht im Land der Sachsen, die König Heinrich geführt hatte und bei der Tausende gefallen seien.
Da wurde mir klar, dass ich weiterziehen musste. Zwar hatte ich meinen Namen gefunden, aber nicht das Schwert mit der Rose.
Mein Onkel beschloss, mich zu Herzog Rudolf zurückzubringen, wie er es versprochen hatte. Doch dann würde er in die Bretagne zurückkehren. »Ich werde langsam zu alt für Kämpfe«, meinte er lachend. So verwandelten wir uns wieder in Beringo, Waldo und Meginfried, die Heilige Dreieinigkeit. Ich hatte meinen Onkel und Meginfried gebeten, über die Geschehnisse der letzten Zeit Schweigen zu bewahren. Meginfried würde den größten Teil
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