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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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siegten, da erlebte ich die schlimmste Niederlage meines Lebens. Nein, Waldo, es ist genug Blut unschuldiger Menschen geflossen.«
    »So wollt Ihr also tatenlos zusehen, wie Heinrich weiter wütet und mordet? Die Unschuldigen, die dabei sterben, sind ja nicht mehr Eure Sache, nicht wahr? Ihr betet unaufhörlich, fastet seit Wochen und zieht Euch jammernd in eine Ecke zurück. Wo bleibt Eure Ehre? Wo ist der Mann, der sich einst stolz Herzog von Schwaben nannte? Ich gebe freimütig zu, ich war in meinem Inneren mit vielem nicht einverstanden, was Ihr tatet. Ich hielt es lange Zeit nicht für recht, den König abzusetzen. Doch Ihr saht in dieser Sache weiter als ich. Kein Mann mit Gewissen kann Heinrich noch unterstützen. Und wenn das so ist, dann muss er abgesetzt werden.«
    »Wie wagst du, mit mir zu sprechen, Mönch?« brauste Rudolf auf.
    Ich lachte ihn an, glücklich, wieder etwas von seiner alten Kraft in seiner Stimme zu hören.
    »Macht weiter so, Herr. Zürnt mir. Wütet. All das ist besser als der Zustand, in dem Ihr wart. Ich rede mit Euch, wie ein frei geborener Mann mit einem Fürsten reden sollte, wenn er etwas Falsches tut. Denn frei geboren bin ich. Sagt mir, was ich tun soll? Welche Botendienste kann ich übernehmen, zu welchen Fürsten soll ich reisen und um Unterstützung werben? Was immer Ihr auch von mir fordert, ich will es gerne tun. Nur kommt aus Eurer Ecke, erinnert Euch des Mannes, der Ihr bis vor kurzem wart. Und rächt die vielen, die so sinnlos gestorben sind. Gott wird es nicht für Euch tun.«
    »Ausgerechnet du, der Mönch, rätst mir zu Rache, zu Verschwörung und Kampf? « Rudolf schien wankend zu werden. Ich meinte schon, in seinen Augen einen kleinen Funken der alten Kraft aufblitzen zu sehen. Doch ich hatte mich getäuscht.
    »Ich mag ein Mönch sein, Herr. Ich bin aber auch ein Mann. Und anders als Ihr, der Ihr um so vieles mächtiger und auch stärker seid, bin ich Zwerg bereit, für das zu kämpfen, was ich für richtig halte«, stachelte ich ihn weiter an.
    Rudolf saß einfach nur da, hörte mir zu und musterte mich mit seinem müden, leeren Blick.
    Es musste mir einfach gelingen, ihn aus seiner Stumpfheit herauszuholen.
    Da versuchte ich es noch einmal. »Ich diente einmal einem besonderen Mann. Er war ein großer Fürst zu seiner Zeit und ein Mensch mit vielen Gaben. Vielleicht sogar zu vielen. Manchmal achtete er dadurch andere zu gering. Es gab deshalb Tage, an denen ich ihn hasste für das, was er tat. Doch selbst an solchen Tagen, selbst wenn er große Fehler machte und die Würde anderer mit Füßen trat, hatte er in seinem kleinen Finger noch immer mehr von der Hoheit und der Würde eines Königs als dieser erbärmliche Wicht Heinrich, der sich jetzt König nennt. Dieser Fürst ist in der Schlacht an der Unstrut gestorben. Deshalb werde ich jetzt ohne ihn tun, was ich tun kann.«
    Noch immer saß Rudolf unbeweglich da. In seinen Augen funkelte es, aber er gab mir keine Antwort. Da wandte ich mich grußlos von ihm ab und ging langsam hinaus. Ich hoffte auf ein Zeichen. Es kam keines.
    Aber der Herzog von Schwaben war schon immer ein Mann der Überraschungen. Plötzlich, ich war schon am Eingang angelangt und völlig entmutigt, hörte ich in meinem Rücken ein röhrendes, dröhnendes Lachen. Es kam ganz tief aus seinem mächtigen Körper. Es war das Lachen eines Mannes, der aus einem dunklen Verlies befreit wird, zum ersten Mal nach langer Zeit die Sonne wiedersieht und das Wunder des Lebens neu entdeckt.
    »Waldo von St. Blasien. Ich habe noch nie einen Menschen kennengelernt, ob großgewachsen oder klein, der so unglaublich unverschämt ist. Und so unglaublich überzeugend. Ich glaube, du würdest es sogar schaffen, diesen König ganz alleine abzusetzen.«
    An diesem Tag schlossen der Herzog und der Zwerg ein Bündnis. Sie würden alles tun, um König Heinrich zu stürzen.
    Gleich am nächsten Tag verfassten wir Botschaften und sandten sie an jene wenigen sächsischen Fürsten, die noch in Freiheit waren, aber auch an alle anderen, von denen sich der Herzog von Schwaben Unterstützung erhoffte. Das waren neben den Fürsten am Rhein besonders drei: Welf von Baiern, Gozelo von Niederlothringen und Berthold von Zähringen, sowie zahlreiche Bischöfe, darunter auch Erzbischof Siegfried von Mainz. Wir baten sie, im April zu einem Treffen nach Ulm zu kommen.
    Es war, als würden das Schicksal und der König selbst uns in die Hände arbeiten. Weit davon entfernt, sich mit dem

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