Waldos Lied (German Edition)
von einer kunstvoll gearbeiteten, mit vielen Diamanten und anderen wertvollen Edelsteinen besetzten Fibel gehalten wurde.
Begleitet von Hurrarufen und viel Trommeln und Pfeifen, zogen die Gäste zum Haus des Königs. Heinrich hatte zu seiner Vermählung wahrhaft königlich auftischen lassen. Eingelegter Aal, ein mit Wachteln gefülltes Reh, Ochsen und Ziegen vom Spieß, Fisch der verschiedensten Arten, darunter auch Salm aus dem Rhein. Es gab zartes Lamm, marinierte und gebratene Hühner sowie allerlei andere Vögel. Dazu köstliche braune Soßen, Erbsenbrei, verschiedenstes Gemüse und vieles, was ich selbst im reichen Hause des Rheinfelders noch nie gesehen hatte. Es war bei Gott ein prächtiges Mahl, und die Gäste langten herzhaft zu. Alle vergnügten sich, lachten, schauten den zahlreichen Darbietungen der Gaukler und Spielleuten zu, die sich zu den Festlichkeiten eingefunden hatten, oder nahmen an Waffenspielen vor der Pfalz teil.
Die ganze Zeit über saßen Heinrich und Bertha nebeneinander und schauten sich nicht einmal an. Die junge Gemahlin des Königs aß kaum etwas und trank auch nur wenig. Heinrich tafelte ebenfalls nur mäßig. Dafür trank er umso mehr Wein. Das machte ihn schließlich so übermütig, dass er sich immer wieder ein loses Weibsbild kommen ließ, das er auf seinen Schoß zog und schamlos tätschelte. Das verursachte großes Murren unter den Verwandten der Braut, Bertha saß jedoch nur still dabei und hielt die Lider gesenkt. Einmal meinte ich, eine Träne über ihre rundlichen Wangen rinnen zu sehen.
So kam schließlich die Stunde, in der das Paar einander unter Zeugen beiwohnen sollte, damit der Vollzug der Ehe verkündet werden konnte. Doch Heinrich schien das nicht zu kümmern. Er wurde immer unmäßiger und schäkerte auf unanständige Weise mit einem drallen Weib. Schließlich erhob er sich von der Tafel und verschwand mit ihr, seine junge Gemahlin blieb gedemütigt zurück. Nachdem drei Stunden vergangen waren und der König immer noch auf sich warten ließ, schlug der Unmut unter den Verwandten der Braut in Zorn um. Sie wollten den König aus dem Bett seiner Hure holen. Die Verwandten des Königs, zusammen mit seinen Rittern und Reisigen, hielten jedoch dagegen. Es hätte nicht viel gefehlt, und es wäre zu einem Gemetzel gekommen. Doch Adelheid, die edle Gemahlin Rudolfs von Rheinfelden, verhinderte dies mit einem beherzten Entschluss: Sie fasste ihre Schwester Bertha bei der Hand und führte sie hinaus, weg von all jenen, die sich das Maul über sie zerrissen, oder jenen, die mit dem Schwert für ihre gekränkte Ehre kämpfen wollten. So nahm sie dem aufflammenden Streit die Nahrung.
Heinrich hat seine Gemahlin nach diesem Abend lange nicht wiedergesehen. Immer wieder versuchte er, sich von ihr scheiden zu lassen. Es hieß, er sei nach einer Weile sogar so weit gegangen, ihr eines Nachts an seiner Statt einen seiner Kumpane in die Kammer zu schicken, um einen gesetzlichen Grund für die Trennung zu haben. Doch die Königin durchschaute den üblen Betrug und schlug dem Verführer die Tür ihrer Schlafkammer vor der Nase zu. Aber schon wieder greife ich vor.
Ich war nach diesen Geschehnissen zu aufgewühlt, um mich noch vergnügen zu können. Eine eigenartige Unruhe hatte mich erfasst, die mich nach draußen unter den Sternenhimmel trieb. Mich begannen Zweifel zu quälen über das Leben, das ich führte. Ich musste einfach für eine Weile mit meinen Gedanken und Gott dem Herrn allein sein. So setzte ich mich nach einigem Umherirren schließlich auf einen großen Stein und ließ den Gedanken freien Lauf.
»Hier kann man unserem Schöpfer näher sein als dort drinnen bei all diesen Menschen, nicht wahr?«
Diese Worte schreckten mich aus meiner Versunkenheit. Ohne es bemerkt zu haben, hatte ich einen Gefährten bekommen. Als ich ihn erkannte, sank ich auf die Knie und küsste den Ring des ehrwürdigen Mannes. Abt Hugo von Cluny segnete mich. Der Pate des Königs war nicht von großer Statur, doch er wirkte auf mich wie ein Riese. Dieser Mann hatte eine beeindruckende Ausstrahlung von Einfachheit, Demut, Weisheit und Güte. Seine Stimme war warm und herzlich.
»Erhebe dich, mein Sohn. Ich bin froh, dass ich Waldo von St. Blasien hier unter dem freien Himmel finde und nicht unter den Zechern.«
Ich war verblüfft. »Ihr kennt mich, Vater Abt?«
Abt Hugo von Cluny lachte leise. »Es ist fast unmöglich, in diesen Tagen den Zwerg und Wahrsager des mächtigen Herzog Rudolf von
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