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Waldos Lied (German Edition)

Waldos Lied (German Edition)

Titel: Waldos Lied (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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ist mit der Zunge sehr viel geschickter, als es sein Körper vermuten lässt. Ganz wie Ihr sagtet.« Er winkte mich zu sich. »Dann wollen wir sehen, wie es um seine Sicht bestellt ist. Ihr behauptet doch, er könne in die Zukunft blicken. Sag mir, Zwerg und Mönch, soll ich mich dem Zweikampf stellen, den der König in Goslar anberaumt hat? Angeblich will er mir die Möglichkeit geben, meine Unschuld durch ein Gottesurteil zu beweisen.«
    Ich zögerte, für einen Moment sprachlos. Die Wendung, die dieses Gespräch genommen hatte, war mir äußerst unangenehm. Wohlweislich hatte ich niemandem im Kloster von den Tagen meiner Wahrsagerei und Zauberei erzählt, denn wie oft hatte ich meine Dummheit schon verflucht. Andere waren aus geringeren Gründen exkommuniziert worden. Ich wagte es nicht, Abt Giselbertus bei diesen Worten ins Gesicht zu sehen.
    Glücklicherweise enthob mich Herzog Rudolf einer Erwiderung. »Man braucht nicht in die Zukunft schauen zu können, um zu wissen, dass dieser Zweikampf nur zu Euren Ungunsten ausgehen kann, auch wenn Heinrich Wohlwollen heuchelt. Ihr werdet in diesem Kampf kein Herzogtum zurückgewinnen, sondern Euer Leben verlieren. Dafür sorgt der König schon. Er hat Angst, dass sich die Baiern unter Eurer Führung mit seinen Feinden, den Sachsen, gegen ihn verbünden könnten. Die Ächtung, die er auf dem Reichstag zu Mainz gegen Euch aussprach — angeblich auf Drängen der anderen Fürsten —, sagt doch genug. Braucht Ihr wirklich noch mehr Beweise für seine wahre Gesinnung? Es heißt, er will Baiern an Welf W. geben.«
    Ottos Miene verdüsterte sich. »Wie ich hörte, habt Ihr beim König für Welf gesprochen.«
    Rudolf nickte. »Wenn Ihr es schon nicht haben könnt, dann muss das Herzogtum Baiern in die Hand eines Mannes kommen, der es besonnen verwaltet, der seine Macht für die richtigen Dinge einsetzt. Dinge, an die Ihr und ich glauben.«
    »Da stimme ich Euch zu, mein Freund. Sonst säßen wir uns heute hier nicht so friedlich gegenüber. Allerdings teile ich Eure gute Meinung von Welf nicht. Er ist ein ehrgeiziger Emporkömmling Als ich noch mächtig war, ist er mir in den Hintern gekrochen. Was hat er alles unternommen, damit ich ihn mit meiner Tochter verlobte. Nun ist sie ihm nicht mehr gut genug, und dieser Eidbrüchige versucht alles, um sie wieder loszuwerden. Es ist eine Schande und eine Beleidigung für das ganze Herzogtum. Er scharwenzelt bereits in aller Öffentlichkeit um Judith, die Witwe Trostigs von England, herum. Habt Ihr die beiden nicht miteinander bekanntgemacht? «
    Herzog Rudolf zuckte zusammen. »Sicherlich nicht in der Absicht, Welf zum schändlichen Bruch des Verlöbnisses mit Eurer Tochter zu verleiten«, erwiderte er hastig. Ein wenig zu hastig vielleicht.
    Otto von Northeim machte eine wegwerfende Handbewegung. »Genug davon. Es ist, wie ihr sagtet, um mich loszuwerden, würde der König auch vor einem Mord nicht zurückschrecken, wenn er nur nicht bloßgestellt wird. Zum Glück bin ich rechtzeitig vor dieser Verschwörung gewarnt worden. Heinrich der Heuchler tut im übrigen gut daran, Otto von Northeim zu fürchten. Ich bin noch lange nicht geschlagen. Nicht, solange ich noch die Kraft habe, ein Schwert zu führen. Er wird sich eines Tages voll Erschrecken daran erinnern, dass er meine Burg Hanstein an der Werra schleifen und plündern ließ. Viele Fürsten der Sachsen und Thüringer unterstützen mich in meinem Kampf gegen Heinrich. Bischöfe und Fürsten wie Herzog Ordulf von Sachsen und dessen Sohn Magnus zählen zu meinen Bundesgenossen. Sie haben Tausende von mindestens ebenso guten Gründen, Heinrich zu hassen, wie ich. Ihr, die Ihr hier am Rhein in Frieden lebt, könnt Euch kaum vorstellen, welche Verbrechen an meinem Volk der Sachsen begangen wurden und werden. Das Elend schreit aus jeder Hütte, aus jedem Weiler, aus jeder Stadt. Dieser König und seine Leute benehmen sich, als seien sie in Feindesland. Geschändete und geplünderte Kirchen, feiger Mord und Diebstahl, Frauen, die vor den Augen ihrer Männer vergewaltigt werden. Es ist, als glaube der König, die Sachsen und die Thüringer seien nichts weiter als Sklaven. Nun plant er, Burgen zu bauen, um das Land noch mehr ausbeuten zu können. Wenn Heinrich Krieg will, kann er ihn haben. Vielleicht wird dies ein größerer Brocken, als er zu schlucken vermag.
    Doch was rede ich. Ihr wisst dies alles. Ihr seid einer der wenigen Fürsten aus dem Rest des Reiches, die sich bei Heinrich

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