Waldos Lied (German Edition)
gegen das Unrecht verwenden, das er den Sachsen antut. Der aufbegehrt und diesen schändlichen Regenten an seine Pflichten erinnert. Ich danke Euch, dass Ihr mir und meinen Gefährten in Eurem Kloster für einige Tage Unterschlupf und Erholung gewährt. Ich werde die Abtei St. Blasien nie vergessen. Es ist heutzutage gefährlich, Otto von Northeim und den Seinen Freundlichkeiten zu erweisen. Vielleicht kommt eine Zeit, in der ich Euch dies vergelten kann.«
Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und mischte mich in das Gespräch ein. »Hat Heinrich denn keine Furcht vor der großen Macht der Schwaben und Burgunder? Auch sie könnten zu gefährlichen Feinden werden, wenn sie sich mit den Sachsen gegen ihn stellen. Wer sagt denn, dass wir nicht bald die nächsten sind? Auch von Rudolf von Schwaben will er den Zehnten. Die Sachsen haben ihm die Abgaben verweigert, die dem Reich nach alter Väter Sitte zustehen, wie Heinrich meint. Deswegen verwüsten seine Männer nun dieses reiche Land und plündern es gnadenlos aus. Das kann den Schwaben und den Alemannen ebenfalls blühen ...«
Ich verstummte, als ich die Gesichter Ottos und Rudolfs bei diesen Worten sah. Ich hatte nur von meiner Wahrsagerei ablenken wollen und dabei mitten in ein Wespennest gestochen. Die Männer warfen sich gegenseitig warnende Blicke zu. Abt Giselbertus spürte die Spannung, die sich plötzlich im Raum ausbreitete. »Unser Herzog Rudolf ist der Herr der Schwaben und der Burgunder. Und er ist der Schwager und damit ein treuer Vasall des Königs«, bemerkte er ruhig, aber auch ein wenig spitz.
Die beiden Herzöge beruhigten sich langsam wieder. Ich beschloss, mir all das gut zu merken.
Giselbertus konnte allerdings auch nicht ganz verbergen, dass er über die unvorhergesehene Einquartierung nicht gerade beglückt war, die Herzog Rudolf ihm da beschert hatte. Doch das Gastrecht erlaubte es ihm nicht, deutlicher seinen Missmut zu zeigen.
Otto von Northeim hingegen schien nach den Worten des Abtes von St. Blasien einfach nur erleichtert zu sein. »Ja, mein werter Herzog, auch Euer Herrschaftsgebiet stellt eine erhebliche Macht dar«, dröhnte er mit einem etwas unecht wirkenden Lachen. »Also achtet nur auf Euer Tun, damit Heinrich nicht glaubt, Euer Trachten könne sich gegen ihn wenden. Wie man allenthalben hört, seid Ihr seit Eurer Rückkehr vom Papst ja ganz und gar geläutert und völlig einig mit ihm über die Rolle der Kirche in dieser Welt. Das wird dem König nicht gefallen. Also, seid vorsichtig, damit man nicht auch Euch eines Tages Hochverrat vorwirft. Ihr habt genügend Neider, die Euch mit Freuden bei Heinrich anschwärzen werden. Erinnert Euch, wie es bei mir war. Kaum sank mein Stern, da krochen meine Feinde in Sachsen wie die Ratten aus ihren Löchern und redeten dem König zu, mich des Hochverrates zu beschuldigen und zum Tode zu verurteilen. Doch erst einmal müssen sie mich haben. Falls Ihr jemals in eine solche Lage kommt, lieber Freund, dann seid Ihr bei uns willkommen. Wer weiß, vielleicht sogar als unser König? « fügte er wie unabsichtlich hinzu. Doch ich bemerkte, dass Otto von Northeim auf Rudolfs Antwort lauerte wie die Katze vor dem Loch auf die Maus.
Der Rheinfelder lachte erneut. Er wirkte noch immer angespannt. »Das wäre zuviel der Ehre für mich, werter Herzog. Wenn die Sachsen schon einen anderen König haben wollen, dann wärt Ihr als einer der Ihren der weitaus bessere Mann.«
Alle Anwesenden hatten gebannt zugehört, während mich langsam das Gefühl drohenden Unheils für unser Land am Rhein beschlichen hatte. Ich traute diesem ungeschlachten Sachsen nicht recht. Er wirkte wie ein unbeholfener Bär und war doch ein schlauer Fuchs. Hätte ich damals gewusst, wie sehr sich sein und mein Lebensweg noch miteinander verweben sollten, ich hätte ihn gefürchtet.
Wieder einmal brach Abt Giselbertus die Spannung im Raum. »Manchmal gibt es Wichtigeres als Politik, zum Beispiel gutes Essen. Und das wartet nun schon eine ganze Weile auf Euer beherztes Zugreifen, werte Herren. Doch vorher lasst uns beten und dem Allmächtigen für Speis und Trank danken, die er uns so reichhaltig beschert hat. «
Fast bedauerte ich, dass dieses interessante Gespräch beendet war. Dann folgte ich jedoch dem Beispiel der anderen und schloss mich dem Gebet des Abtes an. Danach wurden die Becher gefüllt und die Gäste des Klosters taten nach Herzenslust, was ihnen ihr Gastgeber so freundlich empfohlen hatte.
Aber Otto
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